Streit um Münchner Olympia-Bewerbung:Gespannte Ruhe in Garmisch

Das Nein der Grünen zur Olympia-Bewerbung kommt für die Gegner in Garmisch-Partenkirchen zur rechten Zeit: Denn den Widerständlern im Oberland droht die Luft auszugehen. Es ist eine gewisse Diskussionsmüdigkeit eingekehrt.

Heiner Effern

Der Abstimmungserfolg der Olympiagegner bei den Grünen kommt für Axel Döring gerade zur rechten Zeit. Der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz in Garmisch-Partenkirchen ist das Pendant zur stets strahlenden Katarina Witt, man kann ihn getrost als das Gesicht des Widerstands gegen Winterspiele 2018 im Werdenfelser Land bezeichnen. "Das Ergebnis ist Wasser auf die Mühlen der Gegner", freut sich Döring, er erwarte "einen Schub" für die Widerständler.

Bilderserie Garmisch-Partenkirchen

Friedlich ist es in Garmisch-Partenkirchen - zumindest auf den ersten Blick.

(Foto: JOHANNES SIMON)

Die Hoffnung auf neuen Schwung zeigt aber vor allem eines: dass den Gegnern der Winterspiele in den vergangenen Wochen ziemlich der Schwung ausgegangen ist. Vom fix angekündigten Bürgerbegehren gegen Olympia in Garmisch-Partenkirchen ist zum Beispiel seit geraumer Zeit nichts mehr zu hören. Umweltschützer Döring will sich nicht einmal festlegen, ob es überhaupt noch kommt. Es gebe juristische Probleme, mehr will er nicht sagen. Auch die lange erzürnten Grundbesitzer halten still: Aus den immer noch laufenden Verhandlungen mit der Bewerbungsgesellschaft dringt nichts Negatives mehr.

Das Abflauen des Widerstands begann mit der Verkleinerung des geplanten olympischen Dorfes in Garmisch-Partenkirchen. Der Durchbruch in der Planung, wie ihn die Befürworter bezeichnen, hatte zur Folge, dass viele verärgerte Grundstückseigentümer nicht mehr gebraucht wurden. Und viele Bauern verzeichneten den Kompromiss, den Staatskanzleichef Siegfried Schneider mit Vertretern alteingesessener Vereine ausgehandelt hatte, als Sieg: Der Grüngürtel werde nicht angetastet, der Stieranger im Dorf ebenfalls nicht, so die Botschaft Schneiders. Sieger neigen dazu, sich gerne mal zurückzulehnen.

Dazu kommt, dass nach einem halben Jahr harter Auseinandersetzungen im Ort, insbesondere nach der heißen Phase bis zum Gemeinderatsbeschluss für Winterspiele im Jahr 2018, sich eine spürbare Diskussions-Müdigkeit breit machte. Dörings ehrenamtlichen Streitern gegen Olympia ging gleichzeitig die Luft aus: "Wir haben ja auch noch Arbeitgeber", sagt Döring. Gegen das 33 Millionen-Budget der Bewerbung fehlten auf Dauer die Mittel. Ans Aufgeben denkt er aber nicht: "Es gibt kleinen Grund, die Meinung zu revidieren. Ein Großteil der Menschen hat es nicht getan."

Doch das bleibt Spekulation, denn wie die Garmisch-Partenkirchener wirklich zu Winterspielen stehen, das weiß derzeit niemand. Die Lage ist auch deshalb diffus, weil die Gegenbewegung zu den Spielen nie eine homogene Gruppe war: Da gab es die SPD und die CSU in Garmisch-Partenkirchen, die sich für ortsverträgliche Spiele einsetzten. Da gab es einheimische Vereine mit ähnlichen Zielen. Da gab es die Bauern und Grundbesitzer, deren Wiesen von den Bewerbern schon fest verplant waren, bevor sie davon überhaupt erfuhren. Da gab es Umweltschützer, die das Großereignis prinzipiell nicht haben wollen.

Wer Olympia immer noch ablehnt und wer die Seiten gewechselt hat, weiß man nur aus dem Gemeinderat: Die Fraktionen von CSU und SPD lehnten dort im Oktober die Bewerbung nicht mehr geschlossen ab. Die Fraktionsvorsitzende der CSU, Elisabeth Koch, gehörte zu denen, die nach langem Zögern der Bewerbung im letzten Moment doch noch zustimmten. Weil gerade so viele Bedingungen der Olympia-Gegner erfüllt wurden, dass Koch es für vertretbar hielt. Nun verspürt sie im Ort "eine gespannte Ruhe". Gerade rücke die im kommenden Februar in Garmisch-Partenkirchen stattfindende Ski-WM in den Vordergrund. Wo die Fronten bei Olympia derzeit verlaufen, mag auch die alteingesessene Partenkirchenerin nicht abzuschätzen.

Doch die momentane Ruhe kann trügerisch sein, auch für die Bewerber. Sie können sich nicht sicher sein, die Stimmung bereits endgültig gedreht zu haben. Schon einmal schätzte man in München die Situation in Garmisch-Partenkirchen völlig falsch ein. Ein zweites Mal wäre das für die Bewerbung fatal.

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