Urkundenfälschung:Anklage nach gefälschtem Leserbrief

  • Ein pensionierter Röntgenarzt der Universitätsklinik Würzburg hat unter einem falschen Namen und einer falschen Adresse einen Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung geschrieben und mit einer gefälschten Unterschrift unterzeichnet.
  • Der frühere Stadtrat mit rechtslastigen Ansichten warb in dem Leserbrief - offenbar in zynischer Absicht - dafür, Flüchtlinge in Schweinfurt unterzubringen.
  • Er verfasste den Brief im Namen eines Schweinfurter Redakteurs, der seit mehr als 20 Jahren über die Umtriebe des Arztes schreibt.
  • Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt hat Anklage wegen Urkundenfälschung erhoben.

Von Olaf Przybilla, Schweinfurt

Natürlich würde man von dem pensionierten Röntgenarzt der Universitätsklinik Würzburg jetzt gerne wissen, was ihn da eigentlich getrieben hat: Warum schreibt einer unter einem falschen Namen und einer falschen Adresse einen Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung? Und warum zeichnet er diesen Brief auch noch mit einer gefälschten Unterschrift? Aber der frühere Arzt will sich dazu offenbar nicht äußern. Am Telefon lässt er genau so viel ausrichten: "Er möchte Sie aber nicht sprechen. Und er möchte auch keine Anrufe mehr haben. Tschüss."

Über den Anlass, einen gefälschten Leserbrief in die Welt zu setzen, wird man also nur spekulieren können. Tatsache ist aber, dass die Staatsanwaltschaft Schweinfurt Anklage wegen Urkundenfälschung gegen den Mann erhoben hat. Wann er sich vor Gericht verantworten muss, ist noch offen. Tatsache ist auch, dass der Schreiber - der sich in Schweinfurt nicht nur als Universitätsarzt, sondern auch als ehemaliger Stadtrat mit sehr rechtslastigen Ansichten einen Namen gemacht hat - inzwischen einen weiteren Text verfasst hat, der als Schuldeingeständnis gelten könnte.

Anzeige gegen den falschen Redakteur

Im Schreiben an den Redakteur Hannes Helferich, in dessen Namen der ehemalige Stadtrat den Leserbrief geschrieben hat, bittet der Pensionist vielmals um Entschuldigung. Er hoffe, dass er, Helferich, wegen des Briefes keine Probleme bekommen habe. Und er bitte Helferich, auf eventuelle "Maßnahmen" zu verzichten. Einen Gefallen also, den der Redakteur des Schweinfurter Tagblatts dem Mann aber nicht erweisen wollte. Natürlich, sagt Helferich, habe er den Mann angezeigt. "Ich halte gefälschte Leserbriefe für infam", sagt er. Zumal sich Helferich unschwer ausrechnen kann, warum der frühere Stadtrat womöglich gerade ihm einen Tort antun wollte.

Helferich und seine Kollegen schreiben seit zwei Jahrzehnten über die Umtriebe des früheren Arztes. Und die Journalisten des Tagblatts hatten da einiges zu berichten. Etwa als der Mann, der 1996 über die Liste der Republikaner in den Stadtrat gewählt wurde, den Autoren einer Jugendseite der Main Post androhte, sie sollten sich schon mal nach einem "Reserveasyl-Land" umsehen, sicherheitshalber. Für den Fall, dass ein "Systemwechsel" eintrete.

Verurteilung wegen Volksverhetzung

Das war fast noch harmlos gegen das, was ein Redakteur der Welt zu lesen bekam, der sich in einem Kommentar mit rechter Gewalt und dem gewaltsamen Tod Alberto Adrianos in Dessau auseinandergesetzt hatte. Der Arzt schrieb dem Redakteur, da habe jemand aus "Notwehr gegen Überfremdung" gehandelt. Und drohte, seine Freunde und er würden sich an den Redakteur erinnern, sollte der "Tag der Vergeltung" kommen. Auch Richter, die "volksfeindliche Urteile" fällten, werde man sich vorknöpfen. Der damalige Stadtrat wurde wegen Volksverhetzung verurteilt.

So ging das immer weiter. Erst 2014 trat der frühere Stadtrat im Umfeld von Rechtsextremisten auf. In dem Leserbrief warb er dann im letzten Juli - offenbar in zynischer Absicht - dafür, Flüchtlinge in Schweinfurt unterzubringen. "In der Panzerkaserne dürfte Wohnraum für 10 000 Menschen sein", schrieb er unter falschem Namen. Demnächst wird er sich dafür verantworten müssen.

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