Unter Bayern:Nach dem Brexit kommt der "Lecktsmi"

Klausurtagung der Spitzen von CDU und CSU

Nach dem tiefen Zerwürfnis über die Flüchtlingspolitik wollen die Schwesterparteien CDU/CSU während einer Tagung über gemeinsame Projekte beraten.

(Foto: dpa)

Was die Briten können, kann Bayern auch. Ein Vorschlag für Seehofers Kampagne.

Glosse von Franz Kotteder

Nur ganz naive Politiker verbrachten den Tag nach dem Brexit in Schockstarre. Und weil es derartige Politiker in Bayern nicht gibt, jedenfalls nicht im Landesparlament, war man hier längst auf jede Eventualität vorbereitet und gestaltet nun die Zukunft.

Ganz naive Politiker glauben ja noch, Horst Seehofer wollte mit seiner Delegation nach Potsdam, um sich mit der großen Schwester CDU zu versöhnen. Als ein Mann, der die Zeichen der Zeit im Unterschied zur Willkommenskanzlerin erkannt hat, hat er jedoch ganz andere Pläne im Gepäck. Man kann sagen: Gegen den Geist, den er dort aus der Flasche lassen wird, ist der Geist von Kreuth bestenfalls ein verzagter Furz gewesen.

Seehofer plant sehr Großes. Raus aus Deutschland, raus aus der EU, lautet die Losung. Dafür braucht es, wie man weiß, nur ein Plebiszit mit einem griffigen Slogan. "Lecktsmi" lautet kurz und knapp die Parole für Bayerns Ausstieg, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat sie in einer längeren Sitzung erfunden.

Er ist sich sicher, Herdprämie und Ausländermaut jetzt doch noch in Reinform umsetzen zu können (wenn auch nur südlich des Weißwurstäquators). Und auch andere wittern dank des wiedererstarkten bayerischen Selbstbewusstseins neue Chancen für längst beerdigte Projekte. So wird Altministerpräsident Edmund Stoiber damit beauftragt, in zehn Minuten eine dritte Startbahn für den Münchner Flughafen zu bauen und das siebenklassige Gymnasium (mit Option auf sechs Klassen) einzuführen.

Doch nicht alle im Freistaat wollen englische Verhältnisse. Finanz- und Heimatminister Markus Söder etwa verdächtigt Seehofer, ihn als Kronprinz weiter am langen Arm verhungern zu lassen wie drüben in Albion die Queen ihren Charles. Um Boden im innerparteilichen Machtkampf gutzumachen, droht Söder mit einer peinlichen Volksbefragung in Franken und darauf folgendem "Fränxit".

Doch es zeigt sich, dass er zu hoch gepokert hat: Seehofer meint, das lasse sich auch auf dem Büroweg erledigen und löst Franken per schriftlicher Dienstanweisung aus dem Freistaat. Die SPD im Landtag ist zwar dagegen. Aber dass sich die bayerische SPD einmal mit irgendetwas durchsetzt - so weit gehen die Neuerungen in Bayern dann doch wieder nicht.

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