Umweltkonzept für Olympia 2018:Vage Versprechen

Das Umweltkonzept für die Olympischen Winterspiele 2018 liegt vor. Es ist ambitioniert. Doch wackelt bei etlichen Projekten die Finanzierung - und es hagelt Kritik.

Heiner Effern

Die Wunschliste der Fachkommission Umwelt steht: 18 Leitprojekte im Naturschutz wird sie der Bewerbungsgesellschaft für die endgültigen Unterlagen für Olympia 2018 vorschlagen. Diese sollen weit über die vom IOC vorgegebenen Mindestanforderungen an die Ökologie hinausgehen und somit für die grünsten Winterspiele aller Zeiten stehen, die München, Garmisch-Partenkirchen und Königssee anstreben.

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Die Pläne für die "grünen Spiele" liegen vor. Den überwiegenden Teil der Kosten wird der Steuerzahler aufbringen müssen.

(Foto: dpa)

Sollten diese Vorhaben von den internen Gremien der Bewerber abgesegnet werden, würde die öffentliche Hand wohl mehr als 100 Millionen Euro zuschießen müssen, denn die Regeln des IOC sind eindeutig: Ein olympisches Erbe ist auch in Sachen Umweltschutz erwünscht, doch bezahlen müssen für die bleibenden Effekte die Gastgeber.

Zählt man die Kostenschätzungen für die 18 Leitprojekte im Umweltkonzept mit Stand vom 3. August zusammen, kommt man auf etwa 115 Millionen Euro. Mit circa zehn Millionen Euro soll sich das Organisationskomitee beteiligen, vor allem an der Finanzierung der "Bergtour 2018". In dem im Werdenfelser Land immer noch umstrittenen Projekt soll eine nachhaltige und umweltschonende Entwicklung des Bergsports und des Tourismus in den Alpen sichergestellt werden.

Nach Ansicht des DAV, der als Umweltverband in der zuständigen Fachkommission sitzt, fehlen in dieser Kostenaufstellung aber noch etwa 20 bis 30 Millionen und auch noch deutliche Zusagen.

"Das reicht nur zur Anschubfinanzierung"

Ein Beispiel für die vage Finanzierung ist das Projekt "Olympisches Grün: Grün bewegt", das für einen Ausbau und eine bessere Vernetzung der Grünflächen in und um München sorgen soll. Dazu seien "erhebliche finanzielle und personelle Aufwendungen vonnöten, die sich aus Bundes- und Landesmitteln, nachrangig auch städtischen Haushaltsmitteln sowie aus weiteren extern eingeworbenen Mitteln von Sponsoren zusammensetzen", heißt es im Umweltkonzept. Es soll sich dabei um eine Summe von etwa zehn Millionen Euro handeln.

Ein anderes Beispiel ist das vom DAV mit initiierte Projekt "Natur, Kulturerbe und Bildung", in dem als zentrales Ziel die Vernetzung schon bestehender Schutzgebiete angestrebt wird. Acht Millionen Euro sind nach Ansicht des DAV dafür nötig, sieben setzen die Autoren des Konzepts von der Sporthochschule Köln und dem Freiburger Ökoinstitut an. In der letzten Sitzung der Fachkommission, die nach Auskunft der Bewerbungsgesellschaft künftig nicht mehr einberufen wird, gab es aber nur eine Zusage über eine Million Euro. "Das reicht nur zur Anschubfinanzierung. Das Projekt ist so nicht umsetzbar", sagt der DAV-Geschäftsführer Thomas Urban.

Kein gutes Haar gelassen

Im Umweltkonzept heißt es, man strebe an, dafür Geld aus einer Stiftung oder einem Förderprogramm zu bekommen. Das reicht dem DAV, der als Sportverband im Aufsichtsrat der Bewerbungsgesellschaft und als Umweltverband in der Fachkommission sitzt, definitiv nicht. Sollten keine deutlichen Zusagen kommen, steht weiterhin der Ausstieg des DAV aus der Bewerbung im Raum. "Wir wollen dabei bleiben, aber nicht um jeden Preis", sagt Urban.

Die Probleme mit der Finanzierung sind allerdings nicht die einzigen, die das Umweltkonzept mit sich bringt. Schon mit der ursprünglich gewünschten Ausweisung eines Biosphärenreservats im Landkreis Garmisch-Partenkirchen blamierte sich die Bewerbungsgesellschaft. Denn als sie das Projekt als das bedeutendste in der Region Garmisch-Partenkirchen vorstellte, hatte sie sich mit den betroffenen Bürgermeistern im Werdenfelser Land noch gar nicht abgestimmt.

"Es ist doch ein Armutszeugnis"

Dieser Fehler ließ sich nicht mehr ausbügeln, die Pläne für das Biosphärenreservat wurden zurückgezogen. Auch ein weiteres Vorzeigeprojekt steht nicht mehr in der aktuellen Ausgabe des Umweltkonzepts: die energetische Sanierung von Hotels, die Michael Vesper, Generaldirektor des DOSB in einem SZ-Interview kürzlich noch gelobt hatte.

Auf Unverständnis stößt bei Kritikern zudem immer wieder, dass die Bewerbungsgesellschaft an der dem Marketing geschuldeten Anzahl von 18 Umweltprojekten so krampfhaft festhält. Das führt dazu, dass neben dem Bau von Plusenergiehäusern für die olympischen Dörfer noch ein zweites kleines Projekt erscheint, das die Verwendung von ökologischen Baumitteln vorsieht. Oder dass die angestrebte Nachhaltigkeit für den Olympiapark und Garmisch-Partenkirchen getrennt aufgeführt wird und als eigener Punkt noch ein zu errichtendes Zentrum für Nachhaltigkeit in Garmisch-Partenkirchen.

Die Olympia-Gegner lassen an den Leitprojekten ohnehin kein gutes Haar. "Sie sind vage und lassen keinen Mehrwert für die Region erkennen", heißt es beim Bund Naturschutz. Viele Projekte seien Selbstverständlichkeiten, die 2018 ohnehin schon Realität sein müssten, sagt Ludwig Hartmann, Grünen-Landtagsabgeordneter und einer der Sprecher des Bündnisses "Nolympia". Das gelte etwa für simples Recycling, das sich hinter "Kreislaufwirtschaft 2018" verstecke. Aber ebenso für die Plusenergie-Bauweise in den olympischen Dörfern. "Es ist doch ein Armutszeugnis, dass eine rot-grüne Stadt wie München im Jahr 2018 für so etwas olympische Spiele benötigt", sagt Hartmann.

Das sei doch eine Selbstverständlichkeit. Auch bei den Sportstätten und den Funktionsflächen wie etwa Parkplätzen zeige sich, dass immer wieder kleinere Eingriffe nötig seien. "Das Tal ist einfach zu klein für Olympia", sagt Hartmann.

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