Städtereise-Tipps für Regensburg:Weltwursterbe

Spuren des Papstes finden sich viele in Regensburg. Aber die Stadt hat mehr zu bieten als die Steinerne Brücke und historische Kirchen: Eine einzigartige Bratwurst-Tradition zum Beispiel - und selbst einen Gratis-Aussichtspunkt.

SZ-Korrespondent Wolfgang Wittl

Regensburg bei Nacht

Malerisch: Regensburg bei Nacht.

(Foto: dpa)

Städtereisende wollen am liebsten Orte entdecken, die nicht in jedem Reiseführer oder jeder App zu finden sind. Wer könnte besser durch die Stadt führen als jemand, der dort wohnt oder zumindest eine ganze Weile gelebt hat? Süddeutsche.de hat Korrespondenten gebeten, "ihre" Stadt anhand eines Fragebogens zu präsentieren. Wolfgang Wittl, der für die SZ aus Niederbayern und der Oberpfalz berichtet, ist in Regensburg geboren. Hier erklärt er Ihnen, wo Sie gratis über die ganze Stadt schauen können, wo sich Taxifahrer und Schichtarbeiter gute Nacht sagen und wo die älteste Wurstbude steht.

Was macht Regensburg als Stadt aus?

Viele deutsche Städte werben mit italienischem Flair, Regensburg hat es tatsächlich: die meisten Patriziertürme nördlich der Alpen, die größte mittelalterliche Altstadt Deutschlands - wer hier lebt, kommt sich vor wie in einem begehbaren Museum. Doch von verstaubt kann keine Rede sein: Durch die Gründung der Universität vor gut 40 Jahren erlebte Regensburg eine Frischzellenkur, mittlerweile 25.000 Studenten haben den Muff der alten Bischofsstadt gründlich vertrieben. Dank einer geschickten Standortpolitik blüht die Stadt auch wirtschaftlich, im Wachstum liegt sie auf Platz eins in Deutschland. Was allerdings dazu führt, dass die Immobilienpreise sich langsam Münchner Niveau annähern.

Wer sich Regensburg leisten kann, wird nicht enttäuscht: Allein um die üppige Kulturlandschaft zu erkunden, sind Jahre nötig. Ausgeprägt ist auch das Selbstbewusstsein der 140.000-Einwohner-Stadt, und das nicht erst seit ihrer Ernennung 2006 zum Weltkulturerbe: Wer sich fast 600 Jahre freie Reichsstadt und Sitz des Immerwährenden Reichtags nennen durfte, weiß um seine Bedeutung - auch wenn es sich heute nur noch um das Bezirkshauptstädtchen der Oberpfalz handelt.

Diese Sehenswürdigkeit dürfen Sie nicht verpassen:

Steinerne Brücke in Regensburg

Die Steinerne Brücke ist das bekannteste Wahrzeichen der Stadt.

(Foto: dpa)

Die Steinerne Brücke und der Dom Sankt Peter sind Meisterwerke der Gotik. Das Alte Rathaus und der Goldene Turm würden in jeder anderen Stadt als Touristenattraktion Nummer eins angepriesen werden - in Regensburg sind sie eine von vielen.

Was ist noch sehenswerter - doch nur wenige Urlauber wissen davon?

Wer sich für Kirchen interessiert, wird in der ehemaligen Heimat von Papst Benedikt XVI. nicht enttäuscht: ob Schottenportal St. Jakob, Minoritenkirche, St. Blasius oder das Stift Niedermünster - hier herrscht reiche Auswahl.

Den schönsten Blick über Regensburg hat man ...

...von der evangelischen Dreieinigkeitskirche aus, allerdings kostet der auch zwei Euro. Preiswerter und dank Rolltreppe leichter zu erreichen ist die Dachterrasse im Kaufhof im Herzen der Stadt am Neupfarrplatz.

Das können Sie sich in Regensburg sparen:

Eine Fahrt mit der Altstadtbahn. Die Innenstadt ist einfach zu schön, um nur durchgeschleust zu werden.

Transport, Essen und Trinken

Hier finden Sie Wolfgang Wittls Empfehlungen für Essen und Trinken, für den kleinen Hunger zwischendurch und für Ihren Weg durch die Stadt.

So kommen Sie durch die Stadt:

Zu Fuß. Selbst wem´s pressiert: In zehn Minuten hat man die Altstadt durchquert.

Damit sollten Sie unbedingt fahren:

Renovierungsarbeiten an der Walhalla, 2006

Ruhmeshalle für bedeutende Bayern: die Walhalla bei Regensburg.

(Foto: dpa/dpaweb)

Mit einem Donauschiff über den Strudel oder zur Walhalla. Wer auf gleißende Hochglanz-Traumschiff-Optik steht, wird sich auf der neumodischen Kristallkönigin wohlfühlen. Wer es gemütlich und authentisch will, sollte sich ein kleineres Schiff suchen.

Wenn Sie hungrig sind, probieren Sie unbedingt:

Auch wenn sie in jedem Touristenführer angepriesen wird: Ein Besuch in der historischen Wurstkuchl an der Donau ist Pflicht. Bei übermäßigem Betrieb kann es jedoch passieren, dass die Bratwürste etwas blasser als sonst serviert werden. Für Süße und Vegetarierer: Der Dampfnudel-Uli kredenzt Mehlspeisen in fast allen Variationen.

Das schönste Café:

Hier ist Regensburg international aufgestellt, ohne sich zu verkünsteln: Das Palletti bietet italienisches Flair im reduzierten Sechzigerjahre-Stil, das Orphée schlichten französischen Chic. Wer im Sommer ein Café auf dem Haidplatz besucht, macht auch nichts verkehrt.

Das beste Restaurant:

Natürlich hat das prosperierende Regensburg auch gehobene Restaurants (Silberne Gans, David) und Sterneküche (Historisches Eck) im Angebot. Volkstümlicher geht es im Kneitinger-Stammhausam Arnulfsplatz zu - der einzigen Regensburger Brauerei, die sich nicht in kirchlichem Besitz befinden soll.

Der Imbiss für unterwegs:

Knacker mit allem - eine gebratene Knackwurst in der Semmel mit Essiggurken, süßem Senf und Meerrettich. Vor der Wurstbraterei Schmidl, im Volksmund Würstl-Toni genannt, sagen sich von 5 Uhr morgens an Nachtschwärmer, Schichtarbeiter und Taxifahrer gute Nacht. Oder guten Morgen, je nachdem.

Nachtleben und Kniggefragen

Wo der Abend im Nachtleben von Regensburg beginnt, wie es weitergeht und wo Sie den Sonnenaufgang am schönsten erleben.

Typisch für das Nachtleben in dieser Stadt ist ...

Wie es sich für eine richtige Studentenstadt gehört, kann man sich von Kneipe zu Kneipe durchhangeln - hier ist für alle etwas dabei. Nur Frauen sollten achtgeben: Stöckelschuhe sind wegen des Kopfsteinpflasters buchstäblich ein No-Go.

Hier beginnt der Abend:

Die Aufwärm-Zone im Sommer befindet sich auf dem Bismarckplatz im westlichen Teil der Altstadt. Wer nicht aufpasst, tritt jedoch schnell jemandem auf die Füße, so überlaufen ist der Platz inzwischen. Und morgens watet man im Müll. Im Winter empfiehlt sich einer der Christkindlmärkte.

Hier wollen alle rein:

Wer abtanzen will und sich nicht daran stört, dass er auch einigen Lokalpolitikern über den Weg läuft, der liegt mit der Suite 15 richtig.

Dabei ist es hier viel besser:

Wer zu alten Gassenhauern ein Bierchen zischen will, sollte lieber ins Gaffel-Kölsch gehen. Dass man hier nicht unbedingt original-bayerische Produkte bekommt, wird durch den Kickerkasten ausgeglichen: Dank des defekten Geldeinwurfs sind alle Spiele gratis.

Dies ist der beste Platz für den Sonnenaufgang:

Steinerne Brücke - oder 15 Kilometer weiter östlich die Stufen der Walhalla. Sofern es einen nicht stört, dass ihm eine Rotweinflasche entgegenpurzeln kann.

Mit diesem Satz kommen Sie hier gut an:

SSV Jahn Regensburg - FC St. Pauli

Auf den SSV Jahn ist man stolz in Regensburg: Hier jubelt Francky Sembolo nach seinem Treffer zum 3:0 gegen den FC St. Pauli im September 2012.

(Foto: dapd)

"Der Jahn bleibt in der zweiten Liga."

Darüber spricht man in Regensburg:

Über die CSU. Sogar die CSU spricht eifrig über die CSU, niemals aber miteinander.

Vorsicht, Fettnäpfchen!

Zu behaupten, die älteste Wurstbude stehe in Nürnberg, ist etwa so richtig wie der Satz, München wäre die nördlichste Stadt Italiens. Dass in Regensburg bereits Würste gebraten wurden, als in Franken der Rost noch gar nicht erfunden war, hat sogar ein Gericht bestätigt. Und das mit Italien weiß ohnehin jedes Kind. Zumindest in Regensburg.

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