Regierung zu Schaeffler:Reizklima statt Urlaubsstimmung

Streit im Kabinett wegen Schaeffler: Die FDP will sich dem Machtwort von Seehofer nicht unterwerfen.

K. Stroh und M. Szymanski

Die Frage nach möglichen Staatshilfen für den angeschlagenen Autozulieferer Schaeffler hat schwere Verwerfungen in der schwarz-gelben Regierungskoalition ausgelöst. Auch nach langen Beratungen im Kabinett konnten FDP und CSU offenbar nicht zu einer einheitlichen Linie finden.

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(Foto: Foto: dpa)

Man werde hier "weiter geschlossen bayerische Belange vertreten" - das war alles, was sich am Dienstag im wöchentlichen Kabinettsbulletin zum Thema fand.

"Wir haben festgelegt, keine weiteren öffentlichen Einlassungen mehr zu machen", erklärten Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Auf einen gemeinsamen Auftritt nach der letzten Kabinettssitzung vor der Sommerpause verzichteten beide.

Am Montag hatte Seehofer vom Koalitionspartner die Zusage eingefordert, sich möglichen Staatshilfen für den fränkischen Autozulieferer Schaeffler nicht zu verweigern. Jedes Kabinettsmitglied habe sich so zu verhalten, dass bayerische Interessen nicht gefährdet würden.

Dies war bei der FDP als Machtprobe gedeutet worden, als Versuch, die FDP auf Linie zu bringen. Denn Zeil hatte zuvor Schaeffler wie auch dem Autozulieferer Conti, die sich seit Monaten in einem Machtkampf befinden, vorgeworfen, mit ihrer öffentlich ausgetragenen Kraftprobe den Firmen und den Beschäftigten zu schaden.

Wer so arbeite, "muss ganz leise sein, was staatliche Hilfen betrifft". Dies wertete die CSU als Distanzierung von Schaeffler und damit als Schwächung Bayerns, da man fürchtet, der Sitz eines gemeinsamen Schaeffler-Conti-Konzerns könnte nach Hannover wandern.

Mit Spannung war daher das Ergebnis der Kabinettsberatungen erwartet worden. Nach SZ-Informationen war die FDP, die Staatshilfen kritisch sieht und bei Schaeffler die Voraussetzungen nicht erfüllt sieht, entschlossen, sich nicht einem Machtwort Seehofers zu fügen.

Den öffentlichen Hinweis auf "bayerische Interessen" wertete die CSU hernach aber als ihren Sieg. Über die Debatte vereinbarte das Kabinett striktes Stillschweigen.

Von Teilnehmern hieß es, die Auseinandersetzung sei inhaltlich scharf gewesen. Zwar vermied Zeil danach kritische Worte über Schaeffler, ein Bekenntnis zu Staatshilfen legte er aber nicht ab. "Wir haben gemeinsam festgestellt, dass es im Moment nicht um Staatshilfen geht." Schaeffler habe keine entsprechenden Anträge vorgelegt. Weiter betonte Zeil: "Wir behandeln jede Firma gleich."

Zudem räumte er erhebliche Spannungen in der Koalition ein. "Heute war deutlich das Bemühen zu spüren, die Regierungsarbeit nicht vom Bundestagswahlkampf beeinträchtigen zu lassen."

Zuletzt hatten sich immer mehr Streitpunkte in der Koalition ergeben, der Ton war rauer geworden und von Schuldzuweisungen geprägt. Zeil führte dies auf "große Nervosität" der CSU vor der Bundestagswahl zurück.

Die Christsozialen wiederum warfen der FDP vor, die in einer Koalition nötigen Umgangsformen vermissen zu lassen. Hinter dem Streit über Schaeffler steckt jedoch auch strategisches Kalkül: Führende CSUler berichten, bei einem Treffen der Parteispitze am Sonntag sei besprochen worden, dass man sich stärker von der FDP abgrenzen müsse. "Wir wollen jetzt Kante zeigen", heißt es. Der Streit über Schaeffler-Hilfen nutze der CSU. Zugleich wird in der Partei eingeräumt, dass dies eine "Phantomdebatte" sei, da der Konzern bislang nicht um Hilfen gebeten habe.

Zeil sieht in der Koalition weiteren Klärungsbedarf. Da die CSU-Seite sich bislang geweigert hat, den Koalitionsausschuss einzuberufen, wie von der FDP verlangt, stellte FDP-Fraktionschef Thomas Hacker ein Ultimatum: Innerhalb von zehn Tagen müsse man zusammenkommen, um Streitpunkte auszuräumen. Später sagte Zeil: "Ich gehe davon aus, dass wir uns in der Sommerpause treffen."

Bei den Liberalen hat sich viel Ärger angestaut: Sie wollen sich nicht vorschreiben lassen, was sie zu tun haben. "Wir machen keine Politik, in der man allen alles verspricht", sagte FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit Blick auf Schaeffler. Auch Franz Xaver Kirschner, wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtags-FDP, ist empört über Seehofers Versuch, ein Machtwort zu sprechen: "Ich halte mich nicht daran. "

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