Seehofer beim JU-Treffen:Die CSU entdeckt die Basis

"Ich bin ein großer Freund der Basisdemokratie": Beim Landestreffen der Jungen Union spricht sich Horst Seehofer gar für ein Mitgliedervotum über seine Zukunft aus.

Mike Szymanski

Der CSU-Nachwuchs von der Jungen Union will in Bayern seine 30.000 Mitglieder zur Wehrpflicht befragen. "Wir werden das Thema zur Diskussion stellen", kündigte JU-Landeschef Stefan Müller auf der Landesversammlung am Samstag in München an. "Gerade für die Junge Union ist die Wehrpflicht ein wichtiges Thema, so dass wir auf unsere Mitglieder hören sollten", sagte Müller.

Landesversammlung Junge Union - Seehofer

Musste sich auf der Landesversammlung der JU kritischen Fragen stellen: CSU-Chef Horst Seehofer.

(Foto: dpa)

Für Anfang Oktober erwartet Müller ein Ergebnis. Auf dem Parteitag Ende Oktober will sich die CSU festlegen, wie sie zu einer möglichen Abschaffung der Wehrpflicht steht. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte im Zuge der Spardiskussionen vorgeschlagen, die Bundeswehr zu verkleinern. Eine von mehreren Varianten, die Guttenberg derzeit prüfen lässt, sieht auch vor, die Wehrpflicht auszusetzen, was faktisch der Abschaffung gleichkäme. Seither ist in der CSU eine heftige Diskussion über die Zukunft der Wehrpflicht und der Bundeswehr entbrannt.

Bayerns JU-Chef Müller sagte vor den Delegierten: "Wir bekennen uns zur Wehrpflicht." Allerdings müsse sie aus seiner Sicht zu einer allgemeinen Dienstpflicht weiterentwickelt werden. "Ich bin dafür, dass junge Menschen nach der Ausbildung Verantwortung für die Allgemeinheit übernehmen."

Parteichef Horst Seehofer sagte als Gast bei der Landesversammlung: "Ich kann meiner Partei nur raten, die Wehrpflicht nicht abzuschaffen. Wer sie aussetzt, schafft sie ab." Die CSU könne "viel verlieren", wenn sie in dieser Frage Fehler mache. Seehofer lobte die JU dafür, dass sie die Mitglieder per Befragung in die Diskussion einbeziehen will. Auch die CSU will die Basis künftig besser einbinden. Seehofer sagte: "Ich bin ein großer Freund der Basisdemokratie. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn der Parteivorsitzende direkt von den Mitgliedern gewählt wird." Fragen wie diese werden den Parteitag im Herbst beschäftigen. Die JU setzt sich in einem Leitantrag für die Einführung von Mitgliederbefragungen ein. Deren Ergebnisse sollen Stimmungsbilder vermitteln, aber keinen verbindlichen Charakter haben.

In der Diskussion mit dem Parteinachwuchs musste sich Seehofer auch sehr kritische Fragen gefallen lassen. So erinnerte einer der Delegierten Seehofer daran, dass auch die CSU für das schlechte Erscheinungsbild der Berliner Koalition verantwortlich sei: "Mich ärgert, dass sich die CSU bei der Gesundheitsreform quergestellt hat. Vom Stil und vom Inhalt her war das falsch." Unzufrieden äußerte sich auch ein anderer JUler. "Wir hatten mal ein soziales Herz in der CSU - das hat Horst Seehofer geheißen."

Kompetenz sei der Partei auch in Wirtschaftsfragen verloren gegangen. In München und in Berlin habe man die Wirtschaftspolitik an die FDP abgegeben, statt eigenes Personal durchzusetzen. Nun sei ein Vakuum entstanden: "Wenn ich jemanden einladen soll, weiß ich nicht wen", klagte einer. Das Sparpaket in Berlin geht manchem Kritiker nicht weit genug, auch in Bayern, so sagte ein anderer, müsse "man langsam anfangen zu diskutieren, wo wir sparen".

Landeschef Müller bezeichnete die schlechten Umfragewerte für die Union als Warnsignal. Seehofer ging in einer mehr als eineinhalbstündigen Aussprache auf alle Fragen ein und verteidigte seine Politik. Er gab der FDP die Hauptschuld am schlechten Erscheinungsbild, weil der Koalitionspartner immer neue Themen aufgreife, anstatt erst mal die aktuellen Probleme zu lösen.

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