SPD-Werber Klaus Moser:"Das Produkt Ude ist nicht verbesserbar"

Ein Genosse drängt in die Staatskanzlei: Christian Ude will bayerischer Ministerpräsident werden. Ein Werber aus Salzburg soll ihm dabei helfen. Lädt Münchens OB bald zur Facebook-Party? Ein Gespräch mit Klaus Moser über skurrile Slogans, österreichischen Humor und Geographie-Kenntnisse des Spitzenkandidaten.

Tobias Dorfer

Wenn in etwas mehr als einem Jahr in Bayern gewählt wird, dann will die SPD den Ministerpräsidenten stellen. 2008, als im Freistaat zuletzt gewählt wurde, erzielten die Sozialdemokraten mit 18,6 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis. Nun aber soll alles besser werden. Seit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude als Spitzenkandidat bereitsteht, herrscht Aufbruchsstimmung bei der SPD - und die Hoffnung ist groß, zusammen mit Grünen und Freien Wählern die jahrzehntelange CSU-Regentschaft zu beenden. Doch in den Umfragen liegen die Genossen noch weit hinter ihren Erwartungen. 22 Prozent der Bayern würden Udes SPD wählen, ergab Ende Juni eine Emnid-Umfrage - zu wenig, um zusammen mit Grünen und Freien Wählern die großen Ziele zu realisieren. Für den Wahlkampf holen sich die Sozialdemokraten nun Hilfe aus Österreich. Die Salzburger Werbeagentur PlatzlZwei soll Ude zum Ministerpräsidenten machen. Wie, das erklärt Kreativdirektor Klaus Moser.

Klaus Moser, Platzlzwei

Klaus Moser und seine Agentur PlatzlZwei aus Salzburg sollen und wollen Christian Ude (SPD) zum bayerischen Ministerpräsidenten machen.

(Foto: oh)

Süddeutsche.de: Herr Moser, für den Landtagswahlkampf hat die Bayern SPD eine Salzburger Agentur beauftragt. Sie werden die Kampagne umsetzen. Was machen die Österreicher besser als die Deutschen?

Klaus Moser: Die österreichischen Agenturen beschäftigen sich mehr mit Politikberatung. Hier bekommen die Parteien durch die Parteienförderung viel mehr Geld, was wiederum ganz andere Kampagnen möglich macht. Es gibt in Österreich mehr Spezialisten für politische Kommunikation. Wir machen quasi Tag und Nacht nichts anderes.

Süddeutsche.de: Sie haben bereits Erfahrungen mit der SPD aus Rheinland-Pfalz gemacht. Für Kurt Becks Wahlkampf erfanden Sie das Kampagnenmotto "PersBECKtive 2011". Hat das die Bayern-SPD überzeugt?

Moser (lacht): Ich bin nicht sicher, ob die Bayern-SPD das überhaupt weiß. Ich glaube aber auch nicht, dass das ein Argument gewesen wäre, sie zu überzeugen. Das ist auf einem ganz anderen Weg geschehen.

Süddeutsche.de: Nämlich?

Moser: Zunächst gab es ein breites Agentur-Screening und dann einen Wettbewerb bei dem mehrere Agenturen gegeneinander antraten. Kajo Wasserhövel, der den Wahlkampf für die Partei begleitet, hat eine Frage gestellt. Es war eine stark strategisch ausgerichtet Frage, die man dann gut beantworten kann, wenn man gut aufgestellt ist. So wie wir.

Süddeutsche.de: Jetzt interessiert natürlich: Wie lautete die Frage - und wie Ihre Antwort?

Moser: Das würde jetzt zu weit gehen.

Süddeutsche.de: Aber Sie kennen die Strategie schon, oder?

Moser: Natürlich. Es gab inzwischen mehrere Treffen mit der Bayern-SPD. Dabei wurden bereits Pfähle eingeschlagen. Aber das Ganze ist noch ein sehr grobes Gerüst. Wir arbeiten dran, aber wir haben ja auch noch Zeit.

Süddeutsche.de: Mit geistreichen Wahlkampf-Slogans kennen sich die Bayern aus. Die CSU plakatierte vor der letzten Wahl 2008 "Sommer, Sonne, Bayern". Dürfen wir uns bei Ihnen auf ähnliche Kreationen einstellen?

Moser: Es wäre zu früh, irgendwelche Slogans zu nennen. Wir wissen selbst noch nicht, wie die Kampagne genau aussehen wird. Deshalb kann ich auch noch nicht sagen, ob unsere Sprüche sinnig, lustig oder plakativ werden.

Süddeutsche.de: Schade, denn da gibt es noch einen anderen Slogan, der jüngst für Furore gesorgt hat. Die NRW-SPD ging mit einem Plakat "Currywurst ist SPD" in den Wahlkampf und gewann. Wie wäre es mit "Weißwurst ist Ude"?

Moser: Ich kenne das Currywurst-Plakat. Es hat zumindest stark polarisiert. Und ein wichtiger Teil von Wahlbewegung ist es auch, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Der Currywurst ist das gelungen.

Süddeutsche.de: Glauben Sie, dass die bayerischen Wähler den österreichischen Humor verstehen?

Moser: Die Frage ist doch, ob es ein humorvoller Wahlkampf wird. Die Tonalität ist noch nicht geklärt. Aber so wie die Lage momentan ist, glaube ich nicht an eine Spaßkampagne.

Süddeutsche.de: Sie haben viel für die SPÖ gearbeitet, die in Österreich derzeit den Bundeskanzler stellt. In Bayern kämpft die SPD aber seit Jahrzehnten gegen die Bedeutungslosigkeit. Selbst Franz Maget, der beliebteste Sozialdemokrat Bayerns, fuhr bei der Landtagswahl 2008 das schlechteste SPD-Ergebnis der Geschichte ein. Wie wollen Sie diese Negativserie beenden?

Moser: Ich nehme wahr, dass sich in der Bayern-SPD viel verändert hat. Da sind ganz neue Menschen am Ruder. Jüngere Menschen, die Partei ist in vielen Bereichen höchst professionell aufgestellt. Eine wichtige Position, die sich verändert hat, ist das neue Zugpferd: Spitzenkandidat Christian Ude.

"Wir haben keine Erfolgsprämie vereinbart"

Süddeutsche.de: Christian Ude, der Münchner Oberbürgermeister, ist 64 Jahre alt und nicht gerade ein Beispiel für die neue, junge SPD.

SPD election poster

Das "Currywurst-Plakat" sorgte für Gesprächsstoff im NRW-Wahlkampf.

(Foto: dpa)

Moser: Ude ist ewig jung. Außerdem hat sich das Wählerverhalten völlig gewandelt. Längerfristige Bindungen gibt es so nicht mehr. Das kann auch eine Chance für die SPD sein. Früher war bei einer Wahl das Ziel, zwei oder drei Prozent dazuzugewinnen. Jetzt ist mehr drin.

Süddeutsche.de: Planen Sie schon eine Facebook-Party, um junge Leute an die SPD heranzuführen - so wie CSU-Chef Horst Seehofer?

Moser: Eine Kampagne muss vom 18- bis zum 95-Jährigen alle ansprechen. Wir sind doch nicht die einzigen, die an junge Wähler denken. Wir wollen die Leute auf eine angemessene Art erreichen - und nicht mit peinlichen Aktionen. Ich erinnere mich da an den CSU-Werbespot gegen die Grünen...

Süddeutsche.de: ... bei dem die Grünen als tumbe Strichmännlein mit Steinschleuder dargestellt wurden.

Moser: Da hat die CSU ziemlich danebengegriffen. Wir werden den richtigen Ton treffen.

Süddeutsche.de: Ihr Hauptproblem ist doch, dass Ude in München zwar sehr beliebt ist, aber nicht unbedingt im Rest von Bayern. Wie wollen Sie das ändern?

Moser: Dass Ude außerhalb Münchens nicht beliebt ist, wird von CSU und einigen Journalisten immer wieder gerne gepredigt. Deshalb wird es aber nicht richtiger. Ich habe Daten, die etwas anderes sagen. Nämlich, dass Ude in ganz Bayern als Persönlichkeit akzeptiert ist, dass er sehr beliebt ist. Und dass er im direkten Vergleich mit Horst Seehofer immer wieder die Nase vorne hat.

Süddeutsche.de: Christian Ude hat das unterfränkische Aschaffenburg nach Oberfranken verlegt. Würden Sie ihm für den Wahlkampf noch Nachhilfestunden in Geographie empfehlen?

Moser: Das sind diese Pannen, an denen sich vor allem Journalisten und die Opposition erfreuen. Ich glaube, das Produkt Christian Ude ist nicht verbesserbar. Er ist ein großes politisches Talent. Zu sagen, da schrauben wir noch ein bisschen dran, wäre wirklich unangemessen.

Süddeutsche.de: Die Umfragen sagen auch, dass SPD, Grüne und Freie Wähler keine Mehrheit haben. Da wartet noch eine Menge Arbeit auf Sie, oder?

Moser: Natürlich. Aber die momentane Arithmetik ist für uns völlig uninteressant. Ein Jahr vor der Wahl wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen und Umfragen anzuschauen, bringt uns nicht weiter.

Süddeutsche.de: Wie sieht die perfekte Kampagne aus?

Moser: Das Wichtigste sind die Personen. Merkel oder Gabriel, Ude oder Seehofer. Daran orientiert sich der Wähler. Dann kommen die Themen und das drittwichtigste, man höre und staune, ist erst die Partei. Deshalb sollte eine gute Kampagne Personen mit Themen verbinden.

Süddeutsche.de: Welche Rolle spielt der politische Gegner?

Moser: Wir sind natürlich auch beauftragt, bei der CSU und den Grünen gelegentlich vorbeizuschauen.

Süddeutsche.de: Mit welchem Ergebnis rechnen Sie bei der Landtagswahl?

Moser: Mein Tipp ist, dass es durchaus spannend wird.

Süddeutsche.de: Das klingt sehr zurückhaltend. Wie viel Geld würden Sie darauf setzen, dass Christian Ude bayerischer Ministerpräsident wird?

Moser: Ich bin keiner, der wettet. Wir haben auch keine Erfolgsprämie vereinbart. Aber ich gehe schon davon aus, dass es unser Ziel ist, in Bayern ordentlich was in Bewegung zu bringen.

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