Schule in Bayern:SPD macht sich stark fürs G9

Groebenzell: Schueler des Gymnasiums beim Mathe-Abitur in der Schulturn-Halle

Eines steht fest: Abiturprüfungen, wie hier am Gymnasium Gröbenzell, wird es auch weiterhin geben. Fragt sich nur, nach wie vielen Jahren Schulzeit.

(Foto: Johannes Simon)

Am kommenden Donnerstag startet das Volksbegehren der Freien Wähler zur Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Die SPD will vorher noch einen eigenen Gesetzentwurf einbringen - und der sieht neun Jahre Schulzeit an allen Gymnasien in Bayern vor.

Von Tina Baier und Frank Müller

Zwei Tage vor dem Start des Volksbegehrens zur Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 am kommenden Donnerstag wird die SPD einen eigenen Gesetzentwurf zur Reform des Gymnasiums einbringen. Der Entwurf sieht eine flächendeckende Wiedereinführung des G9 an allen Gymnasien im Freistaat vor. "Das Gymnasium umfasst die Jahrgangsstufen 5 bis 13", soll es nach den Vorstellungen der SPD künftig in Artikel 9 Absatz 2 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen heißen. Ein schlichter Satz, der weitreichende Folgen hätte, sollte er in die Praxis umgesetzt werden.

"Ich habe den Glauben daran verloren, dass Bayern bereit ist, das Gymnasium inhaltlich so aufzustellen, dass man das vernünftig in acht Jahren machen kann", sagt SPD-Bildungssprecher Martin Güll. "Deshalb wollen wir das Gymnasium wieder auf eine neunjährige Basis stellen." Das G8 habe unter anderem zu einer hohen Belastung ausgerechnet in der Mittelstufe geführt, wenn die Schüler in der Pubertät sind. "Jeder Lernforscher würde dazu sagen: ,Ihr seid wohl nicht ganz dicht'", sagte Güll.

Im neuen G9, wie es sich die SPD vorstellt, sollten deshalb auch die Schüler der Mittelstufe nicht mehr als 30 Stunden pro Woche Unterricht haben. "Jungen sind die Verlierer im G8. Sie bleiben häufiger sitzen und wechseln häufiger an Realschulen und Mittelschulen", heißt es zudem unter Punkt A des Gesetzensentwurfs, der die Probleme des achtjährigen Gymnasiums auflistet.

"Für Schüler, die schneller können, muss man intelligente Lösungen finden"

Der SPD-Vorschlag, bayernweit zum G9 zurückzukehren, deckt sich im Wesentlichen mit den Vorstellungen des bayerischen Philologenverbandes, der ebenfalls zurück zu einer neunjährigen Gymnasialzeit will. Beide wollen begabten Schülern aber auch weiterhin die Möglichkeit geben, das Abitur wie bisher schon nach acht Jahren abzulegen. "Für Schüler, die schneller können, muss man intelligente Lösungen finden", sagte Güll.

Wie die Philologen befürwortet auch die SPD, dass begabte Schüler eine Klasse überspringen und dabei von der Schule stärker als bisher unterstützt werden, etwa durch Zusatzangebote am Nachmittag. Ihre ursprüngliche Idee einer "flexiblen Oberstufe", wonach die Schüler entscheiden dürfen, ob sie den Stoff der Oberstufe in zwei oder in drei Jahren lernen wollen, findet die SPD inzwischen nur noch theoretisch gut: "Das ist zurzeit nicht mit den Vorgaben der Kultusministerkonferenz zu vereinbaren", sagt Güll.

Anders als der SPD-Vorschlag sieht der Gesetzentwurf, den die Freien Wähler für ihr Volksbegehren eingebracht haben, vor, dass jede Schule selbst entscheiden kann, ob sie beim G8 bleiben, zum G9 zurückkehren oder beide Varianten parallel anbieten möchte.

Im September Klarheit über CSU-Position

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte bislang Sympathien für eine weitgehende Reform des Gymnasiums erkennen lassen - am Donnerstag dagegen bewegte er sich leicht auf die vielen Anhänger des bisherigen G8 in der eigenen Partei zu. Am Rande des Landtagsplenums stellte der CSU-Chef demonstrativ die wichtige Rolle der individuellen Förderung für die einzelnen Schüler heraus.

Dieser Punkt wird auch in der Landtagsfraktion für die wichtigste Errungenschaft des G8 gehalten. "Das Ziel ist die auf den einzelnen Schüler und auf die einzelne Schülerin abgestellte individuelle Förderung", sagte er. "Damit ist Bayern seit Jahren erfolgreich, darum geht's, es geht uns weniger um Organisationsfragen." Seehofer kündigte an, bis September werde es Klarheit über die CSU-Position geben, danach werde mit den anderen Parteien geredet. Vorentscheidungen gebe es noch nicht. "Das wäre kein ergebnisoffener Dialogprozess." Die Debatte werde unabhängig vom Volksbegehren vorangetrieben. "Wir stellen jetzt unsere Überlegungen nicht ein nach einem gescheiterten Volksbegehren."

Auch der Landtag debattierte am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde nochmals über die Gymnasialreform. Volksbegehrens-Organisator Michael Piazolo (Freie Wähler) rief die Bayern zur Unterschrift auf: "Wer unterschreibt, tut etwas für die Schüler und Eltern in Bayern." Allerdings wurde auch erneut klar, dass alle anderen Fraktionen das Konzept der Freien Wähler ablehnen.

SPD-Bildungssprecher Güll rief zu einer Lösung im Konsens auf: "Springen wir über unseren Schatten und lösen wir das Problem gemeinsam." Der Gesetzentwurf der SPD für eine Rückkehr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit enthalte bewusst keine Details, sagte Güll der SZ. "Ich bin sehr dafür, die Inhalte mit allen gemeinsam zu entwickeln." Wichtige Ansatzpunkte für eine inhaltliche Debatte seien der Lehrplan, der nicht entrümpelt, aber modernisiert werden müsse, die Unterrichtsmethoden und die Verteilung der Stunden auf die einzelnen Fächer, die derzeit viel zu starr sei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: