Stromtrassen durch Bayern:"Deutschland läuft die Zeit davon"

Stromtrasse

Zwei Reihen von Hochspannungsmasten.

(Foto: dpa)

Ein Netzbetreiber geißelt Seehofers Energiepolitik: Tennet-Chef Lex Hartman kritisiert die erneute Überprüfung der geplanten Stromtrassen. Er befürchtet Stromausfälle und höhere Energiepreise für den Süden Deutschlands.

Von Mike Szymanski

Der Netzbetreiber Tennet, der eine der beiden neuen und heftig umstrittenen Stromtrassen aus dem Norden der Republik nach Bayern bauen soll, wirft Bayern vor, das Gelingen der Energiewende aufs Spiel zu setzen. Ministerpräsident Horst Seehofer hatte vergangene Woche in Berlin durchgesetzt, dass alle geplanten Trassen noch einmal überprüft werden und Bayern bis Februar Zeit für einen Dialogprozess bekommt.

Tennet-Manager Lex Hartman warnte am Dienstag in München: "Deutschland läuft die Zeit davon." Der Bau einer Trasse benötige zehn Jahre. "Unsere Bitte ist, dass Tempo gemacht wird." Wenn man sich jetzt zu lange Zeit lasse, könnte es im Freistaat zu Stromausfällen kommen. "Wenn etwas schief geht, wird es dunkel", mahnte der Manager.

In seinen Ausführungen wurde deutlich, dass er insgesamt wenig von Seehofers Plänen für die Energiewende hält. Der CSU-Chef hatte vergangene Woche den Vorschlag unterbreitet, aus den zwei Leitungen, die nach Bayern führen sollen, eine zu machen. Hartman jedoch erklärte, Tennet werde die Idee erst dann prüfen, wenn sie von einer Behörde offiziell an sein Unternehmen herangetragen werde. "Wir berechnen nicht jedes Mal etwas, wenn etwas in der Zeitung steht", erklärte der Manager. Zudem könne man davon ausgehen, dass - sollte in Bayern eine Trasse eingespart werden - diese dann andernorts gebaut werden müsse. Eine solche Entscheidung habe immer Auswirkungen auf das gesamte Netz.

Kritik an zusätzlichen Gaskraftwerken im Süden

Kritisch sieht er auch Seehofers Plan, den Freistaat mit zusätzlichen Gaskraftwerken von Leitungen unabhängig zu machen. Damit seien die Probleme der Energiewende immer noch nicht gelöst. Im Norden fände ein Überangebot an Windstrom keine Abnehmer und im Süden würden Gaskraftwerke angeworfen. "Das führt zu hohen Kosten, die der Konsument tragen muss", sagte Hartman. Im übrigen könne es nicht Ziel der Energiewende sein, Strom nur noch subventioniert herzustellen.

Derzeit hat die Energiewirtschaft größte Schwierigkeiten, bestehende hochmoderne Gaskraftwerke wirtschaftlich zu betreiben, weil so viel Ökostrom eingespeist wird. Ohne Stromtrassen laufe der Süden der Republik Gefahr, dass hier der Strom teurer werden könnte als im Norden. Eine Argumentation, die Seehofer als Quatsch abgetan hatte.

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