Steinerne Brücke in Regensburg:Arm dran, Arm ab

Brückenmandl auf der Steinernen Brücke in Regensburg, 2004

Da war noch alles heil: das Bruckmandl vor dem Verlust.

(Foto: Stadt Regensburg)

Das berühmte Bruckmandl auf der Steinernen Brücke ist das Wahrzeichen von Regensburg. Doch nun ist ihm eine Gliedmaße abhanden gekommen. Experten vermuten einen tätlichen Angriff - und die Polizei hat die Fährte aufgenommen.

Von Wolfgang Wittl

Regensburg ist gesegnet mit historischen Attraktionen: Jahr für Jahr pilgern Hunderttausende Touristen durch die Stadt, die sich immerhin als Unesco-Welterbe bezeichnen darf. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten zählen der Dom und die Steinerne Brücke mit ihrem Bruckmandl, um das sich manche Sage rankt. Doch seit einigen Tagen ist der Zustand des Wahrzeichens nicht mehr, wie er war - oder wie er sein sollte: Dem armen Bruckmandl ist der rechte Arm abhandengekommen, und die gesamte Stadt rätselt, wie so etwas geschehen konnte.

Was genau da zwischen Weihnachten und Neujahr passiert sein könnte, damit beschäftigt sich inzwischen eine ganze Armada von Fachleuten: Denkmalschützer, Bauingenieure, ja sogar die Polizei hat die Fährte aufgenommen. Aktueller Ermittlungsstand: Der Arm ist ab. Wie es dazu kommen konnte? Keine Ahnung.

5000 Euro beträgt der Schaden laut Schätzungen des Tiefbauamtes, doch was bedeutet schon schnöder Mammon, wenn es um ein Kulturgut solchen Ranges geht: Ein Bruckmandl ohne Arm - das ist wie ein Münchner Glockenspiel ohne Tanz, wie eine Nürnberger Burg ohne Turm. In Regensburg gibt es Bruckmandl-Wirtshäuser, Bruckmandl-Schnitzel (mit Meerrettich-Senf-Paste) und Bruckmandl-Bier, ein süffiges Helles in der 0,33-Liter-Flasche, das besonders von amerikanischen Touristen gern genommen wird. Nur den rechten Arm, den gibt es nicht mehr.

Zum Trost sei dem Bruckmandl gesagt: Mit seinem Armverlust ist es nicht allein. Vom Nürnberger Obelisken an der Oberen Karlsbrücke weiß man, dass der bronzene Adler schon mal den Abflug in die Pegnitz machte. Auf der Alten Mainbrücke in Würzburg werden den Heiligenfiguren wahlweise Finger, Dolche oder Strahlenkränze abgenommen. Karl Valentins Denkmal auf dem Viktualienmarkt hat seine Hand verloren, der sitzende Keiler vor dem Jagd- und Fischereimuseum in München seinen rechten Schlegel. Täter waren entweder die Natur, unachtsame Verkehrsteilnehmer oder mutwillige Randalierer. Und beim Bruckmandl?

Experten vermuten einen tätlichen Angriff auf die bedauernswerte Kreatur aus Sandstein, die in den 90er Jahren schon einmal Schaden erlitten hatte. Wurde sie diesmal nun mit einem Stein beworfen? Oder vielleicht mit einer Flasche, quasi im Bruckmandl-Bier-Rausch? Jedenfalls verspürt die herstellende Brauerei so etwas wie Verantwortungsgefühl, manche sagen auch: einen Instinkt fürs gute Geschäft.

Eine rasch installierte Facebookseite der Brauer zur Operation Bruckmandl verzeichnet bereits Tausende Besucher, am Samstag stieg eine große Rettungsaktion. Taucher der DLRG die Donau suchten in der fünf Grad kalten Donau nach dem Arm, mit dem das Mandl beim Blick auf den Dom gewöhnlich seine Augen vor der Sonne schützt. Ohne Ergebnis. Nun darf weiter darüber spekuliert werden, ob das Fragment im Schlick versunken ist, vom Wasser abgetrieben wurde oder am Ende doch auf die Straßenseite fiel und mitgenommen wurde.

Doch selbst wenn die Taucher noch fündig werden, heiße das nicht, dass der Arm wieder zu verwenden ist, wie eine Sprecherin der Stadt sagt. Denn die Bruchstellen an Körper und Kopf sind nicht nur schmerzhaft für das Stadtbild, sondern offenbar auch kompliziert zu behandeln. Möglicherweise muss das Bruckmandl, das dritte seiner Art in der Stadtgeschichte, aus Sicherheitsgründen vorübergehend sogar abmontiert werden. Einer seiner Vorgänger befindet sich im Historischen Museum, ein weiterer ist verschollen.

Einen Vorteil hat die unfreiwillige Amputation für das Bruckmandl indes. Im Sanierungsplan für die Steinerne Brücke war es erst in ein paar Jahren vorgesehen. Jetzt wird es deutlich früher auf Vordermandl gebracht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: