Staatskanzleichefin Haderthauer:Seehofers kalte Kriegerin

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In ihrem Job als Staatskanzleichefin ist Christine Haderthauer in ihrem Element. Ungefragt zu allem berichten zu können, das liegt ihr.

(Foto: David Ebener/dpa)

Was mich nicht umbringt, macht mich härter - nach diesem Motto lebt die bayerische Staatskanzleichefin Christine Haderthauer. Auch die Modellbau-Affäre wird sie wohl überstehen. Dabei fällt nicht einmal CSU-Parteifreunden etwas Nettes über sie ein.

Von Mike Szymanski

Wer Parteifreunde auf Christine Haderthauer anspricht, bekommt eigentlich nie etwas Nettes über diese Frau zu hören, nichts jedenfalls, was eine Art Blumenstrauß sein könnte. Die Urteile reichen von "schnoddrig und kaltschnäuzig" bis zu: "Wenn sie sich die Lippen nachzieht, ist es wie wenn ein Soldat sein Gewehr putzt." Vor allem die Männer reagieren extrem auf die 51-jährige CSU-Politikerin. Aber auch bei den Frauen ist das Höchste an Freundlichkeit die Charakterisierung "machtbewusst". Um es kurz zu machen: "Mein lieber Mann", stöhnte neulich einer der CSU-Männer über Haderthauer. Sagt das nicht schon alles über diese Frau?

Seit Wochen steht Haderthauer im Fokus. Es geht um die sogenannte Modellbau-Affäre, in der die Haderthauers, Christine und ihr Ehemann, der Landgerichtsarzt Hubert, verstrickt sind. Abgefahren kann man den Fall nennen: Sie half ihrem Mann dabei, ein Kleinunternehmen aufzubauen, das Modellautos verkaufte, die von psychisch kranken Straftätern in der Arbeitstherapie hergestellt worden waren. Kunstwerke fast schon, ein Dreifachmörder hatte besonderes Talent. Die Modelle erzielten auf dem Markt Zigtausende Euro.

Plötzlich stellten sich für die Spitzenpolitikerin viele Fragen. Dürfen die Haderthauers das? Macht man das, daran auch noch zu verdienen? Welche Rolle spielte Christine Haderthauer genau in dem Unternehmen? Sie gibt an, Ende 2003 als Mitgesellschafterin ausgestiegen und operativ überhaupt nicht tätig geworden zu sein. Als sie ihre politische Karriere startete, sei das Vergangenheit gewesen. Ihr Mann Hubert habe das Recht, sein Ding zu machen.

Hilfe aus der Staatskanzlei

Seit gut einem Jahr lässt das Thema die Haderthauers nicht los. Zuletzt war es ruhiger geworden. Dann aber setzte ihr Mann seinen Rechtsanwalt gegen mehrere Medien, darunter auch die SZ, in Bewegung. Christine Haderthauer war dabei aus der Staatskanzlei heraus behilflich. Sie munitionierte ihren Mann mit Presseartikeln, die dort gesammelt wurden und ihre Pressestelle trat als Bote für dessen Anwaltskorrespondenz auf. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis die Opposition im Landtag geschlossen ihren Rücktritt forderte und Haderthauer sich vergangene Woche gezwungen sah, in der Staatskanzlei eine Erklärung abzugeben.

Nach Lage der Dinge dürfte Haderthauer die Affäre wohl überstehen, falls nicht noch was ans Licht kommt. Ihr Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer, ließ sie zwar einen Tag lang zappeln, bis er erklärte: "Ministerin Haderthauer hat mein volles Vertrauen." Den Medien richtete er aber aus, dass er allen Versuchen entgegentreten werde, die das Ziel hätten, sein Personal herabzusetzen oder "politisch zu vernichten". 120 Fragen zum Fall hat Haderthauer nach eigenen Angaben bereits beantwortet.

Bislang fehlt der Opposition der durchschlagende Beleg dafür, dass sie tiefer in die Geschäfte ihres Mannes verwickelt war, als sie angibt. Gut möglich, dass nach der Sommerpause ein Untersuchungsausschuss für Aufklärung sorgen wird. Bislang hält Haderthauer die Angriffe auf ihre Person für ein "Sommertheater". Der SPD-Politiker Horst Arnold ist der Meinung, dass ihr die "charakterliche Eignung" für ihr Amt fehle - nach "derzeitigem Sachstand". Für einen hoffnungslosen Fall hält er sie offenkundig nicht.

Im Kampfmodus am besten

Man kann davon ausgehen, dass Haderthauer dies alles persönlich null trifft. Im Gegenteil. Es gibt Leute aus ihrem Umfeld, die behaupten, im "Kampfmodus" sei sie am besten. Sie selbst lebt ja nach dem Motto: Was mich politisch nicht umbringt, macht mich härter.

Ex-Parteichef Erwin Huber hatte Haderthauer 2007 zur ersten Generalsekretärin der CSU gemacht und war mit ihr an der Seite in den Landtagswahlkampf 2008 gezogen. Frau aus der Großstadt, mitten im Leben stehend. Selbstbewusst. Deshalb wollte er Haderthauer in seinem Team. Die CSU erlebte am Wahlabend ein Debakel. Seehofer, der dennoch als Retter der CSU aus Berlin kam, wollte auf Haderthauer nicht verzichten und machte sie zur Sozialministerin.

"Du warst schon unter der Erde, jetzt habe ich dich noch mal aus dem Sarg geholt", soll er gesagt haben. Haderthauer, die politisch Untote? "Ich bin relativ krisenfest", sagt sie über sich. Es ist auch die CSU, die sie so gemacht hat, wie sie ist. Ein Fraktionskollege berichtet: "Sie gehört zu den Frauen, die in der CSU extrem kämpfen mussten." Die Rechtsanwältin aus Ingolstadt startete ihre politische Karriere erst spät, als ihre beiden Kinder groß waren. Die Erziehungsarbeit hatte sie hinter sich gelassen und wollte sie auch nicht in der CSU fortführen - anders als Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt oder Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die das Bemuttern nie ganz sein lassen konnten.

"Ihre Arbeit macht sie gut"

Gebürtig in Schleswig-Holstein blieb sie zudem lange die Quereinsteigerin. Mit diesem Typ Frau haben viele CSU-Männer ihre Probleme. Aber selbst die sagen: "Sie trickst nicht, sie intrigiert nicht." Auch deshalb arbeitet Seehofer gerne mit ihr zusammen. "Ihre Arbeit macht sie gut", sagt er. Er hat sie nach der Wahl im Herbst zu sich in die Staatskanzlei geholt. Der Umgang mit Schwachen als Sozialministerin lag ihr nicht. Asylbewerber können davon berichten, wie frostig sie Haderthauer erlebten. In der Staatskanzlei blüht die Frau auf - ungefragt zu allem berichten zu können, das liegt ihr.

Wenn sie nach den Kabinettssitzungen über die Ergebnisse unterrichtet, gibt sie auch gerne mal die Seehofer-Deuterin. Als der Chef seinen Kultusminister Ludwig Spaenle vor Monaten mal intern runtergemacht hatte, sparte Haderthauer diese Episode nicht aus. Als sie Ende März wegen einer gefährlichen Verengung der Halsschlagader eine Zeit lang ausfiel, dachte sie viel über Krankheit nach. Sie sagt heute, sie habe daraus gelernt. Und was? "Dass man ersetzbar ist", sagt sie. Und schränkt ein: "Eine Zeit lang." Sie ist die Alte geblieben.

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