Schweinfurt:Student gesteht Waffenhandel über das Darknet

Schweinfurt: Vom SEK festgenommen, steht Christoph K. nun wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor Gericht.

Vom SEK festgenommen, steht Christoph K. nun wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor Gericht.

(Foto: Olaf Przybilla)
  • Ein Mechatronik-Student aus Unterfranken hat zugegeben, dass er Dekowaffen zu funktionsfähigen Maschinenpistolen und anderen Waffen umgebaut hat.
  • Der Mann verkaufte diese anschließend über das Internet weiter.
  • Für ihn war das "eine willkommene Alternative zum Lernalltag".

Von Olaf Przybilla, Schweinfurt

Es ging alles ganz einfach. Der Student Christoph K. wollte eine Waffe, weil er schon immer von Waffen fasziniert war, schon als Schüler. Auf eine Berechtigung aber, eine Waffenbesitzkarte, machte er sich kaum Hoffnungen. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass man schon als unzuverlässig gelte, wenn man als Jugendlicher unerlaubt Mofa gefahren sei. Also besorgte er sich in der Slowakei eine Deko-Waffe: Eine Maschinenpistole, die früher mal scharf war, dann aber unschädlich gemacht wurde - die man aber wieder in eine scharfe Waffe umwandeln konnte.

Das klappte vorzüglich, berichtet der 26-Jährige am Landgericht Schweinfurt. Dort muss er sich seit Donnerstag unter anderem wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten. Der Student betrieb einen schwunghaften Handel mit Maschinenpistolen.

Vor fast genau einem Jahr wurde K. in der Fachhochschule Schweinfurt festgenommen. Ein Spezialeinsatzkommando überwältigte ihn, als er in der Hochschule am Laptop arbeitete, einige der Beamten, so berichten es Augenzeugen, hatten sich als Handwerker getarnt. K. studierte Mechatronik im fünften Semester, das Studium lief gut, sagt er. Bis auf eine bestand er alle Prüfungen im ersten Anlauf, nur die Sache mit dem Hobby lief nicht so wie gewünscht. Er habe einfach schießen wollen, sagt er, und das mit einer eigenen Waffe.

Wie der Student die Waffen verkaufte

Er ging ins Darknet, also in einen anonymisierten Bereich des Internets, der kaum kontrollierbar ist. Dort berichteten Diskutanten, wie leicht man eine "rückgebaute Maschinenpistole" wieder scharf machen könne. Er bestellte sich ein Modell namens "Skorpion", bohrte ein wenig daran rum. Keine zwei Stunden brauchte es, dann war die Waffe scharf. K. ging mit der Maschinenpistole auf ein ehemaliges militärisches Sperrgebiet und ballerte auf eine Scheibe. Das Gebiet ist gesperrt, deswegen fand er das ungefährlich, sagt er. "Brauchen wir uns nicht darüber zu unterhalten: nicht die optimale Verwendung für die Waffe", sagt sein Anwalt.

Weil das aber alles so einfach ging, kam K. auf die Idee, sein Hobby - das Schießen - mit Waffenhandel zu finanzieren. Höchstens 250 Euro kosteten die ausrangierten Waffen im Osten, das Zehnfache wurde ihm dafür im Darknet angeboten, wo er als "Max Mustermann" agierte. Vor allem von britischen Kunden, aber auch aus Frankreich und Deutschland.

Der erste potenzielle Kunde aber kam aus Irland, erzählt er. Auch ein Student, der angeblich für andere Studenten zehn Maschinenpistolen kaufen wollte. Also bestellte K. in der Slowakei etwa zehn Waffen, vielleicht ein paar mehr, sagt K., für den Eigenbedarf. Das Blöde sei nur gewesen, dass sich der Ire nie mehr gemeldet habe. Er also auf "einem Schwung Waffen sitzen blieb".

Ein Kunde habe sich mit so einer Waffe erschossen

Der Richter hakt jetzt mal nach. Zehn Waffen nach Irland, ob er da keine Angst gehabt habe, dass die IRA wieder aufgebaut werden solle? Ja, tatsächlich, antwortet K., das habe er im Internet sichergestellt. Die sei nicht mehr aktiv, so habe es da gestanden. Überhaupt habe er immer mal gegoogelt, ob in der Region, in die er Waffen verkaufte, "was passiert" sei, nachdem er sie verschickt habe. War aber nie so, sagt er. Was nicht ganz stimmt, wie ihm die Staatsanwältin mitteilt. Ein Kunde habe sich mit einer gelieferten Waffe erschossen.

K. räumt nahezu alles ein, was ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft. Insgesamt soll er 14 Kriegswaffen ohne Genehmigung hergestellt haben, außerdem mit Waffen und Munition gehandelt haben. Im Nachhinein wisse er natürlich, dass das falsch war, sagt er. Aber er habe den "Nervenkitzel" genossen. Und außerdem sei das Rumbasteln "eine willkommene Alternative zum Lernalltag gewesen".

Das klingt nach einem kurzen Prozess, das Gericht hat trotzdem fünf Verhandlungstage anberaumt. Angeklagt sind neben dem 26-Jährigen nämlich zwei weitere Männer: ein 25 Jahre alter Kommilitone, der zu spät gemerkt haben will, dass sein Studienkollege ihm Waffen in den Kofferraum geladen hat, um sie von zu Hause fortzubringen. "Ich habe geglaubt, dass wir recht behütet sind in der Bundesrepublik", sagt er, "und dass man hier nicht so leicht an Waffen kommen kann."

Und angeklagt ist auch ein 56-Jähriger, der dem Hauptangeklagten Munition beschafft hat. Der aber vom Waffenhandel nichts gewusst haben will: Christoph K., der Hauptangeklagte, ist seit fünf Jahren mit seiner Tochter liiert. Als Schwiegervater habe er gedacht, der Student interessiere sich eben fürs Schießen. Und weil er selbst im Schützenverein ist, sogar mal drittbester Schütze im Gau Würzburg war, habe er seinem Schwiegersohn eben Munition überlassen.

Das war wohl ein Fehler, sagt der Sportschütze, "aber es waren halt auch Emotionen im Spiel". Nach dem Stand der Dinge werde er seine Waffenbesitzkarten abgeben müssen, sagt der Richter, "schwer für Sie, stimmt's?" Der Angesprochene nickt heftig. Er habe sich zuletzt sowieso schon zurückgehalten im Verein. Prompt sei der Verein abgestiegen.

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