Störenfried der Koalition:Raufbold Dobrindt

Spitzname "Doofbrindt": CSU-Generalsekretär Dobrindt betitelt finanzielle Hilfen für Taliban als "Taliban-Abwrackprämie" und stänkert gerne gegen Minister. Er selbst sieht sich als "Klartextgeneral".

Stefan Braun

Der Mann stürzt sich mit Lust ins Getümmel. Ob Freund, ob Feind - er rauft gerne. Und wenn sich darüber, wie zurzeit, nicht nur die politischen Gegner, sondern auch die Partner in der Berliner Koalition erregen, kann Alexander Dobrindt daran auch nicht viel finden. Nein, heißt es aus München, von derlei lasse er sich nicht aus der Bahn werfen.

Alexander Dobrindt, ddp

Alexander Dobrindt will der Klartext-General in der Koalition sein.

(Foto: Foto: ddp)

Das jedenfalls ist das Bild, das der CSU-Generalsekretär gerne von sich zeichnen möchte. Und so stellt er sich auch dar in diesen Wochen, in denen kaum ein Tag vergeht, an dem Dobrindt nicht mit neuen, oft sehr zugespitzten Bemerkungen die FDP-Minister Guido Westerwelle, Rainer Brüderle oder Philipp Rösler angreift. Attacke gehöre zum Geschäft, heißt es dazu. Dobrindt selbst sagt, ein CSU-Generalsekretär sei "unter allen Generalsekretären eben der Klartextgeneral".

Dobrindts "Taliban-Abwrackprämie" erntet Kopfschütteln

Nun könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass das eben so ist und Dobrindts Äußerungen schon deshalb irgendwann nicht mehr so viel bedeuten. Die Stimmungslage in der schwarz-gelben Koalition allerdings vermittelt etwas anderes.

Seitdem der CSU-Mann kurz vor der Veröffentlichung der neuen Afghanistan-Strategie der Bundesregierung den Plan, gemäßigte Taliban auch durch finanzielle Unterstützung für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, als "Taliban-Abwrackprämie" bezeichnet hat, schütteln viele Berliner den Kopf, darunter auch Christsoziale.

Fein zu beobachten war das nach Berichten von Teilnehmern in der abendlichen Runde der Kanzlerin mit den vier für Afghanistan zuständigen Ministern. Als unter den fünfen Dobrindts Äußerung zur Sprache kam, waren sich alle einig, dass er nicht nur voreilig Ideen kommentiert, sondern auch Unangemessenes gesagt habe und mit einer falschen Begleitmusik darüber hinaus die Erfolgsaussichten der Strategie gefährde. Selbst Dobrindts Parteifreund Karl-Theodor zu Guttenberg soll pikiert und peinlich berührt gewesen sein, heißt es.

Inzwischen wird Dobrindt von seinen Feinden in der eigenen Koalition schon mal als "Doofbrindt" gescholten. Andere, wie die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger, kommentieren sein Tun mit den Worten, der CSU-Generalsekretär sei halt nicht ausgelastet und in Wahrheit "auch nicht relevant".

Doppelschlag gegen Minister

Wieder andere freilich, und die muss man nicht nur bei der FDP, sondern auch bei der CDU verorten, fürchten Dobrindts fast ungezügelte Angriffslust, die sich auch seit dem Treffen der drei Parteichefs am 17. Januar im Kanzleramt nicht wirklich abgeschwächt hat.

Vor seiner "Taliban-Abwrackprämie" hatte Dobrindt Außenminister Guido Westerwelle während dessen Visite in der Türkei vor "Geheimabsprachen" mit der Regierung in Ankara gewarnt. Derlei Attacken während einer Auslandsreise des Außenministers versagen sich üblicherweise selbst Oppositionsparteien.

Und nur kurz nach seinen Afghanistan-Äußerungen griff sich Dobrindt quasi im Doppelschlag Gesundheitsminister Philipp Rösler und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, um den einen (Rösler) zum harten Arbeiten aufzurufen und dem anderen (Brüderle) beim angestrebten Entflechtungsgesetz in die Parade zu fahren.

Bei den Freien Demokraten halten sich seither Zorn und Trotzigkeiten die Waage. Und bei den Christdemokraten macht sich die Sorge breit, Dobrindt könnte vor allem erfolgreich sein beim Bemühen, das ohnehin mangelhafte Image der Koalition durch demonstrative Uneinigkeit weiter in den Keller zu treiben.

Dabei rätseln Freund und Feind inzwischen, ob Dobrindt im Auftrag seines Parteichefs handelt oder sich "schon verselbständigt hat", wie es einer aus der CDU-Spitze ausdrückt. Als Ursache nennen alle zuerst eines: dass die CSU noch immer "total verunsichert" sei und weiter zuvorderst "sich selbst sucht".

In der Tradition des "Klartextgenerals"

Fragt man Dobrindt persönlich, was ihn derzeit antreibt, dann trifft man auf strotzendes Selbstbewusstsein - und das Gefühl, dass der Ärger der anderen ihm eine Bestätigung ist, mit den Sticheleien und Attacken richtigzuliegen.

Die Rolle des "Klartextgenerals" habe Tradition in der CSU, da sei er keine Ausnahme. Nehme er die Rolle ernst, dann sei es schlicht seine Aufgabe, "politische Diskussionen öffentlich zu machen", also "den Scheinwerfer sehr scharf auf konkrete Punkte zu lenken". Andere würden von "Zuspitzen" reden, er bevorzuge das Bild vom grellen Licht, das nötig sei, um Debatten zu fördern.

Als sich Dobrindt zu Beginn seiner Amtszeit im CSU-Vorstand vorstellte, sagte er, er verstehe sich als "General gegenüber dem Wettbewerber" und als "Sekretär gegenüber der eigenen Partei". Nicht überliefert ist, ob der CSU-Politiker Guttenberg das derzeitige Verhalten Dobrindts genauso beschreiben würde. In seinem Gesicht ist am Montag beim Treffen mit Merkel eine ganz andere Geschichte zu lesen gewesen.

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