Staatsregierung:Das soziale Gewissen der CSU in der Flüchtlingspolitik geht

Staatsregierung: Kerstin Schreyer sitzt seit 2008 für die CSU im Landtag. Mit Integration hatte sie bislang nicht viel zu tun, aber sie gilt als ehrgeizig.

Kerstin Schreyer sitzt seit 2008 für die CSU im Landtag. Mit Integration hatte sie bislang nicht viel zu tun, aber sie gilt als ehrgeizig.

(Foto: Claus Schunk)
  • Die CSU-Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer soll neue Integrationsbeauftragte der Staatsregierung werden.
  • Damit würde sie Martin Neumeyer ablösen, der als Landrat nach Kelheim geht.
  • Am Dienstag stimmt das Kabinett über die Nachfolge ab.

Von Martin Mühlfenzl

Die CSU-Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer soll neue Integrationsbeauftragte der Staatsregierung werden. Am Dienstag wird das Kabinett die 45-Jährige aus dem Landkreis München voraussichtlich zur Nachfolgerin von Martin Neumeyer bestellen. Bestätigen wollte Schreyer, die stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion ist, das am Montag nicht. Es gelte "die Entscheidung des Kabinetts mit großem Respekt abzuwarten".

Ministerpräsident Horst Seehofer musste sich nach der Wahl Neumeyers zum Landrat des Landkreises Kelheim im September auf die Suche nach einem Nachfolger begeben. Der 62-Jährige hat sich als erster bayerischer Integrationsbeauftragter großes Ansehen erworben - auch beim politischen Gegner. Für viele verkörpert der Niederbayer, der seit 2003 bis zu seinem Amtsantritt als Landrat vor zwei Wochen im Landtag saß, so etwas wie das soziale Gewissen der CSU in der Flüchtlingspolitik; schließlich schreckte Neumeyer auch nicht davor zurück, Kabinettsmitglieder und Parteikollegen bei Bedarf zur verbalen Mäßigung aufzurufen.

Dass sich Seehofer nun für Kerstin Schreyer als Integrationsbeauftragte entschieden hat, hängt wohl auch mit ihrem beruflichen Hintergrund zusammen. Die Unterhachingerin hat an der katholischen Stiftungsfachhochschule in München Sozialwesen studiert und 15 Jahre lang in mehreren Funktionen in der Jugendhilfe, der Erwachsenenbildung und -psychiatrie gearbeitet. "Deshalb kann ich sagen: Ich mag Menschen und ich arbeite gerne mit Menschen zusammen", sagt Schreyer. "Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das führe ich auch in meiner Funktion als Mitglied im Sozialausschuss des Landtags fort."

Schreyer sitzt seit 2008 im Landtag und sie gilt als ehrgeizig. Welche konkreten Aufgaben auf sie zukommen, falls der Ministerrat ihrer Ernennung zustimmt, könne und wolle sie erst nach der Entscheidung beurteilen. Auch stehe noch nicht fest, wann Neumeyer das Amt tatsächlich an seine Nachfolgerin übergeben könnte. Nur so viel lässt Schreyer durchblicken: "Es gibt einige Projekte, die Martin in dieser Funktion gerne noch zu Ende bringen will." Es hatte zunächst sogar Überlegungen gegeben, ob Neumeyer auch als Landrat Integrationsbeauftragter bleiben könnte. So weit kam es dann allerdings nicht.

Das Ehrenamt des Integrationsbeauftragten gibt es seit 2009. Die Stelle ist in der Staatskanzlei angesiedelt und hat im Zuge der Flüchtlingskrise und dank Neumeyers Einsatz in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Neumeyer selbst spricht gerne von "Megathemen", die in alle gesellschaftlichen Bereiche hineinreichten; daher seien auch alle politischen Bereiche vom Thema Integration von Zuwanderern betroffen. Laut eigenem Selbstverständnis soll der Beauftragte Konzepte entwickeln, wie "die Integrationsarbeit des Freistaats noch erfolgreicher gestaltet werden kann".

Kerstin Schreyer ist auf dem Feld der Integration bisher nicht groß aufgefallen; gleichwohl sie vor allem für die Arbeit ihres Parteifreunds, des Münchner Landrats Christoph Göbel, stets Sympathie bekundet hat. Der gilt als Verfechter einer liberalen Flüchtlingspolitik, kritisiert die Staatsregierung schon mal für mangelnde Unterstützung bei der Integrationsleistung und fordert immer wieder ein Einwanderungsgesetz. "Menschen, die in unser Land kommen, müssen menschenwürdig behandelt und untergebracht werden", sagte Schreyer mit Blick auf die Flüchtlingspolitik in ihrem Heimatlandkreis. Gleichzeitig aber hadert sie mit der Bundespolitik und setzt sich vehement für eine Obergrenze bei der Einwanderung ein.

Heftige Kritik musste die Landtagsabgeordnete einstecken, als sie vor einigen Monaten auf ihrer Facebook-Seite eine fragwürdige Karikatur aus der rechten Postille Junge Freiheit veröffentlicht hatte. Schreyer sprach damals von einem Versehen und sagte, hätte sie die Quelle überprüft, wäre die Zeichnung nicht auf ihrer Seite gelandet. Sie stelle sich sehr klar gegen rechtsextreme Tendenzen.

Das freilich gehört zur Aufgabenbeschreibung einer Integrationsbeauftragten. Wer Schreyer im Amt der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden nachfolgen könnte, steht indes noch nicht fest. Sicher ist nur, dass es des Regionalproporzes wegen ein Bewerber aus Oberbayern sein wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: