Umweltschutz:Zauneidechsen sorgen für Verzögerungen beim Lärmschutz

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  • Die Zauneidechse ist eine streng geschützte Art, die auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten steht.
  • Sie lässt sich allerdings gern in unmittelbarer Nähe von Autobahnen und Bahnstrecken nieder.
  • In Weyarn müssen die Anwohner der Autobahn darum auf den Bau einer Lärmschutzwand warten.
  • Auch an anderen Orten blockieren geschützte Arten verschiedene Bauvorhaben.

Von Matthias Köpf, Weyarn

Wie gut Eidechsen wirklich hören, das wissen sie wohl nur selber. Von manchen Arten ist bekannt, dass sie mit dem Brustkorb und der Lunge hören. Die Zauneidechse hat ebenfalls keine Ohrmuschel, aber ein Trommelfell, das sich als dunkler Fleck am Hinterrand des Kopfes abzeichnet. Besonders lärmempfindlich scheint die Art aber nicht zu sein, denn sie siedelt und sonnt sich gerne auch an Bahndämmen oder Straßenböschungen.

Gerade ist aber Winterstarre, daran ändern auch fast 90 000 Autos und Lastwagen nichts, die an einem normalen Tag über die A 8 zwischen Holzkirchen und Weyarn brettern. Die menschlichen Anwohner in dem 3600-Einwohner-Ort Weyarn hätten es hingegen gern leiser und warten seit Langem auf Lärmschutzwände. Sie müssen sich allerdings weiter gedulden - eben wegen der Zauneidechsen.

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Die Tiere leben nämlich ausgerechnet da, wo die Autobahndirektion Südbayern möglichst bald zwei achteinhalb Meter hohe Wand-Wall-Kombinationen errichten will und ein Rückhaltebecken für das Regenwasser vorgesehen hat. Pflichtschuldigst ließ die Behörde im Sommer noch einmal nach geschützten Arten suchen, und prompt wurden die Experten doch noch fündig. Jetzt muss das Planfeststellungsverfahren verschoben werden, bis ein neuer Ort für das Regenbecken und ein neues Biotop für die Eidechsen gefunden ist. Damit müssen dann erst einmal die Naturschützer im Landratsamt Miesbach einverstanden sein.

Man wolle all das aber noch im Laufe dieses Jahres erledigt haben, heißt es von der Autobahndirektion, die schon seit sieben Jahren Pläne für die beiden 1,4 und 1,6 Kilometer langen Konstruktionen macht. Für die Anwohner sei die Verzögerung natürlich ärgerlich. Denen steht der Lärmschutz zu, obwohl die A 8 in dem Abschnitt schon seit dem Jahr 1981 drei Spuren und einen Pannenstreifen pro Fahrtrichtung hat. Damals hatten die Planer auf Lärmschutz verzichtet.

Weil allerdings die damaligen Annahmen zur Verkehrsentwicklung inzwischen weit übertroffen worden sind, muss der Staat nachbessern. Das Bundesverwaltungsgericht hat für solche Fälle eine Art Garantiefrist von 30 Jahren nach Inbetriebnahme des entsprechenden Abschnitts etabliert.

Die Zauneidechse braut einen neuen Lebensraum

Allerdings gilt dieses Recht auf Nachbesserung beim Lärmschutz nur für Anwesen, die damals schon standen, weshalb nicht alle Anwohner in Weyarn mit den Plänen der Autobahndirektion zufrieden sind. Wenig Begeisterung gibt es nach der Erfahrung der Planer auch bei Landwirten, von denen man ökologische Ausgleichsflächen erwerben wolle - etwa um Zauneidechsen dorthin umzusiedeln.

Die streng geschützte Art, die auch auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten steht, braucht aber wegen der Bauarbeiten ein neues Habitat, obwohl sie sich an der Autobahn ansonsten wohlfühlen würde. "Ohne Autobahn gäbe es wahrscheinlich gar keine Eidechsen dort", sagt ein Sprecher der Autobahndirektion. Diese sieht sich gerade wegen der Vorlieben der Zauneidechsen häufiger vor ähnliche Probleme gestellt, und auch die Bahn muss stets eine Auge auf eine mögliche Eidechsen-Population haben, wenn sie irgendwo den Schotter austauschen oder Bahndämme neu befestigen will.

Ganz in der Nähe von Weyarn schlägt sich auch das Wasserwirtschaftamt Rosenheim mit Zauneidechsen sowie mit Bibern, der Gelbbauchunke und der Haselmaus herum. Das Amt will nämlich an der Mangfall auf Höhe des kleinen Ortes Feldolling in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham einen insgesamt mehr als 150 Fußballfelder großen Flutpolder schaffen, um den Großraum Rosenheim besser vor Hochwasser zu schützen.

Auch der Flutpolder muss warten

Wiesen und Felder sollen mit Dämmen umgeben werden und so notfalls 4,6 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen können. Weitere zwei Millionen Liter sollen von dort aus in drei schon existierende Speicherbecken überlaufen können. Diese dienen als Unterwasser eines Pumpspeicherwerks, das Oberbecken ist der direkt an der Autobahn zwischen Weyarn und dem Irschenberg gelegene Seehamer See.

Die von vielen Feldollingern als vollkommen überdimensioniert kritisierten Polder-Pläne mussten wegen der geschützten Tiere zuletzt eine vierjährige Ehrenrunde im Genehmigungsverfahren drehen. Gerade hat die Regierung von Oberbayern die Nachbesserungen genehmigt, nun liegen die aktualisierten Pläne in den örtlichen Rathäusern zur Einsicht aus. Erst wenn dieses Verfahren beendet ist, wollen sich die Gerichte mit den Klagen der Feldollinger gegen das Projekt befassen.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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