Sozialpolitik:CSU will fünf Milliarden weniger für Flüchtlinge ausgeben

  • Der Etat des bayerischen Sozialministeriums schrumpft in den kommenden beiden Jahren deutlich.
  • Vor allem die Ausgaben für Asylbewerber sollen um mehr als fünf Milliarden Euro sinken. Stattdessen plant Sozialministerin Müller, bayerische Familien stärker zu unterstützen

Von Lisa Schnell

Politik ist auch die Kunst, ein Weniger als ein Mehr zu verkaufen. An dieser sophistisch anspruchsvollen Übung versuchte sich am Mittwoch Sozialministerin Emilia Müller, als sie die Beschlüsse des Kabinetts zu ihrem Ressort vorstellte. Während einige ihrer Kollegen mit geschwollener Brust verkündeten, wie viel Geld sie für sich herausgehandelt haben, versucht sich Müller ernsthaft darüber zu freuen, dass ihr Haushalt schrumpft - um 1,3 Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren. "Ein entscheidender Beitrag zum schuldenfreien Haushalt" nennt das Müller. Man könnte auch sagen: Es gibt weniger Geld für Soziales.

Vor allem die Ausgaben für Asylbewerber sinken. 2016 gab die Staatsregierung für sie noch 2,6 Milliarden Euro aus, 2017/2018 sollen es pro Jahr jeweils nur 1,5 Milliarden sein. Zum einen brauche der Staat weniger Geld, weil er statt auf teure Notunterkünfte auf staatliche Liegenschaften setze. Zum anderen orientiert sich Müller bei ihren Planungen an der von Ministerpräsident Horst Seehofer geforderten Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen, die aber immer noch ein Wunschtraum ist. Falls doch mehr Flüchtlinge kommen sollten, hofft sie, dass diese an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie aus sicheren Drittstaaten kommen. Dies wird derzeit allerdings nicht praktiziert. Wie viel ihr Ministerium für Integrationsmaßnahmen ausgibt, weiß Müller noch nicht.

Wo die Ministerin künftig mehr Geld ausgeben will

Sicher ist die Prioritätensetzung: weniger Geld für Asylbewerber, mehr für die einheimische Bevölkerung. Fast 40 Prozent des Sozialhaushalts fließen in die Familienförderung, 15 Prozent mehr als noch 2015/2016. Die Einkommensgrenze beim Landeserziehungsgeld wird angehoben, bei Alleinerziehenden auf 31 000 Euro, bei Paaren auf 34 000 Euro.

Außerdem sollen Eltern nicht mehr zahlen müssen, wenn ihr Kind in den Ferien länger im Hort ist als sonst. Mit 2,5 Millionen Euro werden kleine und innovative Projekte von Ehrenamtlichen gefördert. Als Konsequenz aus den letzten Bluttaten in Bayern investiert Müller eine Million Euro in ein neues Präventionsnetzwerk, das feste Ansprechpartner auf kommunaler Ebene umfasst.

In den Bundestagswahlkampf zieht die CSU altbewährt mit der Mütterrente. Jetzt bekommen Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind, nur zwei Erziehungsjahre anerkannt, ein Jahr weniger als jüngere Mütter. Diese "Gerechtigkeitslücke" will Müller schließen und allen Müttern drei Jahre zusprechen. Bundesweit seien 9,5 Millionen Frauen betroffen, in Bayern etwa eine Million. Wie die dafür nötigen 6,5 Milliarden Euro aufgebracht werden sollen müsse noch verhandelt werden, so Müller.

Sparen könne sich die große Koalition aber die von Bundessozialministerin Andrea Nahles geplante Lebensleistungsrente, die Geringverdienern im Alter ein Einkommen über dem Existenzminimum sichern soll. Dass sie im Koalitionsvertrag stehe, den auch die CSU unterschrieben hat, mache sie "nicht besser", sagte Müller. Bis 2023 erreiche sie nur 66 000 Menschen, viel sinnvoller sei es, die private Vorsorge mehr zu fördern. Die Riester-Rente müsse entbürokratisiert, die jährliche Zulage von 154 Euro erhöht werden.

Der Kinderzuschlag von 300 Euro dürfe nicht nur für seit 2008 geborene Kinder gelten, sondern müsse für alle gezahlt werden. Wer aber überwiegend nicht in Deutschland gearbeitet hat, der habe seinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter verwirkt, so Müller. Gegen eine Zuwanderung in die Sozialsysteme müsse eine "klare Leitplanke" gesetzt werden. Das sei für sie "gerecht und fair".

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Markus Rinderspacher versucht die CSUeinmal mehr, "die AfD rechts zu überholen". Dass sie die Lebensleistungsrente ablehnt, sei "ein Unding". Christine Kamm (Grüne) kritisierte, dass Flüchtlinge nun statt dezentral vermehrt in Kasernen untergebracht werden sollen. Diese aber seien oft kilometerweit vom nächsten Dorf entfernt. "Dadurch wird Integration verhindert", sagt sie.

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