Umwelt:Sorge um Holzrechte und Wanderwege

Wald spiegelt sich im Main am Morgen Deutschland Bayern Spessart Faulbach forest reflected in th

Der Spessart ist mit seinen Buchenwäldern nach Einschätzung des Umweltministeriums genauso geeignet für einen Nationalpark wie der Steigerwald.

(Foto: Imago)

Der Spessartbund will mehr Informationen zu den Nationalparkplänen. Ein erstes Stimmungsbild ist negativ

Von Olaf Przybilla und Christian Sebald, Aschaffenburg

Der Spessartbund hat sich Zeit genommen für seine Stellungnahme. Anfang August hatte Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt, dass in Bayern ein weiterer Nationalpark ausgewiesen werden soll, der Spessart gilt als Favorit. Da hätten viele erwartet, dass sich der mitgliederstarke Naturschutzverband in Bayern und Hessen früher positioniert. Aber genau das wollte er offenbar nicht, schon weil die Dinge nicht so einfach sind. Nationalpark oder nicht? Die Debatte treibt ganze Familien im Spessart um, die sich seit Jahrzehnten dem Naturschutz verschrieben haben. Und nicht immer ist das Ergebnis eindeutig. Der Spessartbund hat nun immerhin ein Resultat, allerdings auch nur ein vorläufiges, wie er betont. Etwa 60 Prozent seiner Mitglieder sollen demnach einen Nationalpark ablehnen.

Allerdings bezieht sich das nur auf die Ortsgruppen, die an einer verbandsinternen Umfrage des Spessartbunds teilgenommen haben. 35 der 100 Ortsgruppen zwischen Frankfurt, Würzburg, Tauberbischofsheim und Aschaffenburg haben sich in den vergangenen drei Wochen zur Sache geäußert, 20 Prozent sprachen sich demnach für einen Nationalpark aus, weitere 20 Prozent waren unentschieden. Das scheint ein klares Votum zu sein. Andererseits fällt das "vorläufige Statement" des Spessartbunds deutlich moderater aus als das, was von Nationalpark-Gegnern aus dem Steigerwald zu hören ist. Der Spessartbund knüpft seine endgültige Position daran, wie die Staatsregierung nun die Fragen beantwortet, die die Mitglieder des Verbands offenbar umtreiben.

Beantwortet wissen wollen die Spessarter etwa die Frage, warum aus naturschutzfachlicher Sicht ein Nationalpark bei ihnen sinnvoller sein soll als etwa im Steigerwald. Auch die Befürchtung, dass ein Buchenurwald womöglich zum "Verschwinden von Eichen" führen könnte, treibt sie um. Auch wollen sie Auskunft darüber, was aus ihren Wanderwegen wird, sollte ein Nationalpark zu Einschränkungen oder gar Verboten führen. Auch über die Zukunft alter Holzrechte wollen sie Bescheid wissen und darüber, wo künftig fehlende Holzlieferungen herkommen sollen. Und über den wirtschaftlichen Nutzen eines Nationalparks will man informiert werden. Zumal in der Region der Tourismus bisher vor allem ein Nebenerwerb sei.

Man habe jetzt erst mal ein "Stimmungsbild" gebraucht, sagt der Verbandsvorsitzende Gerrit Himmelsbach. Dieses sei so bunt ausgefallen "wie der ganze Spessartbund bunt ist". Der ist nicht nur im Naturschutz engagiert, sondern kümmert sich auch um Wanderangebote, Wegemarkierungen und Jugendarbeit. Die Umfrage war insofern nicht repräsentativ, als nicht etwa die 15 000 Mitglieder ihr Votum abgegeben haben. Ausgewertet wurden vielmehr die Eingänge einzelner Ortsgruppen auf die Bitte um Stellungnahme. Ein Ergebnis allerdings falle ins Auge, sagt Himmelsbach: Die Ortsvereine des Ballungsraums Rhein-Main, etwa in Frankfurt oder Aschaffenburg, stünden einem Nationalpark deutlich positiver gegenüber als die Ortsvereine direkt im Spessart.

Im Münchner Umweltministerium haben sie die Stellungnahme aufmerksam gelesen. "Wir begrüßen die grundsätzliche Bereitschaft zu einem offenen Dialog", sagt ein Sprecher von Ministerin Ulrike Scharf. "Wir werden die Fragen selbstverständlich zügig beantworten. Wir setzen ja auf Transparenz und Dialog." Aktuell suche eine von Scharf eingesetzte Projektgruppe Gebiete im Freistaat aus, die alle rechtlichen und fachlichen Anforderungen für einen Nationalpark erfüllen. Aus fachlicher Sicht freilich ist der Spessart seit jeher genauso für einen Buchen-Nationalpark geeignet wie der Steigerwald. Im Spessart gibt es sogar Buchenwälder, die etwas älter sind als die im Steigerwald. Dass sich die Debatte um einen dritten Nationalpark in Bayern bisher so gut wie ausschließlich auf den Steigerwald konzentrierte, hatte mit einer verbandsinternen Entscheidung des Bundes Naturschutz zu tun - der mächtigste Umweltverband im Freistaat wollte die Auseinandersetzung auf eine Region konzentrieren, um sich möglichst wenig zu verzetteln.

Auch die Umweltorganisation Greenpeace begrüßt die Bereitschaft des Spessartbundes zum Dialog. "Seine Fragen sind ohne Zweifel zentral für die Region", sagte der Greenpeace-Waldexperte Martin Kaiser. "Wir erwarten, dass die Staatsregierung sie schnell und offen beantwortet." Zugleich fordert er, dass die Staatsforsten den Holzeinschlag in den Spessartwäldern aussetzen, die für einen Nationalpark in Frage kommen. "Sie dürfen dort jetzt auf keinen Fall mehr die alten, mächtigen Buchen umlegen", sagt er. "Denn es sind ja genau diese urtümlichen Wälder, die die Basis eines Nationalparks dort sind."

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