Toter Bürgermeister in Traunstein:"Niemand kann in seine Seele schauen"

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Nach dem Tod des neu gewählten Oberbürgermeisters Wilfried Arsan geht die Polizei von einem Selbstmord aus. Innerhalb von drei Monaten sollen die Traunsteiner einen Nachfolger wählen.

Heiner Effern

Oberbürgermeister Fritz Stahl (SPD) regiert die Stadt Traunstein seit 18 Jahren in seiner ruhigen, ausgeglichenen Art. Noch nie hat man ihn, so berichten langjährige Wegbegleiter, so erschüttert gesehen wie am Montagabend, als er im alten Ratssaal seine Stadtratskollegen über den Selbstmord seines bereits gewählten Nachfolgers Wilfried Arsan (Unabhängige Wähler) informierte. "Niemand kann in die Seele eines Menschen schauen", sagte Stahl nach einer Gedenkminute. Auch am Tag darauf konnten viele Traunsteiner Bürger nicht fassen, wie es zu der Tragödie kommen konnte. Nach Angaben der Polizei gibt es keinen Abschiedsbrief, der Aufschluss über ein Motiv geben könnte.

Wilfried Arsan wurde am Montag tot aufgefunden. (Foto: Foto: oh)

Der langjährige Stadtrat Arsan, 54, hatte bereits am Montagnachmittag in der Sitzung des Hauptausschusses gefehlt. Als er um 17 Uhr zu einer Besprechung mit Fritz Stahl nicht erschienen war, in der die beiden über den Ablauf der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am 8. Mai sprechen wollten, telefonierte Stahl mit Arsans Frau. Zu diesem Zeitpunkt wusste auch sie noch nicht, dass sich ihr Mann im Keller ihres Hauses das Leben genommen hatte. Der Rettungsassistent, der seit mehr als 30 Jahren beim Roten Kreuz angestellt war, hinterlässt neben seiner Frau auch zwei erwachsene Kinder.

"Er hat sich auf sein Amt gefreut" Arsan galt als sachlicher und nüchterner Politiker, mir dem "gut zu reden war", wie es Stahl ausdrückt. "Sein Verhalten war stets auf Ausgleich gerichtet, ich habe gerne mit ihm zu tun gehabt." Auch Hans Zillner (CSU), Zweiter Bürgermeister, hat mit "dem Willi immer ein gutes Einvernehmen gehabt". Arsan war seit 1990 in der Kommunalpolitik tätig und in der laufenden Legislaturperiode auch Vorsitzender der Stadtratsfraktion. Er saß für die UW im Finanz- und Hauptausschuss der Stadt.

Nach der gewonnenen Stichwahl am 16. März, in der er sich mit knapp 67 Prozent deutlich gegen seine SPD-Konkurrentin durchgesetzt hatte, wirkte Arsan gelöst, sagen nicht nur Parteifreunde. In der Woche nach Ostern besuchte er einen dreitägigen Kurs des Gemeindetags für neue Bürgermeister. "Er hat sich auf sein Amt gefreut", sagt Stahl. Dieser hat die Altersgrenze erreicht und war deshalb nach 18 Jahren an der Stadtspitze nicht mehr angetreten.

Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen in Bayern lief der Wahlkampf um seine Nachfolge sachlich und fair. "Der hat wohl keine Spuren hinterlassen", vermutet Zillner. Er saß im Sitzungssaal stets neben Arsan. Dessen Stuhl blieb leer, als Fritz Stahl am Montag gegen 19.30 Uhr die Fraktionen, die turnusgemäß im Rathaus ihre internen Sitzungen abhielten, zusammenrief und zusammen mit dem leitenden Oberstaatsanwalt in Traunstein, Helmut Vordermayer, die Nachrichten über den Tod Arsans mitteilten.

Die Traunsteiner müssen nun einen neuen Oberbürgermeister wählen. Nach dem Gemeinde-und Landkreiswahlgesetz soll das innerhalb von drei Monaten nach dem Abtritt von Fritz Stahl geschehen. Für die Zeit vom 1.Mai bis zur konstituierenden Sitzung des Stadtrats bestimmt die Rechtsaufsicht im Landratsamt ein Mitglied des Gremiums, das kommissarisch die Geschäfte führt. Diese bleiben allerdings auf das Notwendigste begrenzt. Wird in der ersten Sitzung der Räte ein Zweiter Bürgermeister gewählt, übernimmt dieser bis zur Neuwahl die Pflichten des Oberbürgermeisters.

© SZ vom 9.4.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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