Stromstraße in Bayern:Hochspannung im Trassenstreit

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Den Protest der Bürger gegen die Gleichstromtrasse unterstützt auch Ministerpräsident Seehofer. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Mit allen Mitteln will er dagegen kämpfen: Horst Seehofer wehrt sich gegen den Bau von Stromtrassen in Bayern. Doch die Netzbetreiber halten an ihren Plänen fest. Und auch das Wirtschaftsministerium verpasst dem Ministerpräsidenten einen Dämpfer.

Von Mike Szymanski

Die vier großen Netzbetreiber in Deutschland halten trotz der Proteste vieler Bürger und der bayerischen Staatsregierung weiter an der umstrittenen Stromautobahn von Sachsen-Anhalt nach Meitingen bei Augsburg fest. Die 450 Kilometer lange Gleichstromtrasse, die Teil der Energiewende sein und Strom aus dem Norden nach Bayern transportieren soll, findet sich auch im Entwurf des Netzentwicklungsplans 2014 wieder, der noch bis Ende Mai zur Beratung ausliegt und Grundlage für den weiteren Netzausbau sein soll.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte ein Stromtrassen-Moratorium gefordert und verlangt, dass mit der Reform des Ökostromfördergesetzes EEG durch die neue Bundesregierung auch die Notwendigkeit aller Trassen noch einmal überprüft wird. Er selbst hält die Leitung von Sachsen-Anhalt nach Meitingen für "nicht notwendig" und hat angekündigt, mit allen Mitteln dagegen zu kämpfen.

Die große Koalition in Berlin hat die Rahmenbedingungen für den Ökostromausbau verändert. Die Förderung wird, auch nach Protesten aus den Bundesländern, nur moderat zurückgefahren. Für die Bedarfsanalysen der Netzbetreiber kamen die neuen Vorgaben zwar zu spät, die Untersuchungen beruhen im wesentlichen noch auf Daten mit Stand August 2013. Allerdings rechnen die Firmen sowieso drei verschiedene Szenarien durch.

Sie gehen mal von einem gemäßigten, mal vom planmäßigen und einmal von einem erhöhten Ausbau bei den Erneuerbaren aus, um so eine "Vielzahl möglicher zukünftiger Entwicklungen" abbilden zu können. Den neuen Zielen der Bundesregierung komme das Szenario mit dem gemäßigten Ausbau "recht nahe". Und auch dieses bestätigt: Die umstrittene Trasse werde gebraucht.

Netzbetreiber wehren sich gegen Vorwürfe

Die bisherigen Pläne blieben ein "solider Kern". Möglicherweise könnte man Zeit bei dem einen oder anderen Projekt gewinnen. Im Netzentwicklungsplan heißt es: "Die aktuell diskutierte Neujustierung des EEG bedeutet keine grundsätzliche Umkehr, sondern vielmehr eine leichte zeitliche Streckung der Entwicklung einzelner Erzeugungsarten wie der Windkraft." Dadurch würden geplante Ausbaumaßnahmen keineswegs "obsolet".

Die Netzbetreiber wehren sich auch gegen den Vorwurf, am Bedarf vorbeizuplanen. Sie bauten "nur ein Netz, das nötig ist, um die Energiewende effizient und sicher zu ermöglichen". Ohne Netzausbau könne der Atomausstieg nicht gelingen. "Wenn er weiterhin hinter der Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Erzeugungsanlagen zurückbleibt, sind die Ziele der Energiewende und die Versorgungssicherheit gefährdet", warnen sie.

Kurz vor Ostern hatte auch das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin unter Sigmar Gabriel (SPD) in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen deutlicher als bisher Stellung bezogen: "Eine Eigenversorgung Bayerns ist unter den gegebenen rechtlichen, ökonomischen und technischen Rahmenbedingungen weder realistisch noch anzustreben." Bayern werde auf Windstrom aus dem Norden angewiesen sein und damit Trassen brauchen. "Konkrete Alternativen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Bayern liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor", hieß es in dem Schreiben.

Aigner ist skeptisch

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ärgert sich darüber, dass die Netzbetreiber weiterhin an der Leitung festhalten. Sie sehe den von den Unternehmen ermittelten Bedarf "skeptisch". Nur "unumstritten für die Energiewende benötigte Leitungen" dürften gebaut werden. Und gerade die Trasse nach Meitingen werfe noch viele Fragen auf. Aus Sicht der Staatsregierung wären Bayerns Probleme bei der Energiewende zunächst bis 2020 gelöst, wenn der Freistaat ein zusätzliches Gaskraftwerk genehmigt bekäme. Dagegen wehrt sich bislang die Bundesnetzagentur. Aigner erklärte: "Wenn in Norddeutschland Flaute herrscht, helfen auch Windstromleitungen nicht. Daher muss der Bund rasch dafür sorgen, dass in Bayern neue Kraftwerkskapazitäten per Ausschreibung gebaut werden können."

© SZ vom 24.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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