Rettungsaktion in Mühldorf:Wenn eine Kuh hinter der Tanne hervorspitzt

Die Kuh Yvonne ist eine ganz Schlaue: Seit Ende Mai lebt sie wild im Wald und lässt sich einfach nicht fangen. Ihre Stallgenossin Waltraud und Kälbchen Waldi sollen beim Einfangen helfen - und 50 Freiwillige.

Ulrike Heidenreich

Ein Waldstück nahe Zangberg im Landkreis Mühldorf dürfte zu den am meisten fotografierten, gefilmten und durchkämmten Dickichten der Republik gehören - und trotzdem schafft es die scheue, schlaue Kuh Yvonne, dort ein Einsiedlerleben zu führen und ihren Häschern zu entkommen. Das Schicksal des Tieres, das Ende Mai einem Bauern entwischte und seitdem wild im Wald lebt, bewegt Medien, Internetforen und Experten bundesweit.

Suche nach Ausreißer-Kuh Yvonne

Seit Ende Mai lebt die Kuh Waltraud wild im Wald - und lässt sich auch nicht durch ihre Stallgenossin Waltraud anlocken.

(Foto: dpa)

So äußerte sich nun gar ein Experte der Tierärztlichen Hochschule Hannover zu den Überlebenschancen dieser Kuh im Wald: Sehr gut seien die, weil es dort genug zu fressen gebe, nämlich Beeren und Blätter. Selten gab es mit Sympathieträger Yvonne, die aus treuherzigen Kuhaugen schaut, ein schöneres Thema für das Sommerloch. Was sind schon ausgesetzte fiese Kaimane oder Killerwelse gegen dieses Drama, in dem alle Tiere auch noch einen Namen haben?

Da ist zum anderen die Kuh Waltraud, eine Schwester von Yvonne. Die Tierschützer um Michael Aufhauser vom Gut Aiderbichl haben sie nun auch gekauft und in einem Gehege im Waldstück ausgesetzt, um die Fluchtkuh anzulocken. "Das Experiment ist gelungen. Yvonne kam schon ganz nah", frohlockt Hans Wintersteller vom Gut Aiderbichl, der seit elf Tagen in diesem Flecken Oberbayerns auf der Lauer liegt. Und dann ist da auch noch Kälbchen Waldi, nicht leiblich verwandt.

Die Tierschützer haben es gekauft, um an die Mutterinstinkte von Kuh Yvonne zu appellieren. Wenn es laut muht, spitzt die Kuh schon mal hinter der Tanne hervor - allerdings nicht nah genug für die Schützen mit Betäubungsgewehr. Dass der adoptierte Waldi nun von Waltraud gesäugt wird und auch schon ein Dackel namens Mirko auf Fährtensuche im Wald ging, sind weitere rührende Randaspekte.

Mit 50 Freiwilligen hatte Wintersteller in der Nacht zum Sonntag die etwa 25 Hektar großen Waldstücke durchsucht, Schlafstellen und ausgetretene Wege der Kuh gefunden, aber keine Yvonne. "Nun geben wir mal ein wenig Ruhe und ziehen uns zurück. Sie ist die gescheiteste Kuh, die ich je kennengelernt habe", sagt Wintersteller. Nur noch zwei Leute beobachten in diesen Tagen das Areal der "Kuh, die ein Reh sein will".

Außerdem haben die Tierschützer einen Veterinär-Behandlungsstand aufgebaut. Das ist eine Eisenkonstruktion mit integrierter Futterfalle. Sobald die Kuh ihren Kopf in die Raufe mit Heu und Hafer senkt, schließt sich sanft ein Bügel um sie. Hintersteller ist optimistisch: "Das wird schon bald sein. Wir fahren dann Yvonne gemütlich zur Deggendorfer Dependance von Gut Aiderbichl. Dort bleibt sie glücklich bis an ihr Lebensende."

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