Tierschutz:Nistplatz verzweifelt gesucht

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Luftikus: Der Mauersegler verbringt fast sein ganzes Dasein im Flug. Er schläft sogar, während er in der Luft ist. (Foto: imago)

Bei der "Stunde der Gartenvögel" sollen die Beobachter diesmal besonders auf den Mauersegler achten

Von Christian Sebald, München

Es gibt nur wenige Vogelarten, die so extrem an das Leben in der Luft angepasst sind wie der Mauersegler. Abgesehen von der Brutzeit halten sich die 40 Gramm leichten, bräunlich-schwarzgefiederten Vögel praktisch nur in der Luft auf. Sie können sogar während des Fliegens schlafen. Außerdem sind sie ungeheuer schnell. Im Sturzflug können die Vögel, die Schwalben sehr ähneln, aber nicht mit ihnen verwandt sind, sogar Tempo 200 und mehr erreichen. Und es ist noch gar nicht so lange her, da konnte man in den Hinterhöfen überall in den Städten ihre schrillen Rufe hören. Doch wie so viele andere Vogelarten sind auch die Mauersegler sehr viel seltener geworden. So selten sogar, dass der Vogelschutzbund LBV sie ins Zentrum seiner "Stunde der Gartenvögel" rückt, die in diesem Jahr von Freitag, 8. Mai, bis Sonntag, 10. Mai, stattfindet.

Wie die "Stunde der Wintervögel" ist die "Stunde der Gartenvögel" ein Citizen-Science-Projekt. Das heißt, dass der LBV durch die Hilfe möglichst vieler Laien hofft, möglichst rasch und ohne großen Aufwand die neusten Entwicklungen in der Vogelwelt abschätzen zu können. Die Teilnehmer sollen sich an diesem Wochenende eine Stunde lang in ihren Garten, auf ihren Balkon oder in einen Park setzen und in diesem Zeitraum alle Vögel zählen, die sie beobachten. Die Daten können sie im Internet in ein Formular eingegeben oder aber per Post oder via Fax an den LBV schicken. Natürlich ist es gut, wenn sich die Teilnehmer in der Vogelwelt auskennen. Aber auch Anfänger sind willkommen. Ihnen bietet der LBV im Internet Steckbriefe mit den 30 häufigsten Gartenvögeln an. Aber selbst wenn ein Teilnehmer den einen oder anderen Vogel nicht korrekt identifiziert, ist das nicht schlimm. "Je mehr Vogelfreunde mitmachen, desto weniger fallen solche Fehler ins Gewicht", sagt Markus Erlwein vom LBV. "Zumal es uns nicht um wissenschaftlich exakte Erkenntnisse geht, sondern um die Abschätzung von Trends." In den vergangenen Jahren nahmen stets zwischen 8000 und 10 000 Vogelfreunde an der Aktion teil.

Dass die Aktion am zweiten Mai-Wochenende stattfindet, ist für die Zählung von Mauerseglern besonders gut. Denn sie kehren gewöhnlich um den 1. Mai herum von ihrem Winteraufenthalt in Zentralafrika nach Bayern zurück. Dieses Jahr gibt es noch kaum Meldungen von Rückkehrern. "Das kann mit der aktuell schlechten Wetterlage in Südeuropa zu tun haben, die sie daran hindert, die letzte Etappe nach Bayern zurückzulegen", sagt Erlwein. "Es können aber immer noch die Auswirkungen des Mai-Hochwassers 2013 sein." Damals regnete es so lange und so heftig, dass nicht nur unzählige Gelege kaputt gingen, sondern auch viele Altvögel verendeten.

Der wohl wichtigste Grund für den Schwund ist aber, dass die Mauersegler immer weniger Plätze für ihre Nester finden. Die Vögel brüten an Steinbauten, sie nutzen Hohlräume und Spalten, zum Beispiel an Dachtraufen, in Rollladenkästen oder an Mauervorsprüngen. Die aber werden immer seltener - selbst bei Altbauten. "Gerade durch energetische Gebäudesanierungen werden viele Brutplätze vernichtet", sagt Erlwein. "Da werden ja die letzten Ritzen zwischen Fassade und Dach geschlossen." Die Beseitigung von traditionellen Brutplätzen ist auch deshalb so schlimm, weil die Mauersegler immer nur denselben Brutplatz anfliegen. "Wenn der weg ist, suchen sie sich keinen anderen mehr", sagt Erlwein. Der Mauersegler ist nicht der einzige Gebäudebrüter, der dem LBV Sorgen macht. Auch die Schwalben, die gerne in Ställen nisten, werden immer seltener. 2014 meldeten nicht einmal mehr zehn Prozent der Gartenvogel-Stunde-Teilnehmer, dass sie ein Schwalbennest gesehen haben. Gespannt sind sie im LBV auch, wie der Star abschneidet. Diesen Winter sind viele Stare in Bayern geblieben. Deshalb konnten sie nun die besten Brutplätze besetzen.

Weitere Informationen unter www.stunde-der-gartenvoegel.lbv.de

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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