Straßenausbaubeitragssatzung:CSU schafft "Strabs" ab

Die Mehrheitsfraktion legt einen Gesetzentwurf vor und erledigt damit den Wahlkampfschlager der Freien Wähler

Von Lisa Schnell

Im Plenum des Landtags gibt es Rituale. Ein solches war in den vergangenen Wochen zu beobachten, wenn Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler (FW), ans Rednerpult trat. Ein Wort durfte in seinen Reden nicht fehlen: Straßenausbaubeitragssatzung. Den Anfang hörte man noch, der Rest ging unter im Geraune der CSU-Abgeordneten.

Die konnten Aiwangers Drängen, die Beiträge abzuschaffen, nicht mehr hören. Aiwanger aber ist bemüht, die Welt wissen zu lassen, dass die Idee von ihm stammt. Der Wähler könnte da durchaus durcheinanderkommen, schließlich ist es an diesem Mittwoch die CSU-Fraktion, die zur Pressekonferenz lädt mit dem Titel: Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Schon bei ihrer Januarklausur in Kloster Banz, als klar wurde, auf wie viel Zuspruch die FW mit ihrer Forderung bei Hauseigentümern stießen, war auch die CSU dafür. Zuvor war sie dagegen. Jetzt, sechs Monate vor der Landtagswahl, entlastet sie die Hauseigentümer. Als Stichtag steht im Gesetzentwurf, den die Fraktion am Mittwoch ohne Gegenstimmen beschloss, der 1. Januar 2018.

Alle Bescheide, die bis dahin verschickt wurden, müssen bezahlt werden. Das soll auch für Vorauszahlungen gelten. Bescheide, die nach dem 1. Januar verschickt wurden, sind dagegen nicht mehr als ein Stück Papier. Hat ein Eigentümer schon bezahlt, muss die Gemeinde ihm die Gebühren zurückerstatten. Sie hat dafür bis zum Mai 2019 Zeit, um sicherzustellen, dass genügend Geld im Haushalt vorhanden ist.

Zusätzliche Kosten aber sollen auf die Bürgermeister nicht zukommen. "Wir werden die Kommunen nicht im Regen stehenlassen", verspricht CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Alle Rückerstattungen, die sie an ihre Anlieger zahlen müssen, bekommen die Gemeinden vom Freistaat wieder - und damit vom Steuerzahler. Der springt auch bei Fällen ein, in denen die Gemeinden zwar schon zu bauen oder planen angefangen haben, aber noch keine Bescheide verschickt hatten. Das gilt allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Gemeinden mussten bis spätestens 11. April 2018 eine Satzung zur Erhebung von Straßenbeiträgen erlassen haben, die Ausgaben bis zu diesem Zeitpunkt im Haushaltsplan vermerkt und das Vergabeverfahren für die erste Bauleistung eingeleitet haben. So steht es im Gesetzentwurf der CSU-Fraktion. Kreuzer rechnet damit, dass die Rückerstattungen den Freistaat in den nächsten Jahren insgesamt 300 Millionen Euro kosten werden.

Etwa 65 Millionen Euro verlangten die Gemeinden pro Jahr über das alte System von ihren Hauseigentümern. Nachdem dieses nun nach fast 50 Jahren abgeschafft werden soll, sind vor allem Bürgermeister gespannt, von wem und wie viel Geld sie in Zukunft bekommen sollen. Von wem, darauf hat die CSU-Fraktion eine Antwort. Von 2019 an soll der Freistaat den Kommunen bei der Erneuerung von Straßen finanziell beistehen. Nach welchen Kriterien das Geld verteilt wird, ist aber noch nicht klar. Sie sollen zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet werden. Der Freistaat müsse sich angemessen beteiligen, fordert Bernd Buckenhofer, der Geschäftsführer des bayerischen Städtetags und betont, dass nicht alle Bürger entlastet würden, sondern nur die Eigentümer. Es sei diskutiert worden, die Kommunen mit 100 Millionen Euro pro Jahr und damit 35 Millionen Euro mehr als bislang zu unterstützen, sagt Kreuzer. Zudem sei es gerecht, wenn zu Anfang nur die Kommunen gefördert würden, die Beiträge erhoben hatten. Anderenfalls würde eine wohlhabende Stadt wie München, die bis jetzt keine Beiträge nötig hatte, anderen bedürftigen Kommunen die Fördermittel wegnehmen, sagt Staatskanzleichef Florian Herrmann. Nach einer gewissen Zeit aber könnten auch Gemeinden unterstützt werden, die keine Satzung hatten. Ginge es nach der CSU, könnten die Freien Wähler ihr Volksbegehren nun einstellen, schließlich seien alle Forderungen daraus erfüllt.

Ein paar Meter weiter auf den Landtagsfluren vor den Büros der FW sehen sie das ganz anders. Solange das Gesetz nicht verabschiedet ist, bleibe das Volksbegehren "scharf", sagt Generalsekretär Michael Piazolo. Aiwanger zeigt sich "enttäuscht" von den CSU-Vorschlägen. Alle Kommunen sollten in Zukunft unterstützt werden, ob mit oder ohne Satzung. Außerdem will er eine Rückerstattung der Beiträge bis zum Jahr 2014. Etwa 700 Millionen Euro würde das laut CSU-Fraktionschef Kreuzer kosten. Populistisch nennt er eine solche "Freibiermentalität".

Nächste Woche soll der Gesetzentwurf in die erste Lesung gehen. Dann wird sich das Ritual im Landtag wohl wiederholen und in den Reihen der CSU wieder das große Kopfschütteln losgehen, wenn Aiwanger ans Rednerpult tritt.

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