Streit in der CSU:Heiter bis wolkig

"Ist halt schade, dieser Vorgang": Horst Seehofer versucht den Hauskrach in der CSU kleinzureden. Doch Gesundheitsminister Markus Söder gießt weiter Öl ins Feuer.

Kassian Stroh

Ein kleines Unwetter ist über die CSU hinweggezogen. Am Tag danach versucht der Parteichef, die Tropfen abzuschütteln und wieder Sonnenschein herbeizureden. "Ist halt schade, dieser, äh ...", sagt Horst Seehofer, zögert lange und findet schließlich ein Wort: "... dieser Vorgang."

Dieser Vorgang - also die Rarität, dass der CSU-Landesgruppenchef über seine Parteifreunde in München herzieht und sie permanenter "Störfeuer" bezichtigt. So geschehen am Dienstag. Er werde keine Äußerung kommentieren, sagt Seehofer, aber schade sei das halt, "weil wir prächtig unterwegs waren als CSU und weil es natürlich für ein paar Tage beeinträchtigt".

Die Sonne würde also scheinen, würden nicht von Berlin her Regenwolken in den Süden geschickt. Aber auch die werden sich verziehen, das ist Seehofers Botschaft und Hoffnung.

Am Mittwoch bemühten sich die meisten Christsozialen, die Relevanz der Ereignisse kleinzureden. Am Montag hatte sich in der CSU-Landesgruppe im Bundestag der Unmut entladen. Namentlich wurde vor allem der bayerische Umweltminister Markus Söder für seine FDP-Attacken in der Gesundheitspolitik gerügt.

Und viele verstanden das auch als Kritik an Seehofer, den manche ebenso als Koalitionsstörenfried sehen, auch wenn sein Name nicht fiel. Das mag ja noch eine der periodisch wiederkehrenden Entladungen der CSU-Bundestagsabgeordneten gegen die nicht immer geliebten Parteifreunde in München gewesen sein.

Doch was anderntags folgte, war neu: Da trat Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich vor die Presse und wiederholte die Kritik in aller Schärfe. An einen vergleichbaren Vorfall unter seinen Vorgängern kann sich niemand erinnern. Zudem gilt Friedrich nicht als Polterer, sondern als einer, der sich genau überlegt, was er tut.

In der Sitzung der Landtagsfraktion am Mittwoch gab es Kopfschütteln über sein Vorgehen, zugleich wurde allseitige Abrüstung gefordert. In der Sache bekam Söder von den Abgeordneten recht: Da die Bayern Leidtragende der Gesundheitspolitik seien, sei es wichtig, eigene Interessen deutlich zu machen, so der Tenor.

Söder goss als Einziger ein bisschen Öl ins Feuer. Während er an den Journalisten vorbei eilte, ballte er die Faust und murmelte: "Immer rauf auf die Landesgruppe!" Später ließ er noch wissen: "Ich bin zuständig, ich leite die Gesundheitskommission der CSU" - ein Angriff auf Friedrich, der tags zuvor die störenden "Äußerungen von nicht zuständigen Politikern aus dem Süden des Landes" gegeißelt hatte. Söders lautes Zurückkeilen gegen Friedrich indes hat auch einige seiner Münchner Parteifreunde verstört.

Die Bundestagsabgeordneten sind gleichwohl zufrieden, dass ihr Chef mal auf den Tisch gehauen hat. Sie klagen, sie könnten nicht in Ruhe regieren, da die eigenen Leute ständig Unruhe in die schwarz-gelbe Koalition hineintrügen. Und zudem würden sie von den Wählern gefragt, was bitte denn das ganze Theater in Berlin solle. Friedrich ist der Kurs seines Parteichefs, sich gegen die Koalition zu profilieren, schon länger zuwider.

Nun bemühte sich Seehofer zwar, Interpretationen zu zerstreuen, hinter Friedrichs Philippika stecke mehr: etwa eine Machtprobe oder zumindest der Versuch, Freiraum gegenüber dem CSU-Chef zu erkämpfen. Doch dass es nicht nur um eine kleine Auseinandersetzung geht, ließ er denn doch erkennen, als er jene "Geschlossenheit" anmahnte, die die CSU "groß und stark gemacht" habe.

Von den Kommunen über Land und Bund bis hin nach Europa müsse die CSU als Einheit auftreten, mahnte er als "ehernes Grundprinzip" an. Doch in Berlin wie München reden viele von ernsten Kommunikationsdefiziten zwischen den verschiedenen Ebenen. Eine erste Konsequenz will Seehofer ziehen: Den regelmäßigen Jour Fixe führender CSU-Vertreter aller Ebenen soll es wieder geben - zumindest einmal im Monat.

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