Schutzanzüge gegen Ebola:Geschäft mit der Not

Schutzanzüge gegen Ebola: Die Schutzanzüge von Georg Hader sind derzeit sehr gefragt.

Die Schutzanzüge von Georg Hader sind derzeit sehr gefragt.

(Foto: Tim Brakemeier)

Für ihn ist Ebola ein Highlight: Georg Hader aus Niederbayern entwickelt Schutzanzüge für besondere Notfälle. Der 64-Jährige gilt als Spezialist auf seinem Gebiet. Er weiß auch schon, was er mit den Einnahmen durch die Ebola-Epidemie machen will.

Von Wolfgang Wittl, Essenbach

Wenn Georg Hader ungestört über sein Thema sprechen will, muss er sich die Zeit dafür extra freischaufeln. Anrufe lässt er umleiten, allein während der nächsten Stunde wird er 67 Mails erhalten, das zweite Postfach noch gar nicht mitgerechnet. Nur ein Handy liegt neben ihm, auf dem er jederzeit erreichbar ist. "Wenn etwas klemmt, muss von uns sofort einer rauf", sagt Hader. Rauf - das bedeutet in diesem Fall das Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, in dem der derzeit einzige deutsche Ebola-Patient behandelt wird.

Seit ein paar Wochen hat Hader keine freie Minute mehr. Man kann durchaus behaupten, dass er diesen Zustand genießt. Zu lange hat der Unternehmer und Hygienespezialist aus Mirskofen bei Essenbach (Kreis Landshut) warten müssen, bis seine Dienste gefragt sind. In Haders Garten flattert eine Bayern-Fahne im Wind, doch sein Unternehmen stand in den vergangenen zehn Jahren auf Halbmast: "Wir haben Täler durchschritten, da denken andere nicht daran." Aber weil er "ein sturer Niederbayern-Schädel" ist, wie er sagt, hielt er an seiner Idee fest. Das zahlt sich jetzt aus. Hader entwickelt mit Partnerfirmen Schutzanzüge für besondere Notfälle. Er berät Gesundheitsämter, Ärzte und Kliniken. Dank Ebola brummt das Geschäft wie nie zuvor. Es ist ein Geschäft mit der Not.

Er wird gefragt, wenn es zu spät ist

Hader, 64, gilt als Spezialist auf seinem Gebiet. Wenn er sagt, "dass uns solche Highlights" wie Ebola sowohl finanziell als auch für das Image "ganz gut tun", dann spricht aus ihm nicht die Profitgier. Eher schon das Unverständnis, warum er oft erst dann gefragt wird, wenn es bereits zu spät ist. Hader drückt nicht die Daumen, dass irgendwo eine Seuche ausbricht. Er sagt, er habe Menschen "buchstäblich verrecken gesehen", natürlich lasse ihn so etwas nicht kalt. Er vergleicht seine Arbeit mit Ärzten. Auch die kümmerten sich um Menschen, die Hilfe brauchen. Dass er "extrem helfen" kann, davon ist er überzeugt.

Isolierstation

Im Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, in dem Deutschlands einziger Ebola-Patient behandelt wird, kommen die Anzüge zum Einsatz.

(Foto: Tim Brakemeier/dpa)

Wenn die Vogelgrippe ausbricht oder ein Lassa-Fieber, dann kommt Hader zum Zug. Oder wenn am Chiemsee ein Grab geöffnet wird - und im Jahr zuvor drei polnische Archäologen bei ähnlicher Gelegenheit an tödlichen Schimmelsporen gestorben sind. Dann melden sich Behörden bei ihm und ordern seine Schutzanzüge, an deren Verkauf er prozentual beteiligt ist.

Doch meistens hält die Vorsicht nicht lange vor. Manchmal passiert es sogar, dass die Bestellung wieder storniert wird, sobald sich die Aufregung erst einmal gelegt hat. Das Problem aber bleibt. Lange habe er darüber nachgedacht, was er falsch mache. Doch nun, mit Ebola konfrontiert, rennen ihm Kunden von früher die Bude ein. Wenn er sie fragt, was sie die ganze Zeit getan hätten, bekommt er oft eine ehrliche Antwort: "Nichts!" Kaum jemand nehme das Thema Desinfektion richtig ernst.

Ein Anzug kostet mehr als 100 Euro

Hader rutschte eher zufällig in die Branche. Vor gut 25 Jahren stellte der studierte Elektrotechniker noch Lautsprecher her, bis der Markt immer schwieriger wurde. Er zog insgesamt 19-mal um in seinem Leben, beschäftigte sich mit Arbeitssicherheit und später mit Infektionsschutz. Beim Jahrhunderthochwasser 1999 in Neustadt an der Donau beseitigte er Ölschäden, als er jemanden traf, der für eine amerikanische Firma Schutzanzüge vertrieb.

Hader stieg ein und begann, die Anzüge zu modifizieren. Er kümmerte sich darum, dass sie künftig auch die Füße umschlossen; machte sie robuster, als sie nach dem Anschlag vom 11. September 2001 von Katastrophenschützern, Feuerwehrleuten und Hilfskräften benötigt wurden. Auch die Spezialkräfte von der GSG 9 wurden beliefert. Die Ebola-Anzüge sind in sich geschlossen, auf dem Rücken befindet sich ein Gebläse, das durch einen Filter Luft in den Kopfbereich pumpt. Wie Micky Maus sähen Ärzte und Pfleger aus, wenn der Overall in Betrieb ist. Zugang zum Patienten bekommen sie erst, wenn sie eine Schleuse mit Desinfektionsschaum durchlaufen haben. Ein Anzug ohne Gebläse kostet gut 100 Euro und kann nur einmal verwendet werden.

Es braucht mehr Know-how

Bis die Uniklinik Eppendorf eine feste Isolierstation bekam, griff sie auf eine von Haders mobilen Einheiten zurück, wie sie nun auch in Afrika benötigt werden. Noch zwölf bis 18 Monate werde die Ebola-Epidemie dauern, schätzt Hader. Doch allein mit Geräten, ohne Know-How werde man das Problem nicht in den Griff bekommen. Die Bedienungsanleitung erachtet Hader für mindestens so wichtig wie die Herstellung seiner Geräte. Von Unterdruck dürften in Sierra Leone nur die wenigsten gehört haben, glaubt er. Als staatlich geprüfter Desinfektor hat er sein Wissen vor allem durch Erfahrung gelernt.

Nur mit dem Verkauf von Schutzanzügen wäre seine Familie wohl verhungert, vermutet Hader. Sein Überleben sicherte er durch eine neue Technik, Schimmel mit 105 Grad heißem Trockendampf und ohne Chemie aus Häusern zu verbannen. Mit den Einnahmen durch die Ebola-Epidemie will Hader ein Geschäftsfeld eröffnen, das ihm den Lebensabend sichern soll. Mit seinem Trockennebel will er multiresistenten Keimen in Krankenhäusern den Kampf erklären - eine Seuche, "noch schlimmer als Ebola". Vorher aber, zu seinem 65. Geburtstag, möchte er sich und seiner Familie etwas gönnen, was er sich seit zehn Jahren nicht leisten konnte: eine Urlaubsreise.

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