Regensburger Korruptionsskandal:Wolbergs bekommt Rückendeckung: "Wenn er will, kann er wieder antreten"

Joachim Wolbergs

Hinter verschlossenen Türen trat der suspendierte Regensburger OB Joachim Wolbergs in Regenstauf auf.

(Foto: Armin Weigel)
  • Gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) wird wegen Verdachts der Korruption ermittelt.
  • Vor gut zwei Wochen wurde er aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen.
  • Viele Parteikollegen stehen nach wie vor hinter ihm. Wolbergs sieht sich als Justizopfer.

Von Andreas Glas, Regensburg

Und plötzlich ist er wieder da. Es ist Montagabend, es ist Vorstandssitzung der Regensburger Landkreis-SPD und mittendrin sitzt der Mann, der vor gut zwei Wochen aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen wurde: Joachim Wolbergs (SPD), der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister. Der Auftritt findet hinter verschlossenen Türen statt, in der Jahnhalle in Regenstauf, etwa 20 Mitglieder des SPD-Landkreisvorstands sind gekommen. Und wer am Tag danach mit denen spricht, die dabei waren, der hört die Geschichte eines Mannes, der nicht aufgegeben will, um sein politisches Überleben zu kämpfen.

Ein bisschen dünner sei er geworden, "aber er ist sich keiner Schuld bewusst", sagt einer, der am Montagabend mit Wolbergs am Tisch saß. Eine Stunde lang habe der OB über seine Zeit in der U-Haft geredet, sehr emotional sei das gewesen, bei manchen seien Tränen geflossen. Danach, sagt der SPD-Kreisvorsitzende Rainer Hummel, sei Wolbergs "auf die Vorwürfe eingegangen und hat seine Sicht der Dinge dargestellt". Die Vorwürfe sind bekannt: Bauunternehmer Volker Tretzel soll Wolbergs mit verschleierten Parteispenden geschmiert haben, im Gegenzug hat ihm der OB mutmaßlich ein lukratives Baugrundstück zugeschanzt.

"Sehr glaubwürdig" habe Wolbergs am Montagabend geklungen, sagt SPD-Kreischef Hummel, "ich hege keinerlei Zweifel daran, dass es ihm gelingen wird, seine Unschuld zu beweisen". Eine Aussage, die überrascht, schließlich haben SPD-Stadträte und SPD-Stadtverband längst mit Wolbergs gebrochen und sich gegen eine politische Rückkehr des 46-Jährigen ausgesprochen, zumindest gegen eine Rückkehr ins Oberbürgermeisteramt. Doch wer mit den Vorstandsmitgliedern der Landkreis-SPD spricht, bekommt tatsächlich den Eindruck, dass die Mehrheit immer noch hinter Joachim Wolbergs steht.

Die Mehrheit, aber nicht alle. "Er hat sich mittlerweile seine eigene Welt aufgebaut und diese Welt kriegt man nicht zum Einsturz", sagt ein anderer Teilnehmer des Wolbergs-Auftritts in Regenstauf. Zwar habe alles "vernünftig und in sich geschlossen geklungen", was Wolbergs seinen Parteifreunden erzählt habe, aber der OB sei halt auch "ein brillanter Rhetoriker", der wisse, wie man Menschen für sich gewinne. "Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen Seite die Bösen", dieses Bild habe Wolbergs am Montagabend gezeichnet. Und dabei sei deutlich geworden, wen er für die Bösen hält: die Medien, aber vor allem die Staatsanwaltschaft.

Sowohl Wolbergs als auch Tretzel sehen sich offenbar als Justizopfer

In den Ermittlungen der Justiz sieht der OB offenbar einen politisch motivierten Feldzug, "diese Andeutung stand schon im Raum", sagt ein SPD-Mitglied über Wolbergs' Aussagen am Montagabend. Diesen Verdacht haben inzwischen auch die Verteidiger des ebenfalls unter Korruptionsverdachts stehenden Bauunternehmers Volker Tretzel formuliert. In einer Presseerklärung teilten Tretzels Anwälte mit, dass "die von der Staatsanwaltschaft und einigen Medien gegen unseren Mandanten erhobenen Vorwürfe" unzutreffend seien - und spekulierten über "mögliche politische Implikationen" bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Sowohl Wolbergs als auch Tretzel sehen sich offenbar als Justizopfer. In diese Richtung könnte auch deren Verteidigungsstrategie zielen, falls es zu einem Prozess kommt.

Ist die Affäre Wolbergs eine Verschwörung von ganz oben, ein parteipolitisches Komplott des CSU-geführten Justizministeriums, das der Staatsanwaltschaft übergeordnet ist? Fest steht: Ein Staatsanwalt ist ein Beamter und, anders als ein Richter, ist er weisungsgebunden. Fest steht aber auch: Sowohl ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts als auch die Beschwerdekammer des Landgerichts haben die Ermittlungen geprüft und den dringenden Tatverdacht gegen Wolbergs, Tretzel und einen früheren Tretzel-Mitarbeiter bestätigt. "Wir haben selbstverständlich keine politische Motivation", heißt es aus der Regensburger Staatsanwaltschaft. Dagegen spreche schon die Tatsache, dass ein SPD-Mitglied die Ermittlungen ins Rollen brachte: der Landesschatzmeister der Partei.

"Wenn er will, kann er wieder antreten", sagt SPD-Kreischef Hummel über Wolbergs und die für Mai geplante Wahl des SPD-Unterbezirksvorstands, dessen Vorsitzender der OB ist. Dagegen ist Regensburgs SPD-Chefin Margit Wild "sehr überrascht", dass sich Wolbergs politisch schon wieder in Stellung zu bringen scheint. "Er sollte jetzt das Verfahren abwarten", sagt Wild, "ich hätte mir da mehr Zurückhaltung erwartet".

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