Schwäbische CSU:Vom Erzfeind zum Prinzling

CSU-Europaparteitag in Nürnberg; Markus Ferber CSU

Das Siegerlächeln ist zurück: Markus Ferber wurde mit 93,5 Prozent der Stimmen als Chef des CSU-Bezirksverbands Schwaben wiedergewählt.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

In Gersthofen bestätigt die Partei Ferber als Chef, Seehofer nennt vermeintlichen Disput "Mist"

Von Stefan Mayr, Gersthofen

Zuerst gab es die öffentliche Versöhnung mit Ministerpräsident Horst Seehofer am Rednerpult, dann eine deutliche Stärkung mit dem Wahlzettel. Markus Ferber wurde am Samstag in Gersthofen bei Augsburg mit 93,5 Prozent der Stimmen als Vorsitzender des CSU-Bezirksverbands Schwaben wiedergewählt. Der 50-jährige Europa-Abgeordnete nahm die Glückwünsche mit einem Siegerstrahlen entgegen - welch ein Kontrastprogramm zum Mai 2014, damals war er als Verlierer noch ziemlich einsam dagestanden.

Nach der Europawahl 2014 hatte Ferber einen Frontalangriff gegen Seehofer gefahren und ihm die Schuld für das schlechte Ergebnis zugesprochen. Wenig später wurde Ferber als Chef der CSU-Fraktion im EU-Parlament demontiert. Seitdem war stets von einem zerrütteten Verhältnis zwischen ihm und Seehofer die Rede. Am Samstag nun gaben die zwei Männer alles, um sich als beste Kumpel darzustellen. "Lieber Horst", sagte Ferber in seiner Rede. Seehofer sprach sogar von "meinen Freund Markus". Ein schlechtes Verhältnis? "Das ist alles Mist", tönte Seehofer. "Geht davon aus, wir arbeiten sehr, sehr gut zusammen."

Nach der Verkündigung des deutlichen Wahlergebnisses griff sich Seehofer das nächste Mikrofon und fiel dem Wahlleiter ins Wort. "Jetzt muss ich einen Zwischenruf machen", sagte er und brummte: "Wer mehr als 90 Prozent bekommt, gehört zu den Prinzlingen." Der Parteichef ruft seinen vermeintlichen Erzfeind zu seinem Nachfolge-Mitkandidaten für den Parteivorsitz aus? Es war zwar nicht ganz ernst gemeint, doch das Hallo unter den 160 Delegierten war groß. Im übrigen sei Widerspruch in einer "lebendigen Volkspartei" ganz normal, beteuerte Seehofer, deshalb ermuntere er Ferber "ausdrücklich", auch künftig seine Meinung zu sagen.

Das tat dieser nach seiner Wiederwahl sogleich. Er kritisierte Seehofers Entscheidung, künftig keinen Schwaben mehr als Stellvertretenden Parteivorsitzenden haben zu wollen: "Wir nehmen diese Entscheidung zur Kenntnis, aber wir hätten uns gefreut, wenn wir berücksichtigt worden wären", sagte Ferber im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Dass die Schwaben bei der Besetzung der Vizeposten leer ausgingen, warf so mancher Delegierte Ferber vor - allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Es ist die alte Kritik, die sich Ferber seit seinem Start als Bezirks-Chef vor zehn Jahren anhören muss: Als Europa-Abgeordneter sei er zu weit weg von Schwaben und von den Machthebeln in München, zuletzt sei sein Einfluss noch mehr geschrumpft wegen der atmosphärischen Distanz zu Seehofer. Obendrein sitze Ferber seit seiner Demontage als Fraktionschef im EU-Parlament nur noch in zweiter Reihe. Dies alles könne kein Dauerzustand sein für den drittgrößten CSU-Bezirksverband - der immerhin den zweitgrößten Regierungsbezirk Bayerns vertrete.

Ferber kennt diese Vorwürfe, er sprach sie offen an: "Schwaben hat Einfluss in München und Berlin", rief er mit Hinweis auf die Kabinetts-Mitglieder Gerd Müller (Bund) sowie Merk, Pschierer und Hintersberger (Bayern). Der Applaus war nicht wirklich raumfüllend.

Hinter den Kulissen des Parteitages zeichnete sich eine neue Initiative für den Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-Ulm ab. Noch im Juli soll es einen gemeinsamen Auftritt aller schwäbischen Politiker geben, um Geschlossenheit zu signalisieren und somit den Druck auf Berlin und die Bahn zu erhöhen. Dabei wird offenbar der Ausbau der Bestandsstrecke favorisiert - und der ebenfalls angedachte Neubau verworfen.

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