Schule:Mehr Demokratie wagen

Lehrerverbandschefin wirft Söder Spaltung der Gesellschaft vor

Mehr Demokratie und mehr politische Bildung will die Staatsregierung in bayerischen Schulen bringen. Damit das gelingt, muss sich aus Sicht des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) zuerst das System verändern. Zwar appellierten BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann und Fritz Schäffer, Abteilungsleiter Bildungspolitik, am Montag in München auch an ihre Kollegen, sich zu öffnen. Aber das Problem sieht der BLLV im hierarchischen Schulsystem. "Lehrer haben schon im Studium gelernt, dem zu folgen, was von oben kommt", sagte Fleischmann. Die Regierung fände Demokratie in Schulen "rhetorisch" gut, aber die Kluft zur Realität sei enorm, ergänzte Schäffer.

Neben mehr politischer Bildung in Lehramtsstudium und Schule mache besonders gelebte Demokratie Schüler zu mündigen Bürgern. Dafür bräuchten Schulen mehr Eigenverantwortung und Schüler sowie Eltern müssten mitentscheiden. Bisher haben meist Schulleiter oder das Ministerium das letzte Wort. Lehrer sollten sich vom Lehrplan emanzipieren und so Zeit gewinnen für Klassensprecherwahlen, die Diskussion aktueller politischer Ereignisse, Klassenräte oder Arbeitskreise zur Schulentwicklung. Auch die Lehrer profitierten von Basisdemokratie und von wechselseitigem Feedback, sagte Joshua Grasmüller, Bezirksschülersprecher Oberbayern-West. Dieser Wunsch ist für viele Lehrer noch ein Tabu. "Aber Lehrer und Schüler müssen lernen, mit Feedback umzugehen", sagte Grasmüller. Mehr Wertschätzung für das Engagement der Schüler wünscht er sich von Pädagogen - und von der CSU: Nahezu alle Anträge des Landesschülerrats wurden im Bildungsausschuss abgelehnt. "Wir überlegen schon, was sich überhaupt lohnt", sagte Grasmüller.

Für BLLV-Präsidentin Fleischmann torpediert Ministerpräsident Markus Söder die Erziehung der Schüler zu Demokraten sogar, indem er Gruppen gegeneinander ausspielt. "Wenn das Beste für Bayern eine Differenzierung zwischen denen und uns ist, führt das zur Spaltung der Gesellschaft und diese Spaltung werden wir in den Schulen wiederfinden", sagte sie. Söder hatte in seiner Regierungserklärung 2000 Lehrerstellen und digitale Klassenzimmer versprochen und erklärt, dass die einheimische Bevölkerung nicht vergessen werden dürfe. Dagegen soll der Modellversuch Islamischer Unterricht nicht verlängert werden, obwohl das Konzept als Erfolgsrezept zur Integration muslimischer Familien gilt. Söder präsentierte Deutschklassen mit Wertekunde für Flüchtlinge.

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