Streit in der CSU:Ein Friedensgipfel für Seehofer und Söder

Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

Horst Seehofer und Markus Söder triezen sich mit Leidenschaft.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • CSU-Fraktionschef Kreuzer will ein gemeinsames Gespräch mit Parteichef Seehofer und Finanzminister Söder vereinbaren, um zwischen den beiden zu vermitteln.
  • Der Streit ist vor zwei Tagen eskaliert, als Seehofer seinen Finanzminister wegen eines Interviews mit deutlichen Worten abkanzelte.
  • Innenminister Joachim Herrmann, der manchen auch als möglicher Nachfolger Seehofers gilt, hält sich bislang aus der Sache raus.

Von Olaf Przybilla und Wolfgang Wittl

Markus Söders Auftritte erinnern derzeit an einen bekannten Werbespot vor 25 Jahren. Nun gut, die Haare sind vielleicht nicht so lang und füllig wie die der Hauptfigur, die Gesichtszüge weniger feminin, auch Haarspray spielt keine Rolle. Aber die Choreografie stimmt. Egal, ob morgens, mittags oder abends: Sein Text hält. Ob beim Termin im Finanzministerium, ob vor der Sitzung der Landtagsfraktion oder beim Bezirkstag der Münchner CSU - Söder sagt, man könne mit ihm gerne über jede Sachfrage reden, über eines jedoch nicht: über das neue Zerwürfnis mit Parteichef Horst Seehofer.

Söder gibt sich wortkarg bis entspannt, Seehofer weilte bis Mittwoch in Berlin, aber der große Rest der CSU befindet sich in Alarmbereitschaft. Wie ernst die Lage ist, zeigte am Mittwoch ein Vorschlag von Fraktionschef Thomas Kreuzer. Er wolle ein gemeinsames Gespräch mit Seehofer und Söder vereinbaren, teilte Kreuzer der Fraktion nach Angaben von Teilnehmern mit. Die Sache könne sonst gefährlich werden, sie dürfe sich nicht wiederholen.

Ein Friedensgipfel also soll die CSU wieder zusammenschweißen. Den Landtagsabgeordneten gefällt diese Idee, auch Söder klatscht kräftig mit. Lust auf einen Krieg zwischen den beiden Stärksten in der Fraktion hat kaum einer der Abgeordneten. Der finale Showdown zwischen Seehofer und Söder, den manche schon kommen sahen, soll vertagt werden. Ob allerdings auch Seehofer Interesse an so einem Gespräch hat, bezweifeln einige. Diesmal aber wird es wohl zu einer Aussprache kommen, sonst hätte Kreuzer sie nicht bereits indirekt verkündet. Trotzdem: Seine Einstellung gegenüber Söder werde Seehofer nicht mehr ändern, sagt einer.

Ein anderer, den das Thema auch etwas angehen könnte, sagt dazu nichts in der Fraktion. Aber warum sollte er auch, wo er sich in der Nachfolgedebatte gerade einen Ruf als großer Schweiger erworben hat. Es reicht ja, dass Innenminister Joachim Herrmann immer häufiger von anderen als derjenige genannt wird, den Seehofer ausersehen haben könnte, wenn er von einem neuen CSU-Chef mit Sitz in Berlin spricht.

In Mittelfranken, der Heimat von Söder und Herrmann, fürchten hochrangige Parteimitglieder schon eine "Zerreißprobe" in der fränkischen CSU. Da ist Herrmann, der Bezirksvorsitzende der CSU Mittelfranken, der plötzlich als neuer Parteichef von Seehofers Gnaden gehandelt wird. Und da ist Söder, der Vorsitzende des CSU-Bezirksverbands Nürnberg-Fürth-Schwabach, der um beide Ämter kämpft, der sowohl Parteichef als auch Ministerpräsident werden will. Der aber womöglich beides nicht wird, sollte Herrmann als Minister und CSU-Chef nach Berlin gehen. Herrmann als CSU-Chef und Söder als Ministerpräsident - das funktioniert nicht in der CSU, das wäre viel zu viel Franken, das wissen sie auch in den fränkischen Verbänden.

"Es will am Ende keiner mit dem Söder-Stigma herumlaufen."

Und so halten es plötzlich manche in der Nürnberger CSU für möglich, dass ihr Bezirkschef Söder mit leeren Händen aus dem Streit mit Seehofer gehen könnte. Ein Mitglied des Bezirksvorstands sagt, es gebe in Nürnberg nun bereits Söder-Parteigänger, die offenkundig ins Grübeln kämen. "Es will am Ende keiner mit dem Söder-Stigma herumlaufen." Wenn es ganz schlecht laufe für Söder, könnte das am Ende hinderlich sein für die eigene Karriere.

Könnte es zur offenen Konfrontation zwischen den beiden CSU-Bezirksverbänden aus Mittelfranken kommen? Dafür gebe es noch keine Anzeichen, sagt ein Parteioberer. Das aber auch deshalb, weil Herrmann keine Signale aussende, die man als offenen Machtkampf zwischen Söder und ihm interpretieren könnte.

In Söders Verband erntet Herrmann dafür Respekt, fast schon Bewunderung. "Der ist die Gelassenheit in Person", sagt jemand aus dem Vorstand, "ein Wahnsinn, wie der das macht." Man spüre lediglich, "dass sich da eine Koalition der Oberbayern Seehofer-Dobrindt-Aigner gemeinsam mit dem Franken Herrmann" bilde. Aber es sei "fast unmöglich, das konkret festzumachen". Herrmann habe in Söders Reihen "keiner mehr auf dem Schirm gehabt". Und nun könnte ausgerechnet der Kollege aus Erlangen dem Nürnberger Söder die Suppe versalzen? In Söders Reihen hätten sie über diese Variante vor Kurzem noch heftig gelacht. Derzeit lacht keiner mehr bei der Vorstellung.

Birgitt Aßmus, CSU-Fraktionsvorsitzende im Erlanger Stadtrat, arbeitet seit mehr als 20 Jahren politisch mit Herrmann zusammen. Wenn er im kleinen Kreis Andeutungen machen würde, dass es demnächst zu innerfränkischen Duell kommen wird - Aßmus würde es mitbekommen haben. Hat sie aber nicht. "Solche Debatten gibt's in Erlangen nicht", sagt sie, und zwar schon deshalb, "weil Joachim Herrmann so was nicht zulassen würde". Er sei keiner für die Hinterzimmergespräche über persönliche Karrierepläne. Was die Erlanger CSU-Kreisvorsitzende, Alexandra Wunderlich, genauso schildert und mit einer Anmerkung anreichert.

Reden über eigene Karrierepläne, das sei eine Typ-Frage, sagt sie. "Der eine macht es, der andere macht es nicht." Herrmann ist der, der es nicht macht. Einen sehr guten Draht habe sie zu ihrem Bezirksvorsitzenden. Und sie hoffe, dass "das auch bei größerer Entfernung zu Erlangen so bleibt". Was man durchaus so deuten könnte, dass sie bei der Erlanger CSU längst in Betracht ziehen, dass Herrmann demnächst von Berlin aus agiert.

Doch noch ist der Streit zwischen Seehofer und Söder das beherrschende Thema in der CSU. Das Muster wiederholt sich: Söder prescht vor, Seehofer maßregelt ihn überdeutlich, die Basis reagiert verstört. So war es auch bei der legendären Weihnachtsfeier 2012, danach gab es das bislang einzige Friedensgespräch zwischen beiden. Am Ende stand eine gemeinsame Erklärung, dass man sich wieder vertragen wolle. Zuvor hatte Seehofer Söder aber eine halbe Stunde den Kopf gewaschen.

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