Stille Wasser:Netzwerker mit Tradition

Diessen: Ammersee-Fischer SIMON RAUCH

Erfahren: Simon Rauch war zum ersten Mal als Sechsjähriger mit beim Fischen, das ist 64 Jahre her.

(Foto: Johannes Simon)

Die Familie von Simon Rauch fischt seit 700 Jahren auf dem Ammersee

Als Simon Rauch ein kleiner Bub war, wollte er Schauspieler werden. Keiner dieser Hollywood-Mimen, ein Volksschauspieler wie Gustl Bayrhammer. Doch den Ammersee verlassen? Das kam für Rauch, den in Dießen viele nur "den Gaugg" nennen, nicht in Frage. Er wurde Fischer wie schon Generationen vor ihm. Seit 700 Jahren fischen die Rauchs auf dem See. Mit sechs Jahren fuhr er zum ersten Mal hinaus. 64 Jahre ist das her und noch immer wirft Rauch seine Netze aus. Seine Hütte ist eine der ältesten am Ammersee, windschief, aber denkmalgeschützt steht sie nahe des Anlegestegs in Dießen. Alte Netze hängen am schmalen Holzsteg, das Ganze erinnert an eine Filmkulisse. Die Touristen haben an diesem heißen Julitag keinen Blick dafür, sie warten wenige Meter daneben auf den Schaufelraddampfer, der schnaufend zum Steg manövriert.

Auf seine verwunschene Hütte angesprochen, reagiert Rauch nüchtern. "Mei, die sieht aus wie immer." Rauch sitzt in seinem Garten wenige Meter von der Fischerhütte entfernt, vor ihm üppig blühende Beete und Balkonkästen, auf der anderen Straßenseite in Bassins wachsen die Bachsaiblinge. Jeden Tag fährt er nicht mehr auf den See, nur noch wenn es sich lohnt. Im Sommer fängt er Renken, den Brotfisch der Ammerseefischer, im Herbst Hecht und Zander. Seine Frau Maria räuchert und verkauft die Fische an Restaurants, Stammkunden und Passanten. Vom Fang allein kann Rauch nicht mehr leben. Die Situation ist schwierig, die Renken werden nicht mehr so groß wie früher, es gibt immer wieder Algen im See. Er sei ja jetzt Rentner und habe vorgesorgt, sagt er, "aber ein Junger kann davon nicht leben".

Die Vorstellung, der Letzte zu sein, wischt Simon Rauch weg. Sentimentales mag er nicht: "Wenn ein Bauer nicht mehr davon leben kann, dann hört er eben auf." Seine Tochter wurde Fischermeisterin wie er - und gab den Beruf auf. Der Enkel lernte gleich etwas anderes. Zusperren kommt für Simon Rauch trotzdem nicht in Frage: "Wer weiß, ob sein Bua das in 15 oder 20 Jahren übernehmen will." Die Fischerei sei eine Wissenschaft für sich, man müsse mit der Raffinesse der Tiere mitgehen, sonst bleibe man zurück, sagt Rauch. Noch sieht es nicht danach aus. Dem 70-Jährigen macht niemand so schnell etwas vor. "Ich war immer leidenschaftlicher Fischer", sagt er, zögert, "und bin es noch."

Auf die Schauspielerei musste er übrigens nicht verzichten. Rauch spielte lange im Herrschinger Bauerntheater Geschichten aus dem Leben. "Das geht jetzt nicht mehr, ich kann mir nicht mehr so viel merken", sagt er. Und dann durfte der Fischer doch noch vor die Kamera: "Ich spielte einen Bürger in ,Dahoam is dahoam' ", sagt Rauch, nur zwei Sätze seien das gewesen. So ganz kann er seinen Stolz nicht verstecken. "Aber dieses ständige Wiederholen würd' mich närrisch machen, da sind mir die Fische scho lieber . . .", sagt Rauch. Und die Freiheit auf dem See.

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