Reisbach:"Ich hab dich gern gehabt"

Erwin Huber, 2013

Erwin Huber, 70, früherer CSU-Chef, Philosophiestudent in spe und künftiger Klavierspieler.

(Foto: Robert Haas)

Zu Erwin Hubers 70. Geburtstag gibt es eine ganz seltene Liebeserklärung - und einen Seitenhieb

Von Annette Ramelsberger und Wolfgang Wittl, Reisbach

Erwin Huber hat 70. Geburtstag - und alle sind sie da. Ein ganzes Festzelt in seiner niederbayerischen Heimat Reisbach ist gefüllt mit Weggefährten, ehemaligen Ministern, mit Fraktionschefs, aktuellen und ehemaligen, mit der CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und mit dem EVP-Vorsitzenden im Europaparlament Manfred Weber. Und auch Hubers alter Schicksalsgenosse Günther Beckstein ist da. Nur Edmund Stoiber fehlt, für den Huber jahrelang die Staatskanzlei geführt hat, dessen Finanz- und Wirtschaftsminister er gewesen ist. Stoiber hat nur eine SMS geschickt.

Aber eine freundliche. Doch Theo Waigel ist gekommen, über Jahrzehnte parteiinterner Gegner von Stoiber. Er hat vielleicht vergeben, aber nichts vergessen. Und dann, mitten in der Laudatio für Huber, kommt sie, die Spitze gegen Stoiber, gegen den Mann, der sowohl Waigel als auch Huber das Leben ganz schön schwer gemacht hat: "Für mich hast du sechs Jahre gearbeitet, für Edmund Stoiber hast du über zwölf Jahre gearbeitet, doppelt so lange. Ich bin dir unendlich dankbar. Um wie viel mehr ist dir dann noch Edmund Stoiber dankbar?", fragt Waigel listig.

Kurzes Schlucken im Saal, dann wissendes Lachen. Und Jubilar Huber grinst bei Waigels Anspielung übers ganze Gesicht. Stoiber und Huber sind über Kreuz, seit Stoiber 2007 in Kreuth als Ministerpräsident und CSU-Chef gestürzt wurde und dann aus gekränktem Stolz keinen Finger rührte, um seine Nachfolger zu unterstützen. Die CSU verlor daraufhin zum ersten Mal die absolute Mehrheit in Bayern. Es war der tiefste Einschnitt im Leben des Erwin Huber. Er musste als CSU-Chef und als Minister zurücktreten. Doch seit damals sind acht Jahre vergangen, Huber ist aus dem Tal der Tränen herausgekrabbelt. Er hat einfach weitergemacht, als normaler Abgeordneter. Er hat sich neue Aufgaben gesucht. Eine davon heißt: die alten konservativen CSU-Werte hochhalten. Die zweite: Ministerpräsident Horst Seehofer kritisieren. Damit ist er ziemlich ausgelastet.

Seehofer wie Stoiber sind nicht da beim Geburtstag, also ist es für Huber ein schönes Fest. Schöner noch als der 60. Geburtstag, als er noch wichtig war und natürlich alle CSU-Granden kamen. Und viel schöner als der 65., als die Schmach der verlorenen absoluten Mehrheit auf ihn drückte. Damals blieben bei seinem Geburtstag viele Tische leer. Diesmal ist das Zelt voll. Alle zollen Huber Respekt; als "Haudegen", was er als Kompliment versteht. Als einem Allrounder, als Finanzexperten, als einem leidenschaftlichen Zoon politikon. Als einem, der niemals ruht. Auch jetzt noch nicht, mit 70. Und selbst wenn Huber 2018 im Landtag aufhört, will er weitermachen: Dann will er Philosophie studieren, allein schon, um seinen Kindern zu beweisen, dass er das durchhält. Und Klavierspielen lernen will er auch. Und: Er arbeitet jetzt auch einer "High Level Group" der EU mit. So wie Stoiber einst. Huber grinst.

Am Ende essen alle Ochsenbraten, prosten sich zu, und die Blasmusik spielt. Und Theo Waigel sagt seinem alten Weggefährten, der habe immer schon "ein freches Maul" gehabt, aber er sei einfach ein leidenschaftlicher, tatkräftiger, beschlagener Politiker. Dann bekennt Waigel etwas, was unter Politikern selten ist: "Ich hab dich gern gehabt. Ich dank dir für die Zeit." Er meint es ganz ernst. Ganz ohne Ironie.

Für Huber ist die Rede Waigels ein "großartiges Geschenk". Er dankt und verspricht, sich nicht zu ändern. Nicht auf seine alten Tage. Nie werde er für eine "Wischi-Waschi-Politik" zu haben sein, immer werde er geradestehen. Vor allem für seine "niederbayerische Heimat Niederbayern". Das ist sein stehender Spruch. Und Huber endet, wie man ihn kennt: "Ich bin vielen auf die Zehen getreten, bei manchen tut's mir leid, bei anderen nicht." Wer ihn kennt, weiß, an wen er dabei denkt.

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