SPD Bayern greift Regierung an:Die Zinsschuldenuhr tickt und tickt

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643 Kilometer Staatsstraße, 5000 Lehrer, 400 Windräder: Bayerns SPD greift die Staatsregierung an - und rechnet vor, was mit den Milliarden für die Landesbank-Rettung zu finanzieren wäre.

Mike Szymanski

Das Landesbank-Debakel belastet weiterhin die Steuerzahler. Allein für die Zinsen, die der Freistaat für den Zehn-Milliarden-Kredit zur Rettung der BayernLB aufbringen muss, sind bislang etwa eine Milliarde Euro aufgelaufen. Und weitere Zahlungen werden fällig: 348 Millionen Euro im Jahr 2013 und 357 Millionen Euro 2014. Dies geht aus dem Entwurf für den kommenden Doppelhaushalt hervor, der derzeit im Landtag beraten wird.

Hinzu kommen weitere Finanzrisiken etwa für Garantien, die der Freistaat für Schrottpapiere abgegeben hat. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude warf der Staatsregierung am Freitag finanzpolitisches Versagen vor.

"Die Milliarde ist verbrannt, ist weg und wird nie wiederkehren", sagte Ude. Die Landtagsfraktion dokumentiert mit einer sogenannten Zinsschuldenuhr die finanziellen Belastungen. Am Freitagmittag stand sie bei 999.483.553 Euro.

Die Sozialdemokraten nahmen dies zum Anlass für eine Abrechnung mit der Staatsregierung. Sie hinterlasse der nächsten Regierung "eine Erblast von dramatischer Dimension", sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Die Landesbank und der Freistaat hatten durch den Kauf der maroden Bank Hypo Alpe Adria in Österreich bereits 3,7 Milliarden Euro verloren.

Die SPD rechnete am Freitag vor, was die Staatsregierung allein mit der Zins-Milliarde hätte finanzieren können: 643 Kilometer Staatsstraße oder 400 Windräder oder 5000 zusätzliche Lehrer für vier Jahre. Und die Zinsschuldenuhr ticke weiter, sagen Ude und Rinderspacher. Jede Stunde kämen weitere etwa 40.000 Euro hinzu.

Unterdessen müssen sich die Bürger im Freistaat weiter gedulden, bis die Landesbank zumindest einen nennenswerten Teil des Schadens wieder gut gemacht hat. Zwar hat die EU-Kommission nach jahrelangen Verhandlungen im Sommer festgelegt, dass die Bank knapp fünf Milliarden Euro bis 2019 an den Freistaat zurückzahlen muss.

Aber von den ersten Raten bleibt im Etat-Entwurf unter dem Strich nur ein mageres Plus von 235 Millionen Euro, wie der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Georg Winter (CSU), ausgerechnet hat. Die Ausgaben für Zinsen und fällig werdende Garantiezahlungen fressen die Rückzahlungen zu einem Großteil wieder auf.

Die SPD zweifelt sogar diese geringen Summen an. "Für mich stehen die Rückzahlungen in den Sternen", erklärte Volkmar Halbleib, Haushaltspolitiker der SPD, der die Kalkulationen von Finanzminister Markus Söder als unseriös bezeichnet. In der Tat ist noch lange nicht gesagt, dass der Freistaat wie von der EU vorgesehen sein Geld zurückbekommt.

Die Deutsche Bankenaufsicht Bafin hat ein Vetorecht. Sie achtet darauf, dass die Bank nicht zu sehr geschwächt wird. Die Behörde kann "eine Rückzahlung von Kapital nur dann genehmigen, wenn auch nach der Rückzahlung gewährleistet ist, dass die geltenden Eigenkapitalvorschriften dauerhaft eingehalten werden", teilte ein Bafin-Sprecher auf Anfrage mit. Konkret heißt das: Nur eine kerngesunde Bank wird planmäßig Geld zurückzahlen können. Dies zu schaffen, bezeichnet Finanzminister Markus Söder in einem vertraulichen Schreiben, das der SZ vorliegt, als eine "große Herausforderung" für die Bank. Auch die EU-Kommission hält solche Sorgen offenbar für nicht unbegründet und hat vorgesorgt: Sollte die Bankenaufsicht zweimal in Folge der BayernLB Rückzahlungen untersagen, müsse sogar neu mit ihr verhandelt werden.

Es kommen noch einige Risiken auf die BayernLB zu, die Auswirkungen auf ihre Zahlungskraft haben. Die ungarische Tochterbank MKB macht Verluste und für Pensionen muss sie etliche Millionen zurücklegen. Im schlimmsten Fall fehlen ihr bald weitere drei Milliarden Euro. Diese Summe erwarten die Bayern noch von der mittlerweile verstaatlichten Hypo Alpe Adria, es handelt sich um alte Kredite. Aber Österreich will nicht zahlen und zieht bereits vors Gericht - all diese Umstände schwächen die BayernLB.

© SZ vom 13.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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