Seehofer in Saudi-Arabien:Daunen, Duft und Stahlbeton

Seehofer in Saudi Arabien

Auf Werbetour: Maximiliana Pangerl (rechts) überreichte dem Minister für Handel und Industrie, Tawfiq bin Fawzan Al-Rabiah, ein Kissen.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer tritt bei seiner Reise in Saudi-Arabien als Türöffner für die Unternehmer in seiner Delegation auf.
  • Zahlreiche Firmen aus dem Freistaat unterhalten geschäftliche Beziehungen mit Saudi-Arabien.
  • Die Entwicklungen in dem Königreich sind indes voller Widersprüche.

Von Wolfgang Wittl, Riad

Diesen Trick sollte man sich merken. Als Maximiliana Pangerl in Riad im Hotel eincheckt, äußert sie einen kleinen Wunsch. Sie würde gerne in einem Bett der Firma Mühldorfer schlafen, sagt die Frau aus Niederbayern. Kein Problem, entgegnet der Mann am Empfang. Nur müsse man den Gast dann in eine noch exklusivere Suite aufstufen, was auch geschieht. Das soll nicht heißen, dass es den anderen Zimmern dieses Fünf-Sterne-Hauses an Komfort mangelte. Doch Mühldorfer-Betten sind eben auch hier etwas Besonderes.

Maximiliana Pangerl weiß das besser als jeder andere. Seit 28 Jahren führt sie mit ihrer Schwester in vierter Generation die Mühldorfer GmbH & Co. KG. Das Unternehmen produziert Daunenbetten und Kissen - laut eigenen Angaben "in höchster Qualität". Sein Sitz befindet sich in Haidmühle, ein kleiner Ort im Bayerischen Wald. Von dort aus beliefert es Luxushotels in aller Welt. Fast 20 Jahre pflege sie Geschäftsbeziehungen nach Saudi-Arabien, erzählt Pangerl, bestimmt zehn Mal sei sie hier schon zu Gast gewesen. Der Mittlere Osten zählt zu den Hauptabsatzmärkten. Es ist eine tatkräftige Frau, die da spricht. Bekleidet ist sie mit einer schwarzen Abaya, wie es hier üblich ist.

Der Ministerpräsident als Türöffner

Pangerl verkörpert mit ihren 50 Mitarbeitern nicht nur den bayerischen Mittelstand auf Horst Seehofers Delegationsreise, sondern auch viele der Widersprüche, die in Saudi-Arabien vorherrschen. Einen sehr guten Stand habe sie hier. Keinerlei Schwierigkeiten? "Nie!" Die Unternehmerin mit den leuchtend blonden, unverhüllten Haaren fühlt sich als Geschäftspartnerin ernst genommen. An Einheimische wären solche Zugeständnisse undenkbar. Saudi-arabische Frauen sitzen beim Essen getrennt von Männern an eigenen Tischen, sie dürfen kein Auto fahren, auf der Straße sind sie kaum zu sehen - und falls doch, nur mit Schleier. Ehebruch wird mit dem Tod bestraft. 54 Hinrichtungen wurden vergangenes Jahr in Saudi-Arabien gezählt. In internationalen Demokratie-Ratings findet sich die absolute Monarchie regelmäßig weit hinten auf der Liste.

Dennoch bewegt sich etwas in dem Land, das sich mit seinen heiligen Stätten Mekka und Medina als Hüter des muslimischen Glaubens versteht. Mehr als die Hälfte aller Studenten soll mittlerweile aus Frauen bestehen, freilich strikt getrennt von Männern. Doch auch sie dürfen an den Auslandsprogrammen teilnehmen, die unter König Abdallah aufgelegt und von seinem Nachfolger Salman fortgesetzt werden. Und immer mehr von ihnen dürfen arbeiten. Ein leichter, kaum spürbarer Hauch westlicher Zivilisation weht durch den Staat, der sechsmal so groß ist wie Deutschland, aber nur gut ein Drittel so viele Menschen zählt.

4,6 Millionen Menschen leben in der Hauptstadt Riad, und nirgendwo werden die Brüche dieses konservativen Landes sichtbarer als in seiner Metropole. Es gibt keine Kinos, keine Theater, keine Bars, dafür aber amerikanische Fast-Food-Läden. Überall in der Stadt hämmern Bauwerkzeuge und schaufeln Bagger. Gerippe aus Stahl und Beton warten nur darauf, dass sie zu pompösen Wolkenkratzern fertiggestellt werden. Ganze Viertel werden mit Beton so aus dem Boden gestampft. Sie werden das Bild von den niedrigen Häusern mit Flachdächern bald übermalt haben. Die Schneise der Strommasten, die sich durch Riad fräst, würde in Bayern wohl zu einem Volksaufstand führen. Aber Opposition und Parteien sind hier nicht erlaubt.

Freundschaftliche Beziehungen

Europäer, die schon länger hier leben, staunen über die Offenheit, die sich in Saudi-Arabien in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt habe. Gerade Bayern sei zu einem willkommenen Partner geworden, heißt es. Dass Partnerschaften gepflegt werden wollen, ist Horst Seehofer in jeder Sekunde seines Besuches anzumerken. Nicht nur gute, sondern sogar freundschaftliche Beziehungen pflege man untereinander, versichert er dem Wirtschaftsminister. Auch Seehofers umstrittener Einsatz für Waffenexporte gehört dazu. "Beschämend" nannten ihn die Grünen zu Hause - Seehofer habe entweder keine Ahnung von der Krisenregion oder er sei skrupellos. In Riad wird Seehofer freundlicher behandelt. Jede Begrüßung fällt so blumig aus wie der allgegenwärtige Rosenduft.

Hinter der samtenen Höflichkeit stehen auf beiden Seiten Wirtschaftsinteressen. Zu Horst Seehofers Entourage zählen nicht nur Kissenhersteller und Universitätsrektoren, sondern auch Manager von Dax-Konzernen. Der Ministerpräsident gibt für sie den Türöffner und erhofft seinerseits, durch neue Partnerschaften einen größeren Einfluss auf den wichtigsten Verbündeten dieser Region zu bekommen. Der Besuch der hohen Politik sei entscheidend in diesen Ländern, sagt Pangerl. Geschäftsbeziehungen ließen sich dadurch wesentlich besser ausbauen und vertiefen, auch deshalb nehme sie gerne an dieser Reise teil. Am Sonntag traf sie sich mit einer der wenigen weiblichen Abgeordneten, das war ihr wichtig. Man habe sich nett unterhalten und Geschenke ausgetauscht.

Die Begegnung mit selbstbewussten Frauen aus Bayern - sie wird manchem Gastgeber in Erinnerung bleiben, ehe Seehofer mit seiner Delegation nach Katar flog. Seine Amtschefin Karolina Gernbauer wurde von der Dolmetscherin im Königspalast als Leiterin des königlichen Hofes in Bayern vorgestellt. Die Anrede sei weder falsch noch neu, sagte Seehofer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: