SPD-Landrat Eberhard Irlinger:"Unbürokratische Hilfe sieht anders aus"

Nach dem Hochwasser in Franken hatte der Ministerrat rasche Hilfe versprochen. Jetzt gerät die Staatsregierung in die Kritik.

Olaf Przybilla

In Langensendelbach sorgen sie jetzt einfach selbst für schnelle und unbürokratische Hilfe. Die beiden Bürgermeister, der Feuerwehrkommandant und die beiden Ortspfarrer besuchen die Flutopfer. Gemeinsam wird der Schaden geschätzt - und dann gegebenenfalls ausbezahlt.

Mittelfranken, dpa

Nach den Hochwassern in Franken gerät die Staatsregierung zunehmend in die Kritik.

(Foto: Foto: dpa)

Insgesamt 45 Haushalte der 3000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Forchheim haben bereits Zuwendungen des örtlichen Entschädigungskomittees zugesprochen bekommen - allerdings nur 150 Euro, gespendet von kirchlichen Wohlfahrtsverbänden und aus der Gemeindekasse. "Aber die Leute können sich jetzt wenigstens eine neue Waschmaschine kaufen", sagt Bürgermeister Wolfgang Fees.

Von den Geschädigten in Langensendelbach hatten genau zwei eine Elementarversicherung gegen Wasserschäden abgeschlossen. Was kein Wunder ist, erklärt der Bürgermeister. Denn die Gemeinde galt zuvor nie als eine von Hochwasser gefährdete, ebenso wenig wie die Stadt Baiersdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Dort liegt die Regnitz drei Kilometer weit entfernt, betroffene Gebäude finden sich noch bis zu 30 Meter oberhalb des Flusslaufs.

Es soll Versicherungsvertreter gegeben haben, weiß Bürgermeister Andreas Galster, die Hausbesitzern eigens vom Abschluss einer Versicherung gegen Hochwasser abgeraten haben. Mit einer solchen Sturzflut, sagt Galster, "konnte hier wirklich niemand rechnen".

Der CSU-Mann war am Montag unterwegs zur Staatskanzlei, um dort Kanzleichef Eberhard Sinner vor der Kabinettssitzung am heutigen Dienstag eine Rechnung aufzumachen. Von insgesamt 100 Millionen Gesamtschaden geht Galster aus. Nach den bisherigen Zusagen der Staatsregierung hätten jedoch weniger als zehn Prozent der Privatgeschädigten Anspruch auf eine Soforthilfe von höchstens 2500 Euro. "Schnelle und unbürokratische Hilfe", kritisiert Erlangens SPD-Landrat Eberhard Irlinger, "sieht anders aus".

Auch aus der eigenen Fraktion sieht sich Stoiber vor der Sitzung harscher Kritik ausgesetzt. Die bisherigen Hilfszusagen, moniert der CSU-Abgeordnete Eduard Nöth, hätten "mehr Fragen offen gelassen als Antworten gegeben". Wenn 97Prozent der Opfer von der angekündigten Solidarität "nichts zu spüren bekommen", müsse man das Thema nochmals neu aufrollen.

Das Kabinett hatte sich darauf verständigt, die auf 2500 Euro beschränkte Hilfe lediglich bei "nicht versicherbaren Schäden" auszubezahlen. Gebäude an Donau und Inn gelten nach mehrmaligen Hochwasserschäden tatsächlich als nicht versicherbar. In Baiersdorf dagegen trifft das lediglich für ein Haus am Stadtrand zu.

Allein für die betroffenen Baiersdorfer Firmen wird der Schaden derzeit auf knapp 30 Millionen Euro beziffert. Vor allem ein Betrieb, der Zubehör für Weihnachtsmärkte produziert, kämpfe ums "nackte Überleben", sagt Bürgermeister Galster. Wirtschaftsminister Erwin Huber hat Steuervorteile und Sonderkredite bislang nur angedeutet.

Für die privaten Haushalte, so fordert Forchheims Landrat Reinhardt Glauber (FW), sollten nun Soforthilfe-Etats beschlossen werden, die dann den Landkreisen pauschal zur Verfügung gestellt werden. Diese könnte man dann an die Privathaushalte ausbezahlen - nach dem bereits in Langensendelbach erprobten Prinzip.

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