Rotes Kreuz:BRK-Rettungsteams geraten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit

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  • Die Zahl der Einsätze hat sich erhöht und die Rettungsteams des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) klagen über die Arbeitsdichte.
  • Es sind jedoch nicht allein strukturelle Gründe, die für eine steigende Belastung sorgen, sondern auch ein verändertes Patientenverhalten.

Von Dietrich Mittler, München

Die Rettungsteams des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) geraten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Klagen über die Arbeitsdichte nehmen zu. "Die Stunden explodieren", ließ ein erfahrener Rettungsdienstler vor einigen Monaten erst seine Kollegen per Rundmail wissen.

Die Zahl der Einsätze und der im Einsatz gefahrenen Kilometer hat sich erhöht. 2015 um bis zu sieben Prozent, wie BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk am Dienstag in Kempten sagte. Für ihn liegt das Problem auf der Hand: "Längere Transportwege aufgrund des Kliniksterbens können nicht zu Lasten der Hilfsorganisationen gehen."

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Immer häufiger führten Engpässe in den Notaufnahmen der Kliniken dazu, dass Patienten abgewiesen werden und sich die Rettungskräfte "auf die Suche nach geeigneten Notaufnahme-Plätzen" machen müssten.

Besonders an den Wochenenden müsse in den Kliniken "eine ausreichende Personalvorhaltung gewährleistet sein", fordert das BRK. Hier müssten auch die Krankenkassen mehr Geld zur Verfügung stellen. "Es kann nicht sein, dass unsere Leute das alles ausbaden müssen", sagte Stärk - so etwa auch, dass manche Häuser ihre Notaufnahmen nachts ganz schließen oder nur noch mit reduziertem Personal offenhalten.

"In keinem Krankenhaus werden Notfallpatienten zurückgewiesen"

Siegfried Hasenbein, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhaus-Gesellschaft (BKG), stimmt Stärk sogar teilweise zu. Es stimme, dass insbesondere kleinere Krankenhäuser auf dem Land mittlerweile das Leistungsspektrum ihrer Notfallaufnahmen einschränkten.

"Um eine höhere Behandlungsqualität zu ermöglichen", sagt Hasenbein, "spezialisieren manche Häuser ihre Ambulanzen auf Notfälle der inneren Medizin, andere wiederum auf chirurgische Notfälle." Natürlich aber geschehe das auch, um unrentable Ausgaben - bedingt durch die Vorhaltung von Personal - zu vermeiden.

Der Trend gehe dahin, dass Kliniken regionale Kooperationen bilden, in der nur noch die größeren Häuser Notfallaufnahmen für alle medizinischen Bereiche anbieten. "Das kann natürlich Rettungswege verlängern", sagt Hasenbein. Aber auf eines müsse er bestehen: "In keinem Krankenhaus werden Notfallpatienten zurückgewiesen." Stärk betont indes: "Die Realität ist aus unserer Sicht eine andere." Dabei sei es reine Definitionssache, "was nun als Notfall gilt".

"Leute rufen heute den Rettungsdienst für jedes Wehwehchen"

Es sind jedoch nicht allein strukturelle Gründe, die für eine steigende Belastung der Rettungsdienste sorgen. Auch das Patientenverhalten hat sich laut Stärk grundlegend geändert: "Die Leute rufen heute den Rettungsdienst für jedes Wehwehchen und jede Befindlichkeitsstörung, für die früher noch der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst zuständig war." Das sei einfach nicht mehr verkraftbar.

Hinzu kommt noch ein Problem: Bayerns größter Rettungsdienst, Marktanteil 80 Prozent, befürchtet, dass er in wenigen Jahren schon bei Notfall-Einsätzen nicht mehr so intensiv wie bislang auf ehrenamtliche Helfer zurückgreifen kann. Grund dafür sind gestiegene gesetzliche Anforderungen. So dürfen nur hauptamtliche Rettungskräfte die höherqualifizierte Ausbildung zum Notfallsanitäter machen, die jene zum Rettungsassistenten ablöst.

"Derzeit profitieren wir noch von unseren Ehrenamtlichen, die als Rettungsassistenten bei den Einsätzen Verantwortung tragen können. Von 2024 an dürfen sie aber nicht mehr als ,Erster Mann' eingesetzt werden", sagte Stärk.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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