Unter Bayern:Feedback für den Schreiberling

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Wer als Journalist aufs Land fährt, der wird nicht immer mit offenen Armen empfangen. Aber auch eine Watschn kann eine Form der Anerkennung sein

Von Sebastian Beck

Neulich war endlich wieder ein Verwandtschaftstreffen in Niederbayern, und zwar in Ergolding. Man sieht sich ja viel zu selten, und Familie ist ein Wert an sich. Außerdem lässt sich bei der Gelegenheit studieren, wie etwa Nasen und Ohren vererbt werden. Es ist schon interessant, wenn man die eigene Nase gegenüber sitzen sieht. Aber das nur nebenbei. "Ha, Schreiberling, schmierst immer no dei Zeitung voll?", lautete jedenfalls eine Begrüßung. "Griaß di, Zeitungsschmierer!", die andere.

Die Sätze sind durchaus ambivalent zu verstehen: Einerseits sind sie sehr persönlich gehalten, was nett ist. Es schwingt darin ein gewisser Respekt mit, dass der Journalist seinem Handwerk - auch wenn sie es für schändlich halten - weiterhin nachgeht. Man könnte auch sagen: Wenigstens ist er kein fauler Hund und verdient sein Geld selber. Andererseits scheint eben doch ein kleiner Hauch von Skepsis durch - gegenüber der Person an sich, dem Beruf des Journalisten und den Medien ganz generell. Zumindest aber war die Begrüßung erfrischend ehrlich. Ungefähr so ehrlich wie vor Jahren der Willkommensgruß für einen Kollegen auf einem Volksfest im Erdinger Hinterland: Er hatte über erhöhte Nitratwerte im Trinkwasser einer Ortschaft geschrieben und bekam dafür zur Begrüßung eine Watschn. Aber nicht etwa, weil der Bericht falsch war, sondern weil er richtig war und der Brunnen unterm Maisfeld geschlossen werden musste. Andererseits gilt auch hier: So eine Watschn muss man sich erst einmal verdienen. Sie ist die ursprünglichste Form des Feedbacks und signalisiert, dass man als Kombattant ernst genommen wird.

Grundsätzlich ist man als Journalist über jede Rückmeldung dankbar. Ein Mesner der Gnadenkapelle in Altötting empfing den Reporter mit der Beschwerde, im zuvor erschienen Bericht habe es geheißen, Gläubige würden sich vor der Madonna in den Staub werfen: "Ja was glaubst denn Du, wir putzen da jeden Tag!" Okay, stimmt. Sorry. Vor ein paar Monaten in einer Wirtschaft, da hat ein Stammtischbruder erst lange nichts gesagt und dann nur: "Bei euch, da bröselt's unten schon rot raus aus der Zeitung." Ja mei, und wenn scho? Danach ging es ums Eisstockschießen. Es blieb friedlich. Der Schreiberling wird weitermachen.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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