Traunreut:Polizei fasst mutmaßlichen Todesschützen unter den Schaulustigen

Schüsse in Traunreut

Nach den tödlichen Schüssen in einer Kneipe in Traunreut laufen die Ermittlungen.

(Foto: dpa)

Der Mann soll in einer Kneipe in Traunreut zwei Menschen getötet und zwei weitere schwer verletzt haben. Nun wurde er in der Psychiatrie untergebracht.

Von Matthias Köpf

Eine Stunde nach den tödlichen Schüssen stand der Mann mitten unter den Schaulustigen, die sich überall sehr schnell hinter den Flatterbändern versammeln, wenn alles in Blaulicht getaucht ist. Die Beschreibung schien zu passen, etwa 1,75 Meter groß, 50 bis 60 Jahre alt, kurze, graue Haare, Bart, Brille. Also sprachen Polizisten den Mann an, brachten ihn die 15 Kilometer zum Verhör zur Kripo nach Traunstein.

Ein paar Stunden später waren die Kriminaler praktisch sicher: Das musste der Mann sein, der am späten Samstagabend in einer Kneipe in Traunreut ein Blutbad angerichtet hat. Zwei Männer im Alter von 31 Jahren hat er tödlich getroffen, zwei Frauen im Alter von 28 und 50 Jahren überlebten schwer verletzt.

Mehr Menschen waren zu der Zeit nicht in dem Pub, nur die 50-jährige Wirtin und die drei jüngeren Gäste. Und gegen halb elf am Samstag kam dann eben dieser 62 Jahre alte Mann. Man kannte sich, aber diesmal hielt er ein Repetiergewehr in der Hand, irgendwann schoss er, lud durch, schoss. Wie schnell, wie oft, wie gezielt er das getan hat, das versucht die Polizei noch herauszufinden.

Die Nacht und noch den Sonntagvormittag über war die Spurensicherung in dem Pub am St.-Georgs-Platz, einem einfachen Trinklokal in einer Gegend, die in Traunreut einen eher schlechten Ruf hat. Beamten des Landeskriminalamts werden den Tatort wohl mit ihrem Laserscanner abtasten.

Wie gut sich der Schütze und seine Opfer gekannt haben, ob es zwischen ihnen an dem Abend oder irgendwann zuvor Streit gegeben hat, das blieb am Sonntag offen, und auch zum Motiv machte die Polizei keine Angaben. Die Wohnung des Mannes, die noch in der Nacht unter anderem von Spezialkräften aus München geöffnet und durchsucht wurde, liegt nicht weit von der Kneipe entfernt.

Hier fanden die Beamten erst Munition und dann auch das Repetiergewehr älterer Bauart, dass der schnell hinzugezogene Sachverständige - vorbehaltlich seines endgültigen Gutachtens - mit einiger Wahrscheinlichkeit für die Tatwaffe hält. Beschwerden des Mannes etwa über Lärm aus der Kneipe oder dergleichen seien zuvor bei ihr jedenfalls nicht eingegangen, heißt es von der Polizei. Erst an diesem Samstagabend um halb elf berichteten dann Anrufer von den Schüssen.

Es folgte ein großer nächtlicher Polizeieinsatz mit unzähligen Beamten aus dem ganzen Gebiet des Präsidiums Rosenheim, weiteren Beamten aus München und einem Einsatzzug des Präsidiums Ingolstadt. Beamte der Bundespolizei und der Bereitschaftspolizei wurden von den laufenden Grenzkontrollen abgezogen. Ein Hubschrauber kreiste über Traunreut, Polizisten richteten Kontrollpunkte an der Straße ein, durchkämmten die Grünflächen um und zwischen den Wohnblocks am St.-Georgs-Platz mit starken Taschenlampen, überprüften zur Sicherheit auch andere Lokale in der Umgebung.

Die Fahndung nach einem womöglich weiterhin bewaffneten Mörder lief, während der mutmaßliche Todesschütze erst am Tatort unter den Schaulustigen stand und dann in Traunstein beim Verhör saß. Erst als die Kripo-Beamten hinreichend sicher waren, dass sie es mit dem Richtigen zu tun hatten, gaben sie vorsichtig Entwarnung. Gegen 7 Uhr meldete die Polizei dann die Verhaftung des Verdächtigen.

An Terror oder Amok hat die Polizei von Anfang an nicht gedacht

In Traunreut hätten die meisten Menschen von dem ganzen nächtlichen Einsatz wenig mitbekommen, erklärt Polizeisprecher Jürgen Thalmeier am Sonntag. Nur der Hubschrauber habe wohl manchen aufschrecken lassen.

An eine Terror-Tat oder eine Amoklage habe man bei der Polizei jedoch zu keiner Zeit gedacht, sagt Thalmeier. Am späten Sonntagvormittag wurde der Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Traunstein und nach Untersuchung durch einen Psychiater wurde der Mann nicht in Untersuchungshaft in einem Gefängnis genommen, sondern in einer geschlossenen und gesicherten forensischen Psychiatrie untergebracht.

Die beiden schwer verletzten Frauen sind laut Polizei außer Lebensgefahr, konnten zunächst aber noch nicht ausführlich vernommen werden.

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