Schutzanzüge für Ebola-Helfer:Nicht ganz dicht

Schutzanzüge für Ebola-Helfer: Etwa 100 Euro kostet einfache Schutzkleidung wie diese.

Etwa 100 Euro kostet einfache Schutzkleidung wie diese.

(Foto: AFP/Zoom Dosso)

Das Gesundheitsamt Garmisch-Partenkirchen will Mängel bei den Standard-Schutzanzügen für Ebola-Helfer entdeckt haben. Die Testergebnisse entlarven weniger die Hersteller als die Unwissenheit vieler Anwender.

Von Korbinian Eisenberger, Garmisch-Partenkirchen

Durchlässige Nähte, undichte Übergänge und Schwachstellen an der Atemmaske: das Ergebnis eines Praxistests von handelsüblichen Ebola-Schutzanzügen am Gesundheitsamt Garmisch-Partenkirchen klingt zunächst Furcht einflößend. Zumal vor Weihnachten Hunderte deutsche Ebola-Helfer in Bayern zurück erwartet werden, von denen nicht auszuschließen ist, dass sie solche Anzüge verwendeten. Die Testergebnisse aus Oberbayern entlarven jedoch weniger Mängel in der Herstellung, als die allgemeine Unwissenheit im direkten Umgang mit der Epidemie aus Afrika.

Um seinerseits für bevorstehende Ebolaeinsätze gewappnet zu sein, übte Volker Juds vom Gesundheitsamt Garmisch-Partenkirchen für den Ernstfall und deckte dabei vermeintliche Mängel auf. Fotos von der Durchführung zeigen eine Person, die von Kopf bis Fuß mit Schutzkleidung ausgestattet ist, alle Übergänge zwischen Anzug, Schutzbrille und Atemmaske sind abgeklebt. Der Testfarbstoff und das verwendete Desinfektionsmittel sickerten jedoch - auch das zeigen die Fotos - stellenweise durch. Vor allem an Nähten, und an den mit Klebeband getapten Übergängen zwischen Anzug, Schutzbrille und Atemmaske seien die Schwachstellen der Schutzkleidung der Kategorie III gewesen, hieß es. Es handelte sich dabei um jenen Ebola-Anzug, der in Bayerns Einrichtungen weit verbreitet ist und vom Robert-Koch-Institut empfohlen wird.

Das Garmischer Gesundheitsamt hatte über hundert solcher Schutzanzüge der Kategorie III gelagert. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen waren die Mitarbeiter in Garmisch damit eigentlich bestens ausgerüstet. Der Praxistest habe jedoch gezeigt, dass es weitaus bessere Anzüge brauche, um die Gefahr im Umgang mit Ebola-Patienten zu bannen, so das Gesundheitsamt. Amtsarzt Juds fordert deshalb, dass freiwillige Helfer in Bayern stattdessen einen Vollanzug mit einer Gebläsefunktion tragen. Dieser hat den Vorteil, dass im Falle einer undichten Stelle alle Viren und Bakterien per Luftdruck nach draußen gesaugt werden. Bis dato seien in Bayern jedoch maximal zehn Prozent der Helfer damit ausgestattet, so Juds.

Training für den Schutzanzug

Weniger prekär sieht die Lage dagegen der Würzburger Tropenmediziner August Stich. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Kollegen in Garmisch bei ihrem Test alles richtig gemacht haben", sagt Stich. Wer einen Schutzanzug trage, müsse davor trainieren, um Fehler zu vermeiden, und dürfe den Anzug nur in Situationen anziehen, für die er konzipiert sei. Stich: "Das wäre sonst genauso, wie wenn man sich ein Auto kauft, aber keinen Führerschein hat."

Tatsächlich weist das Garmischer Gesundheitsamt auf SZ-Anfrage darauf hin, "dass die Tests nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführt worden sind". Die Testflüssigkeit habe "Erbrochenes oder Blut aus der Nase" eines Patienten simuliert. Jene Substanzen, von denen Hygienespezialist Georg Hader sagt, dass sie gar nicht in unmittelbare Nähe eines Trägers der Schutzkleidung Kategorie III kommen dürften.

Hader entwickelt selbst Vollschutzkleidung und stattet Kliniken aus. Er bemängelt weniger die Qualität der einfacheren Anzüge, als die Unwissenheit derer, die sie verwenden. "Mit einem solchen Schutzanzug sollte man nicht näher als fünf Meter an einen Ebolapatienten herankommen", sagt Hader. Dass der Testanzug in Garmisch die rote Sprühfarbe passieren ließ, verwundere ihn nicht. Nur spezielle Typen dieser Anzüge seien wasserdicht, "darüber wissen die Leute aber nicht Bescheid", sagt er.

Damit sich das ändert, gibt Hader bayernweit Schulungen in Gesundheitsämtern und Kliniken. "Die Leute müssen wissen, dass sie mit einem billigen Alibi-Set nicht für den Ernstfall vorbereitet sind." So dürften einfache Schutzausrüstungen für etwa 100 Euro nur einmal getragen werden. Anders als Vollschutzanzüge, deren Stückpreis allerdings 1200 Euro beträgt. Die meisten Anbieter können sie erst wieder im Februar liefern.

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