SPD:Florian II.

SPD: Der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn hat sich auf die Umweltpolitik spezialisiert. Nun will er sich womöglich auch als SPD-Chef versuchen.

Der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn hat sich auf die Umweltpolitik spezialisiert. Nun will er sich womöglich auch als SPD-Chef versuchen.

(Foto: Samir Sakkal)

In der Bayern-SPD mehren sich die Interessenten für die Nachfolge von Landeschef Florian Pronold. Neben Natascha Kohnen will sich wohl auch der Abgeordnete Florian von Brunn bewerben. Die Partei freut's

Von Lisa Schnell

Könne schon sein, dass der Landesvorsitz der SPD das beliebteste Amt nach dem des Papstes sei, scherzte der Noch-Landeschef Florian Pronold erst vergangene Woche. Aber wohl eher nicht. Bis jetzt waren sie in der Bayern-SPD meistens froh, wenn sich überhaupt jemand bereit erklärte, sie zu führen, nicht selten in das nächste Umfragetief. Der Job des Landesvorsitzenden war ungefähr so begehrt wie ein Kühlschrank am Nordpol. Seitdem Pronold aber seinen Rückzug angekündigt hat und nun die Basis über den Landesvorsitz entscheiden soll, seitdem die SPD endlich wieder zahlreiche Neueintritte verbucht, etwa 600 in Bayern, ist das Amt offenbar wieder attraktiv geworden. Es wird wohl zumindest ein Duell um den Posten geben.

Am Donnerstag gab der Münchner Landtagsabgeordnete Florian von Brunn bekannt, sich eine Kandidatur ernsthaft zu überlegen. Er ist damit der erste, der Generalsekretärin Natascha Kohnen Konkurrenz machen könnte. Sie kündigte ihre Kandidatur am vergangenen Wochenende an und ist die Wunschkandidatin von Pronold. Eindeutig festlegen möchte sich Brunn aber noch nicht. Am Mittwoch informierte er die Partei in einem Schreiben über seine Ambitionen. Darin bittet er, ihm noch ein paar Tage Zeit für die Entscheidung zu geben, da es in seiner Familie gerade einen Trauerfall gegeben habe. Endgültig will sich der 48-Jährige nächste Woche festlegen.

Für was er steht, könnte er aber jetzt schon sagen. "Wir können nicht darauf hoffen, nur vom Schulz-Effekt getragen zu werden", sagt Brunn in Anspielung auf die Euphorie, die der neue Kanzlerkandidat Martin Schulz landesweit auslöst. Es brauche vielmehr eine "inhaltliche Debatte um Wirtschaft-, Sozialpolitik und Gerechtigkeit". Auch die Basis müsse mit ihren Vorschlägen und ihrer Kritik mehr einbezogen werden. "Die Bayern-SPD kann gegen die CSU nur bestehen, wenn sie ein klares bayerisches Profil hat", sagt Brunn. Dazu müsse der bayerische Landesverband in der Bundes-SPD eigenständiger auftreten. Er spricht sich außerdem dafür aus, den Landesvorstand möglichst breit aufzustellen - mit vielen Frauen, Migranten und Mitgliedern aus allen Regionen.

Bis jetzt ist Brunn im Landtag vor allem als Umwelt- und Verbraucherschützer aufgefallen. Sein Engagement im Bayern-Ei-Skandal und in der Diskussion um eine Skischaukel am Riedberger Horn brachte ihm nicht nur unter SPD-Kollegen Respekt ein. Drei Jahre lang war er Mitglied im Mieterbeirat München. Auch Wohnungspolitik sei ihm also nicht fremd, sagt Brunn. Durch sein Studium der Geschichte und Volkswirtschaft sei er außerdem auch in Wirtschaft- und Sozialpolitik "sprachfähig". Natascha Kohnen, wie er aus Oberbayern, nennt er eine "respektable Kandidatin". Er plädiert für einen fairen und solidarischen Wettbewerb, in dem man sich nicht gegenseitig angehe, sondern sachlich die Unterschiede herausstelle.

Es könnte aber sein, dass es da gar nicht so viel herauszustellen gibt. "Wir kommen politisch aus einem ähnlichen Stall", sagt Kohnen über ihren möglichen Wettbewerber. Auch ihr Herz schlage für Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Seit 2013 ist sie energiepolitische Sprecherin der SPD- Fraktion. Wenn sich die Basis zwischen ihr und Brunn entscheiden müsse, werde deshalb wohl der Bauch eine große Rolle spielen: "Kann derjenige mein Herz erreichen? Was gibt er mir als Mensch?"

Der Partei gibt Brunns Ankündigung auf jeden Fall Aufwind. "Die Partei lebt" und "eine Chance für die Bayern-SPD", freut man sich einhellig in der Partei. Auf sieben Regionalkonferenzen sollen sich die Kandidaten vorstellen, bevor dann die Basis entscheidet. Markus Rinderspacher, Fraktionsvorsitzender im Landtag, freut sich, dass gleich zwei "respektable Bewerbungen" aus der Fraktion kommen könnten. Auf Brunn halte er "große Stücke". Er habe als Umweltpolitiker den Grünen "regelrecht den Rang abgelaufen".

Manche sagen, Brunn sei thematisch nicht breit genug aufgestellt, werfen ihm Karrierismus vor. Andere sehen in ihm wirklich einen "Neuanfang" im Gegensatz zu Kohnen, die schon seit acht Jahren im Landesvorstand ist. "Eine Partei, die über 150 Jahre alt ist braucht keinen Neuanfang", sagt dagegen Franz Schindler, Chef der Oberpfalz-SPD. Florian von Brunn sei aber ein "ernsthafter Kandidat". Das Rennen sei absolut offen.

"Bayern besteht nicht nur aus Oberbayern", sagt der Landtagsabgeordnete Horst Arnold aus Mittelfranken. Brunn müsse wohl eine "Bayerntour" machen, wenn er kandidiere. Außerhalb von München sei er ein "unbeschriebenes Blatt", sagt Carsten Träger, Vorsitzender der Mittelfranken-SPD. In seinem Bezirk werde die Kandidatur von Kohnen "sehr wohlwollend" aufgenommen, festgelegt sei man aber nicht. Bernd Rützel, der Chef der Unterfranken-SPD, kennt Brunn persönlich gar nicht. Aber auch er ist offen. "Vielleicht kommen ja noch drei, vier oder fünf aus dem Quark", sagt er.

Etwa aus der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Auch wenn Brunn ihren Vorstellungen schon recht nahe käme, überlege man sich, einen eigenen Kandidaten vorzuschlagen, sagt Vorsitzender Klaus Barthel. Es müsse mehr geschehen, als nur der Austausch eines Gesichts, es gehe um eine neue Kultur des Umgangs. "Da können ruhig noch mehr Kandidaten kommen", sagt Kohnen. Sie hatte ja selbst vorgeschlagen, die Basis zu befragen. "Das ist genau das, was ich will", sagt sie.

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