Regensburg:Wolbergs-Anwalt kritisiert Justiz

Joachim Wolbergs

Er sieht sich als Justizopfer und beteuert seine Unschuld: Dem suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs werden Bestechlichkeit, illegale Absprachen, Vorteilsannahme vorgeworfen.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs ist in dieser Woche Anklage erhoben worden.
  • Sein Anwalt kontert dies, indem er seinerseits schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft erhebt: Wolbergs sieht sich offenbar als Justizopfer.
  • Der Oberstaatsanwalt weist die Vorwürfe des Anwalts hingegen zurück.

Von Andreas Glas, Regensburg

Drei Stunden danach wollte Joachim Wolbergs (SPD) "auch ein paar Worte zu der Anklageerhebung veröffentlichen". So beginnt der Facebook-Eintrag, den der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister am Donnerstagnachmittag ins Netz stellte. Wer nun erwartet hatte, dass Wolbergs sein öffentliches Schweigen bricht, wurde allerdings enttäuscht. Bereits im zweiten Satz seines Facebook-Eintrags stellte Wolbergs klar, dass es sich bei "den folgenden Sätzen (...) um die Presseerklärung meiner Verteidigung" handle. Doch auch die Worte seines Verteidigers haben es in sich. Der Münchner Anwalt Peter Witting kontert die Anklage der Staatsanwaltschaft indem er seinerseits schwere Vorwürfe gegen die Justiz erhebt.

Es sei "festzustellen, dass in diesem Fall rechtsstaatliche Mindeststandards ersichtlich nicht eingehalten sind, dass von einem fairen Verfahren längst nicht mehr die Rede sein kann", schreibt Witting. Dass Wolbergs sich als Justizopfer sieht, hatte sein Anwalt früher schon angedeutet. So konkret wie an diesem Donnerstag wurde er bislang aber nie.

Unter anderem kritisiert Witting, dass ihm die Regensburger Staatsanwaltschaft trotz entsprechender Ankündigung keine Akteneinsicht mehr gewährt habe, bevor sie nun Anklage gegen Wolbergs erhoben hat. Die Tatvorwürfe: Bestechlichkeit, illegale Absprachen, Vorteilsannahme, Verstöße gegen das Parteiengesetz. Der OB müsse die Chance haben, "auf die gegen ihn laufenden Ermittlungen so bald als möglich sachgerecht reagieren zu können", schreibt Witting. Er ist der Meinung, dass Wolbergs diese Chance nicht hatte. Ohne umfassende Akteneinsicht ist es nach Wittings Auffassung nicht möglich gewesen, auf alle Vorwürfe zu reagieren und "bereits die Anklageerhebung zu verhindern".

Stimmt nicht, sagt Oberstaatsanwalt Theo Ziegler. Die Verteidigung des OB habe "laufend Einsicht in alle Beweismittel und relevanten Aktenbestandteile" gehabt. Außerdem sei ihm nicht bekannt, dass Wolbergs' Anwalt eine Fristverlängerung beantragt habe, um mehr Zeit für die Sichtung der Akten zu haben.

Und noch etwas ärgert Peter Witting: Dass die Staatsanwaltschaft die Mitschnitte der im Zuge der Ermittlungen abgehörten Telefonate nicht an ihn weiter gibt. Es gehe um Audiodateien mit 2286 Stunden Länge. Es stimme, dass man die Mitschnitte nicht rausgegeben habe, sagt Staatsanwalt Ziegler. Aus datenschutzrechtlichen Gründen, weil auch Telefonate abgehört wurden, in denen Unbeteiligte mit den Beschuldigten telefonieren.

Seit Januar allerdings sei es für Witting und Wolbergs jederzeit möglich gewesen, die aufgezeichneten Telefonate in den Räumen der Regensburger Kripo anzuhören. "Hiervon wurde nur ganz vereinzelt Gebrauch gemacht", sagt Ziegler - und bestätigt, dass die Wolbergs-Verteidigung am vergangenen Montag beim Landgericht durchgesetzt hat, dass die Staatsanwaltschaft die Mitschnitte nun doch auf DVD herausgeben muss. Dass Witting und Wolbergs diese DVD nicht mehr vor Erhebung der Anklage bekamen, "hat ausschließlich technische Gründe", sagt Ziegler.

Bislang kennt Anwalt Witting offenbar nur jene Telefoninhalte, welche die Staatsanwaltschaft für belastend hält und in den Ermittlungsakten schriftlich zitiert hat. Dies seien jedoch "inhaltsverzerrende" Zitate, sagt Witting. Für ihn ist deshalb klar - und so endet dann auch seine Pressemitteilung: Dass sich die Staatsanwaltschaft "als ein zu Gerechtigkeit und Objektivität verpflichtetes Rechtspflege- und Justizorgan in diesem Sinne nicht gebunden fühlt, spricht ohne weiteres für sich und versteht sich als Spiegelbild ihrer Ermittlungsarbeit in diesem Fall".

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