Tegernsee:Ein Unterstand fürs Polizeiboot - wenn's denn so einfach wär!

Tegernsee: Zu modern, zu schräg, zu wenig Wände, zu wenig Fenster und zu viel Kunst. Das kritisieren die Tegernseer Stadträte an den Entwürfen für ein Bootshaus. Entwurf: Claudia Schreiber

Zu modern, zu schräg, zu wenig Wände, zu wenig Fenster und zu viel Kunst. Das kritisieren die Tegernseer Stadträte an den Entwürfen für ein Bootshaus. Entwurf: Claudia Schreiber

Die WSP 44 am Tegernsee braucht ein Dach, doch so recht mag den Stadträten kein Entwurf gefallen. Eine Art Heustadel mit Sprossenfenstern wäre recht.

Von Matthias Köpf, Tegernsee

Erst über Christi Himmelfahrt sind in St. Quirin drei Bootshütten aufgebrochen worden. Das Tretboot und das Ruderboot, die danach gefehlt haben, dümpelten in der Nähe im Uferschilf, aber wenn man sie auf dem 23 Quadratkilometer großen Tegernsee länger hätte suchen müssen, dann wäre das ein Einsatz für WSP 44 gewesen.

Diesen für ein Wasserfahrzeug recht prosaischen Namen trägt das Boot der Polizei in Bad Wiessee, seit Innenstaatssekretär Gerhard Eck es im vergangenen Sommer feierlich in Dienst gestellt hat. Was der Polizei noch fehlt, ist ein passender Liegeplatz mit Bootsschuppen in der Nähe der Bad Wiesseer Inspektion. Die Entwürfe einer Münchner Architektin sind den Stadträten im gegenüberliegenden Tegernsee aber nicht prosaisch genug.

Zwar soll das Bootshaus etwa 600 Meter Luftlinie von der Inspektion entfernt beim Bad Wiesseer Yachthafen entstehen, doch alles, was sich auf oder im See abspielt, fällt nun mal ins Hoheitsgebiet der Stadt Tegernsee. Außerdem müsse man das Bootshaus über den See hinweg ja selber dauernd anschauen, während es von Bad Wiessee aus kaum zu sehen sei, heißt es aus dem Tegernseer Rathaus.

Und das, was Architektin Claudia Schreiber da jüngst im Bauausschuss präsentiert hat, wollte sich eben keiner der Räte in Wirklichkeit anschauen müssen. Zu modern, zu rund, zu schräg, zu wenig Wände, zu wenig Fenster und zu viel Kunst lautete die Kritik, einer fühlte sich an "Wickie und die starken Männer" erinnert, während Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) eher an einen "U-Boot-Bunker" dachte. Bei Schreibers Entwurf hätten Wände und Dach eine geschwungene Einheit bilden, die Schindeln aus Lärchenholz mit der Zeit ehrbar ergrauen sollen. Der Entwurf mit den niedrigen, schräg ausgestellt Seitenwänden und dem Satteldach aus Blech war schon als Sicherheits-Variante für den konservativeren Geschmack gedacht, und so ein Satteldach wäre den Räten in der Tat deutlich lieber.

Und wenn dann die Wände ein bisschen höher und gerade wären und außerdem Fenster hätten, könnte noch was Ansehnliches draus werden, beschloss der Ausschuss schließlich. Dann könne sich der Entwurf ins Gesamtbild fügen, dem man sich in Tegernsee eben verpflichtet sieht - obwohl und gerade weil Ambition und Geschmack rundherum nicht immer die glücklichsten Verbindungen eingehen.

Tegernsee: Der Bürgermeister muss gar an einen "U-Boot-Bunker" denken. Entwurf: Claudia Schreiber

Der Bürgermeister muss gar an einen "U-Boot-Bunker" denken. Entwurf: Claudia Schreiber

Dass sie nun eben einen Heustadel mit Sprossenfenstern auf den See setzen soll, würde Architektin Claudia Schreiber so nie formulieren, denn sie arbeitet für die Tegernseer derzeit auch noch an einer Machbarkeitsstudie für das neue Feuerwehrhaus. Dass ihr inzwischen empfohlen wurde, sich doch am gelungenen Bootshaus für die Tegernsee-Schifffahrt ein Beispiel zu nehmen, freut sie schon wieder, denn dieser Entwurf ist auch von ihr. Ihren Auftraggebern vom Staatlichen Bauamt und der Polizei ist ein schlichter Bootsstadel nun ebenfalls wieder lieber - vor allem lieber als gar kein Bootshaus. Denn mit einer in vielerlei Hinsicht schlichten Variante haben sie die Tegernseer 2015 nach jahrelangen Debatten über die Notwendigkeit eines Polizeiboots und eines entsprechenden Gebäudes überhaupt erst davon überzeugt, dass irgendein Bootshaus entstehen darf.

Die so errungene Baugenehmigung liegt seit zwei Jahren in der Schublade, und dort wollen sie die Behörden nun herausholen und darin stattdessen den gestalterischen Ehrgeiz verschwinden lassen, der sie zwischenzeitlich gepackt hat. WSP 44 liegt einstweilen in einem ehemaligen, längst privaten Bootshaus der Schifffahrt in Rottach-Egern, fünfeinhalb Auto-Kilometer von der Polizeiinspektion entfernt.

Die Beamten in Wiessee schätzen sich allerdings im Vergleich zu den Kollegen am Ammersee ohnehin noch glücklich. Dort hat der Streit über ein geplantes Bootshaus für die Dießener Polizei am Dampfersteg in Holzhausen zuletzt zu heftigen Bürgerprotesten geführt.

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