TSV 1860 Rosenheim:Es geht ums Überleben

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  • Der TSV 1860 Rosenheim kämpft seit Monaten gegen die Insolvenz.
  • Bei der Kreissparkasse Rosenheim soll der Verein Verbindlichkeiten von etwa einer halben Million Euro haben - würde die Stadt dem Verein nun helfen, würde das Geld an die Bank fließen.
  • Pikant: Der Vorsitzende des TSV 1860 Rosenheim ist der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Adolf Dinglreiter.

Von Heiner Effern, Rosenheim

Es geht um nichts weniger als ums Überleben. Weniger für die Fußballer des TSV 1860 Rosenheim, die spielen nur um den Verbleib in der Bayernliga. Es geht um ihren Verein: Der kämpft seit Monaten gegen die Insolvenz. Wegen der hohen Schulden der Fußballer. Die Rettung des TSV 1860 Rosenheim ist aber längst zu einem erbitterten politischen Kampf geworden, in den nun auch die Kreissparkasse Rosenheim verstrickt ist.

Ihr werfen die Grünen vor, dem Verein mit einem ungewöhnlich hohen Sponsoringvertrag vor gut zehn Jahren schon einmal geholfen zu haben. Pikant: Sollte die Stadt nun für den Verein einspringen, fließt wohl ein Großteil des Geldes wieder an die Sparkasse. Dort soll der TSV 1860 Verbindlichkeiten von etwa einer halben Million Euro haben.

Der Mann, der die Finanzen regelt

Der Vorsitzende des TSV 1860 Rosenheim ist der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Adolf Dinglreiter. Von Finanzen sollte er Ahnung haben, immerhin führte er gut zehn Jahre lang die Kasse der CSU in Bayern. Zur Lage des Vereins will er nichts sagen, erst nach dem entscheidenden Beschluss im Stadtrat in der kommenden Woche werde er sich in der Öffentlichkeit äußern, sagt er.

Gerade an seiner Person entzündet sich aber auch der politische Streit in Rosenheim. Denn Dinglreiter saß lange Zeit im Verwaltungsrat eben jener Kreissparkasse Rosenheim-Bad Aibling, die seinen Verein über zehn Jahre hinweg mit insgesamt 830 000 Euro förderte und nun Hauptgläubiger ist. "Das System CSU lebt schon noch - offenbar auch in Rosenheim", sagt Franz Lukas, der Fraktionschef der Grünen im Stadtrat. Welcher andere Vereinsvorsitzende könne zur Sparkasse gehen und einen solchen Sponsoringvertrag aushandeln?

Wie die Sparkasse reagiert

Die Kreissparkasse weist jeden Verdacht einer Einflussnahme Dinglreiters zurück. Der Sponsoringvertrag sei vom Vorstand genehmigt worden, heißt es in einer Stellungnahme. "Zum Abschluss des Vertrages und auch in anderen Fragen zur Geschäftsbeziehung mit dem Verein bestand keine Mitwirkungspflicht des Verwaltungsrats." In seiner Funktion als Verwaltungsratsmitglied sei Dinglreiter "somit nicht in Entscheidungen über den Sponsoringvertrag eingebunden" gewesen.

Das Geld des vom 21.12.2005 bis zum 31.12.2015 laufenden Vertrags haben die Rosenheimer sofort und wohl auf einen Schlag ausgegeben: Sie bezahlten davon großteils die Sanierung ihres Stadions, das hauptsächlich die Fußballer und die Leichtathleten nutzen. Das verstoße nicht gegen den Zweck des Sponsorings, erklärt die Sparkasse. Die Sportstätten bildeten die Grundlage für den Betrieb des Vereins und seien essenziell für die unter anderem angestrebte Förderung der Jugend sowie von Gemeinschaft und Kameradschaft, heißt es. Der Sponsoringvertrag wurde mit dem Hauptverein geschlossen, der über elf Abteilungen und etwa 2000 Mitglieder verfügt.

Eine sichere Bank: Die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling hat den TSV 1860, hier das Jahnstadion, bereits einmal großzügig mit 830 000 Euro gesponsert. (Foto: Jonas Baier)

Fassungslosigkeit im Verein

Die verfolgten in den vergangenen Monaten mit zunehmender Fassungslosigkeit, wie die Fußballer die anderen Abteilungen in den Ruin mitzureißen drohen. Die hätten schon länger über ihre Verhältnisse gewirtschaftet, räumte der TSV-Vorsitzende Dinglreiter im Oberbayerischen Volksblatt ein. Entscheidend für die prekäre Situation im Moment dürfte aber ein großer sportlicher Erfolg des Traditionsvereins gewesen sein: der Aufstieg in die viel zu teure Regionalliga im Jahr 2012.

Seit Anfang des Jahres verhandeln Vereinsvertreter nun mit der Stadt, um den TSV 1860 zu retten. Die Kommune, die in diesem Jahr mit einer Haushaltssperre kämpft, soll Teile der Vereinsanlage kaufen. Mit dem Erlös von einer Dreiviertelmillion Euro sollen die Schulden beglichen werden. Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer (CSU) steht grundsätzlich zu einer Rettung des Vereins. "Nicht weil wir den Spitzensport retten wollen, sondern wegen des Breiten- und Schulsports", sagt sie. Bei einer Insolvenz würden auch die anderen Abteilungen des Traditionsvereins leiden. Am nächsten Mittwoch soll der Stadtrat über den Kauf entscheiden.

Eine Abstimmung in der nicht öffentlichen Sitzung des Hauptausschusses soll in dieser Woche ein deutliches Votum für die Rettung ergeben haben. Der Verein kann sich berechtigte Hoffnungen machen, auch wenn er weniger Geld von der Stadt erhalten wird als geplant. Anfangs war ein Kaufpreis von deutlich mehr als einer Million Euro vorgesehen. Doch je intensiver sich die Stadt mit den Finanzen und den Strukturen des TSV 1860 beschäftigte, umso größer wurde der Unmut. Unterlagen seien schwer zu erhalten und dann wenig aussagekräftig gewesen, ist aus dem Umfeld des Rathauses zu hören. OB Bauer sieht auch die Mitglieder in der Pflicht, die ihren Vorstand Jahr für Jahr entlastet haben. "Sie haben die Pflicht und Schuldigkeit, ihren Vorstand zu kontrollieren. Ich wünschte mir, dass das so umgesetzt worden wäre, wie es sein soll."

© SZ vom 11.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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