Tirschenreuth:Zweijähriges Mädchen verhungert

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Im oberpfälzischen Tirschenreuth ist ein unterernährtes Kind gestorben. Durch einen rechtzeitigen Arztbesuch hätte es gerettet werden können.

Max Hägler

In der Stadt Tirschenreuth ist ein zweijähriges Mädchen verhungert. Wie die Staatsanwaltschaft Weiden und das Polizeipräsidium Oberpfalz am Montag mitteilten, ist das Kleinkind an Unterernährung und Flüssigkeitsmangel gestorben. Zudem litt es wohl unter Vorerkrankungen.

Die 21 Jahre alte Mutter hat das Mädchen den Angaben zufolge am Samstagvormittag gegen 10:30 Uhr tot im Kinderbett aufgefunden. Sie alarmierte selbst den Notarzt, der eine "ungeklärte Todesart" attestierte und damit die Ermittlungen der Kriminalpolizei auslöste. Die alleinerziehende Mutter sei mittlerweile festgenommen worden und habe Angaben bei den polizeilichen Vernehmungen gemacht, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schäfer.

Das Mädchen wurde noch am Sonntag im Institut für Rechtsmedizin in Erlangen obduziert. Dabei hätten die Mediziner festgestellt, dass das Mädchen durch einen rechtzeitigen Arztbesuch hätte gerettet werden können. Vor diesem Hintergrund leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Totschlags durch Unterlassen ein.

Die Mutter wurde am Sonntagnachmittag festgenommen. "Es ist nicht das einzige Kind, das in dem Haushalt gelebt hat", sagte Oberstaatsanwalt Schäfer. Wie viele Geschwister das tote Mädchen hatte, wollte er nicht sagen. Auch zum Herkunftsort der Familie schwieg er. "Wir wollen nicht, dass die Frau jetzt sofort identifizierbar ist." Derzeit würden Zeugen befragt, darunter auch der Vater des toten Mädchens. Unklar ist noch, ob Mutter und Kind regulär vom Jugendamt betreut worden waren.

Das Landratsamt Tirschenreuth teilte mit, am Dienstag über die Umstände des Kindstodes informieren zu wollen. Unabhängig von der Staatsanwaltschaft wolle man die Öffentlichkeit über die relevanten Sachverhalte in Kenntnis setzen, sagte Sprecher Josef Hecht. "Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir etwas hinter dem Berg halten", versicherte Hecht. Allerdings wolle das Amt erst alle relevanten Mitarbeiter anhören, bevor die Öffentlichkeit über den Fall informiert werde. Der Bürgermeister von Tirschenreuth, Franz Stahl, äußerte "tiefe Betroffenheit".

Immer wieder haben in der Vergangenheit Kindstode die Öffentlichkeit erschüttert. Im August des vergangenen Jahres war die dreijährige Sarah im mittelfränkischen Thalmässing unter den Augen ihrer Eltern verhungert. Gegen die damals 26 und 29 Jahre alten Eltern wird noch wegen gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassen ermittelt, noch ist nicht klar, ob sie schuldfähig sind.

Das Jugendamt hatte die Familie regelmäßig kontrolliert, die Besuche dann aber eingestellt. Zuletzt war im November 2008 ein Mitarbeiter dort, er hatte von "keinem guten Zustand" der Wohnung berichtet, aber nicht erkennen können, dass das Wohl der Kinder gefährdet sei. In Thalmässing hatte der Tod des Kindes Erschütterung ausgelöst. Die Familie hatte direkt am Marktplatz gewohnt, über einer Pizzeria. Dennoch hatte kaum jemand das kleine Mädchen gekannt.

© SZ vom 30.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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