Untreue-Verdacht:Ermittlungen gegen bayerischen Genossenschafts-Chef

Portrait von Prof. Dr. Götzl

Ermittlungen: Stephan Götzl, 55, ist Diplom-Kaufmann und seit 2005 Verbandspräsident und Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands Bayern.

(Foto: GVB/oh)
  • Der bayerische Genossenschafts-Chef Stephan Götzl soll seinem Verband private Reisen und Feiern in Rechnung gestellt haben.
  • Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen den 55-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue und ließ vergangene Woche die Verbands-Zentrale in München durchsuchen.

Von Katja Riedel und Ralf Scharnitzky

Unumstritten ist er nicht; weder bei seinen Mitarbeitern noch bei den Verbandsmitgliedern - unter anderem wegen seines sehr bestimmten, manchmal selbstherrlichen Auftretens: Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB). Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen den 55-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue. Er soll dem Verband, der knapp 1300 Genossenschaften vertritt, private Aufwendungen in Rechnung gestellt haben. Dabei soll es um Feiern und Reisen gehen.

Noch ist nicht bekannt, um welche Summen und Zeiträume es geht. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es vergangene Woche Durchsuchungen in der GVB-Zentrale in München gegeben hat. Weder der Verband noch Götzl selbst nahmen am Dienstag zu den Vorwürfen und zum Ermittlungsverfahren Stellung.

Wie die Verfehlungen entdeckt wurden

Angezeigt hatte den Spitzenfunktionär ein Rechtsanwalt. Nach SZ-Informationen wurde die Anzeige im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Mandates erstattet. Dies dürfte bedeuten, dass die mutmaßlichen Verfehlungen Götzls im Verband selbst bemerkt worden waren - und vom Genossenschaftsverband ein externer Jurist eingeschaltet wurde. Bestätigt wurde dies vom Verband allerdings nicht. Die Pressestelle teilte zu mehreren SZ-Fragen - unter anderem dazu, ob Götzl während der Ermittlungen im Amt bleibt - lapidar mit: GVB und Götzl äußern sich nicht zum laufenden Ermittlungsverfahren.

Der im oberpfälzischen Kemnath geborene Götzl hat eine wechselvolle berufliche Vita. Nach einer kaufmännischen Lehre bei Siemens machte er 1987 an der Uni Erlangen sein Diplom. Weitere Stationen waren die Kienbaum Unternehmensberatung und die Pfleiderer AG. Dazwischen war er 1991/92 für die CDU Staatssekretär im Umweltministerium in Rheinland-Pfalz. Kurz vor der Jahrtausendwende wurde Götzl Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft.

Seit Anfang 2005 ist er als GVB-Präsident Chef eines der größten Wirtschaftsverbände Bayerns. Die Genossenschaften machten im vergangenen Jahr etwa 12,2 Milliarden Euro Umsatz. 2,9 Millionen Bürger sind Mitglied in einer Genossenschaft. Zum Verband gehören auch 281 Volks- und Raiffeisenbanken.

Warum Götzl bereits in der Kritik stand

Schon wenige Jahre nach seinem Amtsantritt wurde 2008 erstmals massive Kritik am Verbandschef aus den eigenen Reihen öffentlich. Götzl war zu dem Zeitpunkt als möglicher neuer Präsident des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken in Berlin im Gespräch.. "Dem ist das hier ein bisschen zu klein", sagte ein Insider aus der Verbandszentrale über das bayerische Präsidentenamt. Und schon damals sahen es Mitarbeiter kritisch, dass sich Götzl zu sehr vielen Themen zu Wort meldet.

Götzl gehört als Mann deutlicher Worte zu den bekannteren Vertretern der Finanzbranche und geriet mit Äußerungen schon mehrfach in die Schlagzeilen. So sprach er im Juni 2013 auf einem Verbandtag im Zusammenhang mit der Bankenregulierung durch die EU von "Ermächtigungsgesetz". Und fügte an: "Und mit Ermächtigungsgesetzen haben wir in Deutschland schlechte Erfahrungen gemacht."

Der Nazi-Vergleich brachte ihm internationale Aufmerksamkeit. Politiker, Journalisten und Funktionäre hatten ähnliche Vergleiche den Job gekostet. Götzls Vertrag dagegen wurde 2014 sogar um weitere fünf Jahre verlängert.

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