Treffen in der Staatskanzlei:Aigner drückt bei Energiewende aufs Gas

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Ilse Aigner (CSU) will die Energiewende vorantreiben. Der Proteste - wie etwa am 2. Februar vor dem bayerischen Wirtschaftsministerium - zum Trotz. (Foto: dpa)
  • Das Gelingen der Energiewende bis 2022 ist nach Auffassung der bayerischen Wirtschaftsministerin zwingend abhängig von raschen Zusagen des Bundes für eine finanzielle Förderung von Gaskraftwerken.
  • Mit dieser Linie geht Ilse Aigner am Sonntagabend in ein CSU-Spitzentreffen in der Staatskanzlei.
  • Anders als Parteichef Horst Seehofer drückt Aigner damit aufs Tempo. Seehofer hatte zuletzt mehrmals betont, es gebe genug Zeit, um die Details der Energiewende zu regeln.

Von Frank Müller, München

Mehr Energiesparen, auf Gaskraftwerke setzen, die Energiewende bis Ende des Jahres aufs Gleis bringen und dabei vor allem auf bayerische Interessen schauen - dies sind Teilnehmern zufolge die Ergebnisse einer CSU-Spitzenrunde, die am Sonntagabend in der Staatskanzlei das weitere Verfahren bei der verfahrenen Energiewende beriet. Wie es in der CSU am Abend nach dem dreieinhalbstündigen Treffen hieß, habe die Frage der Stromtrassen keine herausragende Rolle gespielt. Es solle im Lauf des Jahres beraten werden, ob sie überhaupt nötig sind, hieß es. Von mehreren Seiten wurde das Treffen unter der Leitung von Ministerpräsident Horst Seehofer als unaufgeregt und harmonisch beschrieben. In den letzten Wochen hatte es wegen der Energiewende dagegen vor allem zwischen Seehofer und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner geknirscht. Außer den beiden waren die Fachminister Markus Söder (Finanzen), Helmut Brunner (Agrar), Ulrike Scharf (Umwelt), Staatskanzleichef Marcel Huber, Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer, die Chefin der Berliner Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, und weitere Parlamentarier geladen. Aigner hatte sich vor dem Treffen mit dem Vorschlag gemeldet, die Energiewende im Freistaat durch ein neu zu schaffendes Expertenzentrum im Großraum Nürnberg zu stärken. Die neue Einrichtung soll nach dem Vorbild von Aigners Digitalisierungszentrum, das in München entsteht, Experten vernetzen und ihre Forschungen bündeln. "Darüber hinaus soll das Zentrum eine bessere Verbindung der Forschung mit der Wirtschaft im Freistaat sicherstellen", erklärte Aigner. Nürnberg biete sich dazu an, weil es dortmehrere Forschungseinrichtungen gebe. Zum anderen könne dies der Region helfen, die vom Stellenabbau bei Siemens betroffen ist. Aigner legte der CSU-Runde ein Papier vor, das das Gelingen der Energiewende bis 2022 als zwingend abhängig von raschen Zusagen des Bundes für eine finanzielle Förderung von Gaskraftwerken. "Wir brauchen vom Bund noch in diesem Jahr klare Zusagen, dass die Marktbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb und den Bau von Gaskraftwerken in Bayern angepasst werden, damit diese bis spätestens Ende 2022 am Netz sind", heißt es darin. "Bayern kann es sich wegen der Bedeutung der Energieversorgung für die Zukunft des Landes nicht leisten, die Entwicklungen und bundespolitischen Entscheidungen abzuwarten." In dem Papier, das der SZ vorliegt, zieht Aigner detailliertere Schlüsse aus ihrem mehrmonatigen Energiedialog als bisher bekannt. So legt sie äußersten Wert auf die Sicherheit der Stromversorgung. "Stromausfälle sind nicht nur ein Ärgernis für die Bürger", schreibt Aigner. "Sie gefährden auch die Unternehmen, die aufgrund komplexer Produktionsanlagen mehr als noch in der Vergangenheit auf eine störungs- und schwankungsfreie Energieversorgung angewiesen sind." Die Sätze lesen sich wie ein Plädoyer für den Ausbau der Stromnetze in Bayern. Aigner nimmt aber auch die kritische Haltung von Bürgerinitiativen auf, die sich Seehofer zu eigen gemacht hat. "Bürger fordern zu Recht ein, dass der Bedarf nachgewiesen wird", heißt es. "Die Maxime lautet: so viel Ausbau von Netzen und Infrastruktur wie nötig."

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Aigner stellt noch einmal klar, dass das nicht zu höheren Ausgaben für Strom führen dürfe. "Bezahlbare Strompreise sind ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, aber auch ein Standortfaktor für alle im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen und für den Wirtschaftsstandort Bayern", mahnt sie. "Der Erfolg der Energiewende und die Frage, ob sie als Vorbild für andere Länder taugt, wird daran gemessen, ob es gelingt, die Strompreise auf einem für alle Bürger bezahlbaren und international wettbewerbsfähigen Niveau zu halten."

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Von Frank Müller
© SZ vom 09.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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