Grünen-Politiker stirbt an Krebsleiden:Sepp Daxenberger ist tot

Der bayerische Grünen-Politiker Sepp Daxenberger ist in der Nacht im Alter von 48 Jahren gestorben - wenige Tage nach seiner Frau. Er hinterlässt drei Kinder.

A. Ramelsberger, K. Auer und B. Kruse

Nur drei Tage nach seiner Frau Gertraud ist auch der Grünen-Politiker Sepp Daxenberger gestorben. Er erlag in der Nacht zum Mittwoch im Krankenhaus von Traunstein seiner langjährigen Krebserkrankung, nur Stunden vor der Beerdigung seiner Frau, die am Sonntag an Brustkrebs gestorben war. Das bestätigte ein Freund der Familie der Süddeutschen Zeitung.

Sepp Daxenberger - Ehefrau gestorben

Er war das Gesicht der Grünen in Bayern: Sepp Daxenberger erlag am Morgen seinem Krebsleiden.

(Foto: dpa)

Daxenberger wurde 48 Jahre alt, seine Frau 49. Das Ehepaar hinterlässt drei Söhne im Alter von zwölf, 17 und 20 Jahren.

Die Landesvorsitzende der Grünen, Theresa Schopper, kann die Tränen nicht zurückhalten, als sie am Vormittag im Landtag vor die Presse tritt. Sie bemüht sich auch gar nicht. "Er hat ein Herz gehabt, wie ein Bergwerk. Servus, Sepp", sagt sie am Ende einer kurzen Pressekonferenz, die die Grünen kurzfristig anberaumt haben. Zusammen mit Ulrike Gote, der parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion, verliest sie ein paar Zeilen. Mehr geht gerade nicht. "Alle unsere Gedanken sind bei der Familie, vor allem bei den Kindern", sagt Gote.

An diesem Tag sollte Daxenbergers Ehefrau Getraud in Waging beerdigt werden, drei Tage zuvor war auch sie ihrem Krebsleiden erlegen. "Er war ein sehr wertvoller Mensch", sagt Theresa Schopper. "Mit einem starken Charakter. Und ein guter Freund." So lange habe er gekämpft. Und jetzt leider verloren.

Daxenberger war in der letzten Phase seiner Erkrankung für seine Parteifreunde nicht mehr zu sprechen und lag auf der Palliativstation des Traunsteiner Krankenhauses. "Es war kein Kontakt und kein Besuch mehr möglich", sagt Bause. "Es ist entsetzlich."

9,4 Prozent für die Grünen - ein Spitzenergebnis

Am Samstag soll er auf dem Friedhof von Waging beigesetzt werden. Die Grünen haben außerdem zwei Kondolenzbücher im Landtag und in der Münchner Landesgeschäftsstelle ausgelegt.

Daxenberger war der bekannteste Grünen-Politiker in Bayern. Auch nachdem er im Jahr 2003 an einer seltenen Mischung aus Blut- und Knochenkrebs erkrankte, einem sogenannten Plasmozytom, blieb er der Politik treu. "Ohne Politik werde ich unruhig", sagte er in einem Interview mit dem SZ Magazin. Bis zum Juni 2010.

Nach einem erneuten Krankenhausaufenthalt im Frühjahr verschlechterten sich seine Werte weiter. Für ihn war dies der Zeitpunkt, sich aus der Politik zu verabschieden und sein Amt als Fraktionschef der Landtagsgrünen aufzugeben. "Ich brauche die Restenergie für die Familie", sagte er damals.

Auch ihn hatte der Krebs immer weiter geschwächt. Das ärgerte ihn, vor allem, wenn er auf dem Hof, den er mit 24 Jahren von seinen Eltern übernommen hatte, nicht mehr so zupacken konnte, wie er gerne gewollt hätte. Früher, so erzählte er in einem Interview, habe er problemos Behälter von sechzig oder achtzig Kilo heben können. "Jetzt schaff' ich es nicht mehr, ich darf es nicht mehr. Das ärgert mich", sagte er.

Den Grünen gehörte er gleich zu deren Anfangszeiten in den achtziger Jahren an. 1990 zog Daxenberger für seine Partei in den Landtag ein und übernahm dort die Funktion des agrar- und jugendpolitischen Sprechers. 1996, im Alter von 34 Jahren, kehrte Daxenberger der Landespolitik den Rücken und wurde Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Waging am See. In Bayern, und dann auch noch im oberbayerischen CSU-Stammland, eine Sensation: Der gelernte Schmied war der erste hauptamtliche grüne Bürgermeister im Freistaat. Seine bodenständige, heimatverbundene und gleichzeitig konservative Art zeichnete ihn aus. Damit machte Daxenberger die Grünen für viele auf dem Land überhaupt erst wählbar.

Als Bürgermeister hinterließ er eine ökologisch sanierte und schuldenfreie Gemeinde. Von 2002 bis 2008 war er Landeschef der Grünen. 2008 legte er das Bürgermeisteramt nieder, um die CSU, wie er sagte, als Fraktionschef der bayerischen Grünen bayernweit das Fürchten zu lehren. Seine Partei führte er bei den damaligen Landtagswahlen zu einem Spitzenergebnis von 9,4 Prozent - der beste Wert, den die Grünen in Bayern je erzielt hatten.

"Eine Tragödie, die sprachlos macht"

Daxenberger war über die Parteigrenzen hinweg beliebt wegen seiner Geradlinigkeit. Er galt als Pragmatiker ohne ideologische Scheuklappen und trat auch für schwarz-grüne Bündnisse ein. "Schwarz-Grün wäre sicher ein schmerzlicher Kompromiss für uns, aber es würde Bewegung in die politische Landschaft bringen", sagte er einst in einem SZ-Interview.

Bei den Grünen hat die Nachricht über seinen Tod tiefe Bestürzung hervorgerufen: "Wir sind alle tief betroffen", sagt die stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen, Beate Kellermann. "Der Tod von Sepp Daxenberger ist ein großer Verlust, nicht nur für die Politik, sondern auch persönlich."

Zutiefst betroffen reagiert auch Ministerpräsident Horst Seehofer auf den Tod von Sepp Daxenberger: "Das ist eine Tragödie, die sprachlos macht", sagt derCSU-Chef. Mit Daxenberger habe Bayern einen Politiker aus "innerster Überzeugung und tiefster Leidenschaft" verloren.

Er bezeichnet den Grünen als "Vollblutpolitiker" und als eine "Persönlichkeit, wie sie typischer für unser Land nicht sein könnte. Selbstbewusst, kantig, willensstark und dabei erfüllt von einer tiefen Liebe zu seiner oberbayerischen Heimat." Wie Daxenberger jahrelang gegen seine Krebserkrankung gekämpft habe, "verdient höchste Bewunderung", so Seehofer.

"Bayern im positiven Sinne bewegt"

Landtagspräsidentin Barbara Stamm geht die Nachricht vom Tod ihres Grünen-Kollegen ebenfalls sehr nahe: Sie würdigt Daxenberger als einen bodenständigen, charismatischen und werteorientierten Menschen, der für seine Familie und Politik gelebt hat. "Daraus hat er viel Kraft für seinen Kampf gegen seine schwere Krankheit geschöpft", sagt Stamm über Daxenberger, dem sie sich immer auch menschlich sehr nahe gefühlt habe.

"Der Tod von Sepp Daxenberger ist ein tragischer Verlust für ganz Bayern." Mit diesen Worten würdigt Georg Schmid, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Grünen. "Sepp Daxenberger war über die Parteigrenzen hinweg ein äußerst beliebter und angesehener Kollege mit Herz und Verstand."

Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sowie Fraktionsvorsitzender Thomas Hacker zeigen sich bestürzt: "Mit seiner aufrichtigen und unprätentiösen Art hat er im Bayerischen Landtag Maßstäbe gesetzt." Als Mensch wie als Politiker habe sich Daxenberger durch Ehrlichkeit, Integrität, Glaubwürdigkeit, Wärme, Herzlichkeit und Menschlichkeit ausgezeichnet. "Mit Sepp Daxenberger haben der Freistaat Bayern eine prägende Persönlichkeit und wir im Bayerischen Landtag einen liebenswerten Kollegen verloren. Die Liberalen verneigen sich vor dem Lebenswerk von Sepp Daxenberger", so Zeil und Hacker.

Auch der bayerische SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher und seine Stellvertreterin Christa Naaß sind fassungslos. Sie würdigen Daxenberger als einen der profiliertesten bayerischen Grünen: "Als erster grüner Bürgermeister in Bayern hat er Geschichte geschrieben. Wir trauern um einen menschlichen, bodenständigen, zuverlässigen und kämpferischen Kollegen."

Der Fraktionschef der Freien Wähler im Landtag, Hubert Aiwanger, spricht aus, was sich die meisten bayerischen Politiker denken: "Sepp Daxenberger war ein Mensch, den man nur mögen konnte." Er habe neue politische Ansichten glaubwürdig und ideologiefrei vertreten und ihnen dadurch zum Durchbruch verholfen. "Er hat Bayern im positiven Sinne bewegt, dafür gebührt ihm unser aller Dank."

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