Söders Extrageld:Kabinett berät über Leistungen

Unklar ist, ob Geld für Familien und Pflegebedürftige verrechnet wird

Von Lisa Schnell

Ministerpräsident Markus Söder hat in seiner Regierungserklärung milliardenschwere Ankündigungen gemacht. Vor allem Familien und Pflegebedürftige sollen noch vor der Landtagswahl von einem neuen Familiengeld und dem Landespflegegeld profitieren. Doch Geldverteilen ist gar nicht so einfach. Beim bayerischen Betreuungsgeld etwa, das Söder nun zugunsten des Familiengeldes abschaffte, wurde der Zuschuss vom Freistaat mit Hartz-IV-Leistungen verrechnet. Opposition und Wohlfahrtsverbände befürchten nun, dass es bei den monatlich 250 Euro für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr ähnlich sein könnte. Ebenso beim Pflegegeld, 1000 Euro, die Pflegebedürftige jährlich beantragen können. Dann wären Söders Ankündigungen nicht mehr als ein "Wahlkampfgag", sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann. Bei den Ärmsten käme nichts an, sagt seine Kollegin von den Grünen, Kerstin Celina. Genau wie Michael Bammessel, Präsident der Diakonie in Bayern, fordern sie Details zur konkreten Umsetzung.

Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) geht davon aus, dass das Familiengeld nicht auf existenzsichernde Leistungen wie Hartz-IV angerechnet wird, fügt aber an: "Bayern kann über die Frage der Anrechnung nicht abschließend entscheiden." Es komme auf die Auslegung der Bundesbehörden an. Das Gesundheitsministerium, das für das Pflegegeld zuständig ist, wird deutlicher: "Eine Verrechnung des Landespflegegeldes mit sogenannten Hartz-IV-Leistungen wird im Regelfall ausscheiden." Gleiches gelte für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder der Hilfe zum Lebensunterhalt. Anders sehe es allerdings für Patienten aus, die "Hilfe zur Pflege" erhalten, bei denen also nicht die Pflegeversicherung bezahlt, sondern die Sozialämter. Sie könnten leer ausgehen. Grund dafür ist, dass immer dann eine Verrechnung stattfindet, wenn die Zahlungen dem gleichen Zweck dienen. Die Staatsregierung wolle aber erreichen, "dass das Landespflegegeld ungeschmälert an alle Berechtigten ausgezahlt wird". Derzeit werde geprüft, welche Schritte dazu notwendig sind.

Allzu komplizierte juristische Tricks brauche es nicht, sagt Rechtsanwältin Regine Detering aus Hof: "Das kann man einfach ins Gesetz schreiben." Beim Betreuungsgeld habe das die Regierung wohl damals einfach vergessen, vermutet sie. Um Klarheit zu schaffen, empfiehlt sie der Staatsregierung, es beim Familien- und Pflegegeld anders zu machen. Auch das Betreuungsgeld hätte nach ihrer Auffassung eigentlich nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden dürfen. Es benötigte eine Klage beim Sozialgericht Bayreuth, die Detering betreute und deren Argumentation sich der Freistaat anschloss, um eine Verrechnung mit Sozialleistungen auszuschließen. Das Urteil ist wegen einer Berufung noch nicht rechtsgültig. Wie verfahren werde, entscheiden laut Detering die Job-Center vor Ort. Auch beim Familien- und Pflegegeld könnte das also von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein. Am Dienstag will sich das Kabinett mit der Umsetzung des Pflegegeldes beschäftigen. Auch die Frage, wie eine erste Auszahlung schon im September möglich gemacht werden kann, könnte besprochen werden. Um den Vorgang zu beschleunigen, ist eine freiwillige Nebentätigkeit für Beamte angedacht, die pro bearbeitetem Antrag zwei Euro bekommen sollen. Bis zu 2000 Euro könnten sich die Staatsdiener so dazu verdienen. Ein Vorgang, wie er Rolf Habermann, dem Vorsitzendem des Beamtenbundes, bislang nicht bekannt ist. Doch den Vorwurf, Söder spanne die Verwaltung vor den Karren der Partei, wie ihn die Grünen erheben, lässt Habermann nicht gelten. Schließlich handele es sich um eine freiwillige Tätigkeit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: