Schließung von Freibädern:Das Schweigen der Arschbombe

Schließung von Freibädern: Platsch! Mitte des Monats startet die Saison. Außer in den Kommunen, in denen das Freibad dicht bleibt im Sommer.

Platsch! Mitte des Monats startet die Saison. Außer in den Kommunen, in denen das Freibad dicht bleibt im Sommer.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wenn ein Freibad schließt, fehlt etwas im Ort: Geschmäcker, Gerüche, Geräusche. Ständig wächst die Liste der bedrohten Bäder in Bayern, denn vielen Kommunen fehlt das Geld.

Kolumne von Johann Osel

Der Maibeginn bringt wieder einen ganz eigenen Geschmack und Geruch mit sich, auch saisonale Geräusche. Schmecken lassen sich zum Beispiel salzige Pommes, Bumbum-Eis mit Kaugummistiel und Gummibärenschnüre mit Cola-Aroma. Riechen kann man Chlor und Sonnenmilch, hören das Platschen der Arschbomben, Kindergejohle und das Wimmern ausgewachsener Männer, wenn sie beim Fußball auf eine Biene treten. Oder Brummdurchsagen: "Nicht vom Beckenrand springen! Letzte Warnung!" Klar, worum es geht: Der Mai ist gekommen, die Bäder machen auf - spätestens Mitte des Monats startet die Saison. Außer in den Kommunen, in denen das Freibad dicht bleibt im Sommer.

Das "Schwimmbadsterben" halte unvermindert an, meldete unlängst die SPD im Landtag. Ihr Fraktionschef und inoffizieller schwimmbadpolitischer Sprecher, Markus Rinderspacher, stellt regelmäßig eine Anfrage ans Innenministerium, wie es um die gut 900 öffentlichen Bäder bestellt ist. Erneut habe sich die Lage zugespitzt, seit der Anfrage 2016 wurden weitere 18 Einrichtungen geschlossen, Hallen- wie Freibäder.

Kommunen seien oft nicht in der Lage, ihre alten Bäder zu renovieren oder die Betriebskosten zu zahlen. Der Freistaat müsse investieren, forderte die SPD. Kein Chlor in der Nase, Kindergeschrei im Ohr und Freibad-Bumbum im Magen hat man laut der Liste jetzt etwa in Reißing nahe Straubing, in Gottsdorf im Landkreis Passau und in Gleißenberg bei Cham. Jedes zweite Bad habe Sanierungsbedarf - 55 Bäder seien zudem schon derart baufällig, dass die Schließung drohe.

Das ist ärgerlich für viele Bürger. Und die Thematik lädt ein zur Dramatik, da es ums Schwimmenlernen geht beziehungsweise ums Ertrinken. Wobei jeder Niedergang Dynamik auslösen kann: Im unterfränkischen Triefenstein etwa hat die Bevölkerung selber angepackt, via Förderverein für "ihr" Bad.

Einige Bürgermeister, deren Bädern eine Schließung droht, betonen, dass zwar sicher einiges zu sanieren sei; sie wollen sich aber mit Verve gegen eine Schließung stemmen. Und an manchem laut Liste geschlossenen Standort soll ein völlig neues Bad entstehen, so in Greifenberg bei Landsberg. Da liegt aber auch der Ammersee quasi vor der Haustür, mit all den vertrauten Badegeräuschen.

Inklusive Arschbombe.

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