Unwetter:Drei Minuten Schrecken

Nach dem Tornado quälen sich viele mit den Erinnerungen

Von Stefan Mayr, Affing

"Ein paar Wunden sind schon noch da", sagt Markus Winklhofer. Sieben Monate nach dem Wirbelsturm seien "fast alle Bauschäden" behoben. "Aber die Häuser sind das eine, da ist alles wieder geheilt", sagt der Bürgermeister der schwäbischen Gemeinde Affing. "Doch die Köpfe sind das andere."

Der Tornado kam in der Nacht zum 14. Mai und war nach drei Minuten vorbei. Es war wohl der schlimmste Tornado, der je durch Bayern gefegt ist. Er hinterließ komplett abgedeckte Häuser, eingefallene Ställe, Ruinen und pure Verzweiflung. Als Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ein betroffenes Neubaugebiet besichtigte, schlug sie angesichts der geknickten Bäume und in den Wänden steckenden Dachziegel die Hand vor den Mund und kämpfte mit den Tränen. Die Schätzungen der Schäden reichen von 18 bis 80 Millionen Euro, eine endgültige Summe wird es nie geben. Auch deshalb, weil mehrere Gemeinden in den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg betroffen sind.

Die Aufräum- und Reparaturarbeiten dauerten Tage, Wochen, Monate. Inzwischen sind die Gerüste und Kräne wieder weg, die Dächer sind gedeckt und die zerstörten Fenster ausgetauscht. Aber in den Köpfen, da ist noch viel Unordnung, wie Bürgermeister Winklhofer erst jüngst auf dem Christkindlmarkt wieder erfuhr. " Viele Leute haben mir erzählt, dass es ihnen gar nicht weihnachtlich zumute ist", berichtet er. "Die Menschen haben früh nach vorne geschaut, aber jetzt am Jahresende kommen die Erinnerungen wieder hoch."

Es gab Kinder, die nachts Schlafprobleme hatten. Es gibt Erwachsene, die bis heute Angst bekommen, wenn sich ein Unwetter zusammenbraut. Und einige Betroffene wissen immer noch nicht, ob sie einen Zuschuss aus dem staatlichen Fonds für Härtefälle bekommen. Die Prüfungen dauern an, von ursprünglich 16 Anträgen sind nur noch drei übrig, die sich Hoffnung machen dürfen. "Da trifft es vor allem die Nebenerwerbsbauern", sagt Winklhofer. Sie seien zwar stark betroffen, müssen aber wegen ihres Hauptberufs nicht um ihre Existenz fürchten. "Deshalb haben sie keinen Anspruch." Die Folge: So mancher Nebenerwerbslandwirt macht künftig Abstriche, weil er etwa keine neue große Halle mehr bauen kann. "Das tut schon weh", sagt der Bürgermeister.

"Schwerst beeindruckt" ist Winklhofer dagegen von der Unterstützung der Bevölkerung. Auf dem Spendenkonto der Gemeinde ging fast eine Dreiviertel Million Euro ein. Das Konto ist noch bis Silvester offen. Danach wird über die Verteilung des Geldes entschieden.

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