Stadtentwicklung:Augsburg rechnet mit Wirtschafts-Boom durch neue Uni-Klinik

Stadtentwicklung: Anfang kommenden Jahres wird der Freistaat das kommunale Krankenhaus Augsburg in Bayerns sechstes Uniklinikum umwandeln.

Anfang kommenden Jahres wird der Freistaat das kommunale Krankenhaus Augsburg in Bayerns sechstes Uniklinikum umwandeln.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Bis 2019 soll das Klinikum Augsburg in ein Universitätskrankenhaus mit Forschung und Lehre umgewandelt werden.
  • Die Trägerschaft für das 1700-Betten-Krankenhaus mit 5300 Beschäftigten übernimmt dann der Freistaat.
  • Laut einer Studie zweier Wirtschaftsforschungsunternehmen sollen neben Studenten, Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern auch Tausende Beschäftigte aus dem Gesundheitssektor nach Augsburg angelockt werden.

Von Christian Rost, Augsburg

Die Umwandlung des Klinikums Augsburg in ein Universitätskrankenhaus mit Forschung und Lehre wird dem Wirtschaftsraum Augsburg einen Boom bescheren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Stadt und Landkreis Augsburg, der Kreis Aichach-Friedberg sowie die Handwerkskammer und Industrie und Handelskammer Schwaben in Auftrag gegeben haben. Rund 6500 neue Arbeitsplätze und eine Zunahme der Wertschöpfung von 400 Millionen Euro soll die Uniklinik der Region bringen.

2019 wird Bayerns sechstes Uniklinikum an den Start gehen und mit der Medizinerausbildung beginnen. Der Freistaat übernimmt dann die Trägerschaft für das 1700-Betten-Krankenhaus mit 5300 Beschäftigten von der Stadt und dem Landkreis Augsburg und richtet eine neue Fakultät ein. Jahrzehntelang haben schwäbische Kommunalpolitiker darauf gewartet. Schon 1962 wurde ihnen eine Uniklinik vom Freistaat versprochen, doch erst Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) setzte das Projekt durch, das voraussichtlich Investitionen im Milliardenbereich erfordert. Dafür werde die Klinik dann ihre "Strahlkraft in Schwaben und weit darüber hinaus entfalten", so Seehofer.

Zwei Hamburger Wirtschaftsforschungsunternehmen, die die Studie erstellt haben, kommen zu demselben Ergebnis. Neben 1500 Studenten, 100 Professoren und rund 400 wissenschaftlichen Mitarbeitern lockt die Uniklinik laut Gutachten noch Tausende weitere Menschen in den Raum Augsburg, die im Gesundheitswesen tätig sein werden.

Der Wirtschaftsforscher Michael Bräuninger und seine Kollegin Silvia Stiller haben sich die anderen bayerischen Medizinfakultäten in Würzburg, Erlangen, Regensburg und an den beiden Universitäten in München angesehen und daraus eine Prognose für den Raum Augsburg errechnet. Was dabei herauskam, fasste der stellvertretende Augsburger Landrat Heinz Liebert am Mittwoch bei der Vorstellung des Papiers so zusammen: "Das Uniklinikum ist eine Riesenchance und eine Riesenherausforderung gleichzeitig."

Es bringe nicht nur viele attraktive Arbeitsplätze nach Schwaben und Aufträge für die Bauwirtschaft mit sich. Die Stadt und die beiden Landkreise müssten ordentlich investieren, um genügend Wohnraum und Gewerbeflächen zur Verfügung stellen zu können. Auch die Verkehrsinfrastruktur müsse darauf vorbereitet werden, wenn der Pendlerstrom nach Augsburg zunehme. Schon jetzt sind im Raum Augsburg rund 20 000 Menschen im Gesundheitswesen beschäftigt, das sind gut acht Prozent der Erwerbstätigen.

Silvia Stiller meinte, dass diese Zahl noch deutlich höher liegen könnte angesichts der Tatsache, dass das Klinikum Augsburg eines der größten Krankenhäuser in Deutschland sei. "Da ist noch Luft nach oben", sagte die Mitautorin der Studie. Stiller geht davon aus, dass sich rund um die Uniklinik eine regelrechte Gesundheitsindustrie mit Dienstleistungsfirmen und Medizintourismus entwickeln wird. Stadt und Landkreise müssten nun die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich Unternehmen ansiedeln könnten. "Das ist eine Chance für den Wirtschaftsraum Augsburg", sagte Stiller.

Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Schwaben, Peter Saalfrank, sieht gar einen grundlegenden Wandel auf die Region zukommen: "Augsburg gilt bislang als Produktionsstandort. Das wird sich relativieren." Statt Schweißer und Mechatroniker würden künftig andere Fachkräfte aus den Bereichen Medizintechnik und Medizininformatik gebraucht, so Saalfrank. Ulrich Wagner, Chef der Handwerkskammer Schwaben, erwartet einen Wettbewerb "um die besten Köpfe im IT- und High-Tech-Sektor".

Die Euphorie rund ums neue Uniklinikum erhält allerdings einen Dämpfer, wenn die negativen Aspekte des Projekts zur Sprache kommen. Der Zuwachs an hoch qualifizierten Arbeitskräften wird sich beispielsweise bei den Mieten bemerkbar machen. Wie in den anderen größeren bayerischen Städten wird auch in Augsburg der Wohnraum knapp. Die durchschnittliche Monats-Kaltmiete ist mit 9,47 Euro je Quadratmeter zwar nur halb so hoch wie in München. Sie liegt aber bereits auf dem Niveau von Nürnberg. Wenn nun Tausende neue Arbeitskräfte in die Region ziehen, wird sich dies zuerst auf den Wohnungsmarkt auswirken. Vize-Landrat Liebert sieht deshalb schon Wohntürme aus dem Boden wachsen: "Wir müssen uns überlegen, ob wir künftig mehr in die Höhe bauen und nicht in die Fläche."

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